Unsterbliche Gefährten - das böse Blut
dringend eine Antwort von ihm. Damit ich es auch ruhigen Gewissens verantworten kann. Vor mir verantworten kann, ihn zur ewiger Verdammnis gezwungen zu haben. Ihn in ein Geschöpf der Nacht verwandelt zu haben.
Ich beiße kräftig in mein Handgelenk, direkt über den Pulsadern. Sofort sprudelt mir Blut entgegen. Ich halte meine offene Wunde an seinen Mund, drücke seine Lippen und Zähne auseinander und zwinge ihm so mein Blut auf. Es wird sich in seinem Mund sammeln und dann in seinen Magen laufen. Dort wird es seine Arbeit verrichten – oder auch nicht, wenn ich zu lange gezögert habe, wenn ich den richtigen Zeitpunkt verpasst habe.
Es liegt nun nicht mehr in meiner Macht. Alles, was ich konnte, habe ich getan. Nun kann ich nur noch abwarten.
Ich ziehe meine Hand zurück, verschließe die Wunde und hebe Justin hoch, trage ihn wie ein kleines Kind. Er hängt schlaff in meinen Armen.
Ich trage ihn in den Wald hinein.
Unter einem Baum ins trockene Moos lege ich ihn ab. Ich laufe zurück zu der Lichtung, nehme das Richtschwert und meine Machete an mich. Ohne einen Blick auf die noch glimmenden Vampire zu werfen, gehe ich wieder zu Justin, setze mich zu ihm unter den Baum und bette seinen Kopf auf meinen Schoß.
Jetzt beginnt das Warten.
Das Warten auf die Verwandlung und welches Ende sie nehmen wird.
Ich bin erschöpft, völlig erledigt. Was steht mir heute Nacht bevor? Wie wird diese Nacht enden? Ich lehne mich an den rauen Stamm des Baumes und warte.
Es ist schon nach Mittag, als Justins Körper anfängt zu zucken. In regelmäßigen Abständen durchläuft ihn eine neue Schmerzenswelle. Ganz langsam verschließen sich die Wunden, die seinen Körper überdecken. Ab und zu stöhnt er leise auf. Gespannt beobachte ich sein Gesicht.
Immerhin scheint die Verwandlung funktioniert zu haben, ich habe ihn aus dem Reich der Toten geholt, wohin ich ihn zuerst geschickt habe. Jetzt kommt es nur noch darauf an, wie er zurückkommt. Wie wird er sein, was für ein Vampir wird er werden?
Kurz vor Sonnenuntergang, die Schatten sind schon sehr lang geworden, öffnet er plötzlich und unerwartet seine Augen. Sie sind immer noch braun.
Ich bin erstaunt, ich hatte mit gelben, raubtierartigen Augen gerechnet. Er starrt an mir vorbei in die Baumkrone hoch. Langsam gleitet sein Blick den Stamm herunter, bis er in meinem Gesicht Halt macht. Unwillkürlich muss ich schlucken, so durchdringend hat er mich noch nie angesehen. Sein Gesicht ist angespannt. Unverwandt starrt er mich an. Ich muss irgendetwas zu ihm sagen, ich muss diese Stille, diese gespannte, gefährliche Stille durchbrechen. Krampfhaft suche ich nach einem sinnvollen Satz in meinem Kopf.
„Na, wieder unter den Lebenden?“
Was anderes fällt mir auf die Schnelle nicht ein. Meine Stimme soll fröhlich klingen, aber sie klingt ängstlich. Nachdenklich ist sein Blick auf mich gerichtet, als wenn er überlegen muss, wer ich bin und ob er mich schon einmal gesehen hat.
Dann, endlich scheint er mich zu erkennen und sein Gesicht entspannt sich, sein Mund verzieht sich zu einem Lächeln und – was das schönste ist – seine Augen lachen mit.
„Ja, mir geht’s ganz gut.“ Er richtet sich auf und sein Oberkörper schwankt noch ein bisschen. Er fährt sich mit beiden Händen durch die Haare, mit dem Erfolg, das sie nach allen Richtungen abstehen. Dann blickt er mich an.
„Und wie geht es dir?“
„Jetzt gut.“
Ich grinse ihn an, ich kann einfach nicht anders.
„Jetzt geht es mir richtig gut.“
Ich fange an zu lachen, lache aus vollem Hals. Ich halte mir den Bauch vor lauter Lachen, so erleichtert bin ich. Die ganze Anspannung der letzten paar Stunden, als ich über seinen, in der Verwandlung befundenen Körper, gewacht habe, ist wie weggeblasen.
Es scheint geklappt zu haben, er ist kein … böser Junge geworden, kein Monster, er riecht sogar fast noch genau wie vorher.
Ich kann einfach nicht anders, ich umarme ihn und halte ihn immer noch leise lachend fest. Er erwidert meine Umarmung, wenn sich auch auf seinem Gesicht Erstaunen über meinen Ausbruch breit macht.
Justin schließt seine Augen und seufzt.
„Du bist das Beste, das ich je erlebt habe“, er blickt mich wieder an, seine Augen strahlen, „es hat sich gelohnt, dafür zu sterben.“
„Justin“, flüstere ich und lehne mich an seinen Hals, „ich bin so froh, dass es dir gut geht.“ Ich streiche mit meiner Wange über seine Halsseite, atme seinen Duft ein.
Er greift mit seiner Hand in
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