Unsterblich geliebt
gestattete sie sich, die Augen zu schließen und einen Moment lang zu genießen, bis John sagte: „Ich meinte nicht deine Haare, sondern deine Blüte der Ewigkeit.“
„ Wovon sprichst du?“
„ Komm mit, ich zeig‘s dir.“
John führte sie ins Schlafzimmer und dort vor den antiken goldgerahmten Spiegel der Frisierkommode. Aus einer der Schubladen zog er einen antiken Handspiegel und hielt ihn so, dass sie ihren Nacken betrachten konnte.
„ Hier, siehst du?“
Fasziniert betrachtete sie die naturgetreuen Lavendelblüten. Ein so filigranes und kunstvolles Branding hatte sie noch nie gesehen. Branding? Moment mal!
„ Hast du noch alle Tassen im Schrank! Mich wie ein Rindvieh mit einem Brandmal zu versehen! Ohne meine Zustimmung ist das Körperverletzung!“
John runzelte die Stirn, neigte seinen Kopf und musterte ihren Nacken. „Du hast Recht. Das sieht einem sehr fein gearbeitetem Branding ähnlich, – zumindest für deine Augen. Aber es ist keines.“
„ Aber du bist dafür verantwortlich, oder nicht?! Kannst du das wieder verschwinden lassen?“
„ Verschwinden lassen?“
„ Ja!“
„ Erst wenn ich sterbe, würde es allmählich verschwinden.“
„ Wie bitte?!“
„ Entschuldige, das sollte ich dir erklären. An der Blüte der Ewigkeit kann man sehen, ob und wie weit sich die Symbiose entwickelt hat. Anfangs sind es zwei kleine Blättchen, die nur Vampire sehen können. Beginnt die Symbiose, dann entwickeln sie sich zu einer Blüte oder Pflanze.“
Insgeheim bewundernd musterte sie das außergewöhnliche Kunstwerk weiter im Spiegel.
„ Und jede Blüte ist einzigartig“, fügte John hinzu.
Also auch noch ein Unikat. Um ehrlich zu sein, gefielen ihr diese Lavendelblüten sehr. Sie mochte Lavendel ohnehin, aber das würde sie ihm sicher nicht auf die Nase binden.
„ Naja, meine Haare werden das sowieso verdecken.“
„ Ich dachte, du liebst Lavendel.“
Mist! John ließ heraushören, dass sie ihm nichts vormachen konnte. Und gerade jetzt durchlief sie auch noch ein angenehmer Schauer, weil sein Daumen ihren Nacken ein weiteres Mal auf diese zarte Art berührte.
„ Bei unserer ersten Begegnung hast du nach blühendem Lavendel gerochen, mit einem Hauch von Moschus und Amber.“
„ Mein Lieblingsparfüm - Les Plus Belles Lavandes.“
Sie drehte sich um und blickte direkt in seine bernsteinfarbenen Augen.
„ Das ist schon so lange her und du kannst dich noch daran erinnern?“
Sie nahm sein Nicken kaum wahr, sondern nur seine Augen, die dabei strahlten, als würde er von der Entdeckung eines sagenhaften Schatzes berichten. Sie spürte, wie ihre Wangen rot wurden und drehte sich schnell wieder um.
Dumme Kuh, das hilft dir auch nichts! Jetzt sieht er dich im Spiegel, schimpfte sie sich im Stillen. Und seinem Blick war anzusehen, dass es ihm nicht entgangen war.
Mit seinen starken und dennoch sanften Fingern strich er eine Locke aus ihrem Gesicht. Seine Berührung fühlte sich so angenehm an, dass sie am liebsten ihre Wange in seine Handfläche gelegt hätte. Doch sie weigerte sich, einfach so dahin zu schmelzen und biss sich erneut auf die Lippe.
Zuerst musste sie genau wissen, worauf sie sich hier einließ, vor allem wenn es dabei kein Zurück mehr gab.
In dem Versuch, sich und auch John abzulenken, nahm sie eine Haarsträhne in die Hand und meinte: „Am besten lässt du mich jetzt allein, weil ich gleich vor Wut schreien werde, wenn ich den Kampf mit diesen widerspenstigen Dingern aufnehme. Und schließ‘ besser sofort alle Scheren weg, sonst veranstalte ich vielleicht einen Kahlschlag.“
Beide lachten kurz auf. Doch anstatt zu gehen, schob John einen antiken, gepolsterten Stuhl hinter sie und legte seine Hände auf ihre Schultern.
„ Setz dich.“
***
John hatte mehr als 600 Jahre Übung mit widerspenstigen Locken. Oft, wenn Elisabeth mal wieder eine ihrer Zofe schimpfend davon gejagt hatte, weil die ungeduldig an ihren Haaren herumgerissen hatte, war er ihr zur Hilfe gekommen.
Bevor er mit einem großzackigen Kamm ans Werk ging, massierte er eine Pflegesubstanz in ihre Locken und vernahm dabei zufrieden ihren kaum vernehmbaren Seufzer.
Wie erwartet und dennoch irritierend, fühlten sich Laras Haare für ihn so vertraut an. Elisabeths Haare waren nach dem Waschen ebenso störrisch gewesen. Zum Glück gab es in diesem Jahrhundert Spülungen.
Während er routiniert und schmerzfrei ihre Locken durchkämmte, glitten seine Erinnerungen in frühere Zeiten
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