Unsterbliche Küsse
wüsste ich. In Beverley wohnt nämlich meine Tante.«
Sebastian wünschte dieser Tante Arthritis und weiß Gott was alles an den Hals. Aber wo zur Hölle war Dixie? Sie konnte schon halb in Schottland sein. Aber dort war sie nicht. Das wusste er. Sie war nach Yorkshire gekommen. Aber warum?
Zunächst musste er sich rasieren, duschen und frühstücken. Danach wollte er überlegen, wie es weitergehen würde. Er mietete sich im Bahnhofshotel ein. Als er gerade Eier mit Speck verzehrte, klingelte sein Handy.
»Sebby, ich weiß, wo sie ist. Ich war schon frühmorgens im Büro.« Emily hyperventilierte fast am Telefon. »Sie ist in Whitby. Gestern Abend hat sie in Lewisham getankt, später wurde ihre Kreditkarte von einer Pension in Whitby belastet.« Sie saß in der Falle. Ganz in der Nähe. Whitby sollte ihr zum Verhängnis werden.
Überraschenderweise hatte Dixie gut geschlafen. Sie zog die Chintzvorhänge auf und bewunderte die versprochene Aussicht, die Ruine der Abtei und die in der Junisonne leuchtenden Klippen. Christopher war da und hatte beschlossen, sich abzugrenzen. Sie musste verrückt sein – auf der Suche nach einem Vampir quer durch England zu reisen. Nein. Sie betrachtete ihr Spiegelbild. Verrückt nicht, bloß verliebt. Und machte dieser Zustand nicht generell alle zu Narren?
»Haben Sie was Bestimmtes vor heute?«, fragte Mrs Thirlwood, als sie Dixies Gedeck abräumte. »Ideales Wetter für einen Spaziergang auf den Klippen.«
»Ich glaube, ich besichtige die Abtei. Schon gestern Abend fand ich die Ruinen sehr beeindruckend.«
»Ich war ja selbst niemals oben, aber meine Gäste sind alle fasziniert. Sie ist sehr alt.«
»Das dachte ich mir. Wurde sie in der Zeit der Enteignung der Klöster oder im Bürgerkrieg zerstört?« Sie wusste, dass die meisten Ruinen in England auf das Konto von Heinrich VIII. oder Oliver Cromwell gingen.
»Durch die Deutschen hauptsächlich.« Mrs Thirlwood lächelte. »Sie haben sie im Krieg bombardiert.«
Das klang zwar weniger romantisch als die alte Geschichte, aber wie auch immer. Es war nicht die Geschichte der Abtei, die sie interessierte. »Kann man an den Klippen entlangspazieren?«
»Natürlich, Darling. Sie müssen nur auf wacklige Stellen aufpassen. Die Erosion, verstehen Sie. Teile des Weges sind abgebrochen – erst letzte Woche wieder eins –, aber trotzdem schön zum Spazierengehen an einem Tag wie diesem. Man kann bis Robin Hood’s Bay laufen. Eine ausgesprochen hübsche Wanderung. So friedlich.«
13
Sebastian lächelte freundlich, als eine grauhaarige Frau die Tür öffnete. Diese Alte müsste doch zu überreden sein. »Mein Name ist Caughleigh, Sebastian Caughleigh. Ich suche Dixie LePage. Sie soll hier wohnen, ist das richtig?«
Die Schrulle gab einen Laut von sich, der beides, ja und nein, bedeuten konnte. Aber wie auch immer. Er wusste sowieso Bescheid. »Dixie und ich, wir waren verlobt, bis zu diesem schrecklichen Krach vor zwei Tagen. Es war allein meine Schuld. Jetzt bin ich hier mit einem Friedensangebot.« Die Cellophanverpackung eines Straußes roter Rosen in seinem Arm knisterte. »Dürfte ich die auf ihr Zimmer bringen.«
»Geben Sie schon her.«
Er wollte der Alten die Blumen wieder entreißen, besann sich aber eines Besseren und lächelte. »Könnte ich an der Bar warten, bis sie wieder zurück ist?«
»Wir haben außerhalb der Saison nicht geöffnet.«
Am liebsten hätte er ihr jeden Stiel einzeln in ihren dürren Hals gerammt. »Ich bitte Sie. Ich muss mit ihr reden.«
Sie verschränkte die Arme auf der Brust. »Ich lasse ihr die Blumen und eine Nachricht zukommen. Kommen Sie heute Abend wieder, wenn Sie sie sehen wollen. Sie ist ausgegangen.«
»Wohin denn?« Die Frage war zu schnell gekommen. Die Alte sah ihn über die Nasenspitze hinweg an. Er hätte sie ihr zu gerne poliert, lächelte jedoch. »Entschuldigung, aber ich bin wohl unhöflich. Ich war so ein Trottel.«
Sie nickte wie bestätigend. Die alte Vettel! »Sie ist heute Abend zurück.«
Er legte eine Hand an den Türpfosten und lächelte. Sie hätte ihm die Tür vor der Nase zuknallen können. »Könnte ich sie vielleicht in der Stadt irgendwo treffen? Ich muss sie unbedingt sehen. Ich bin schon am Verzweifeln.« Letzteres war keine Lüge.
Schließlich gab sie nach. Es reichte ihr. »Sie wollte die Abtei besuchen, und dann anschließend bis Robin Hood’s Bay wandern. Möglich, dass sie dorthin unterwegs ist. Ich weiß es nicht.«
Wenigstens ein Anfang. Er
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