Unsterbliche Küsse
kann.«
»Dreißig Jahre als Sterbliche gehen nicht spurlos an einem vorüber.«
Das konnte sie sich nicht gefallen lassen. »Bei dir waren es immerhin auch neunundzwanzig.«
Er ignorierte das, schob indessen eine Hand unter die ihre. Ihre Finger verschränkten sich ineinander. Sie spürte, wie sie ihn, schon nach einem Tag, vermisst hatte. »Ich dachte, du würdest zurückkommen, wenn du dich entscheidest, eine der Unseren zu werden. Wir hätten gemeinsam jagen können und ich hätte dir einiges gezeigt. Wir haben bestimmte Grundregeln.«
»Es ist einfach so passiert.«
Seine Schulter und der Arm verkrampften sich. Ein sorgenvoll verdunkeltes Auge sah sie an. » Was ist passiert?«
Mittlerweile lagen sie nebeneinander auf dem verschlissenen Teppich, und sie erzählte ihm, beginnend mit der Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter, alles. Er hörte ihr schweigend zu, sodass Dixie sich fragte, ob sie wirklich alles falsch gemacht hatte, was man als Vampir nur falsch machen kann.
»Hast du ihn getötet?«, fragte er nach ihrem Bericht.
Sie schüttelte den Kopf. »Sein Puls ging noch.«
»Wenigstens überprüft hast du ihn.« Das tat weh. »Hast du die Erinnerung gelöscht?«
»Welche Erinnerung?«
Er sprach mit Bedacht, wie zu einem Kind oder einem Ausländer. »An dich und daran, dass du dich an ihm gütlich getan hast.« Ihre Antwort wartete er erst gar nicht ab. »Also nicht.«
»Wie sollte ich auch, wenn ich gar nichts davon wusste?«
Er hielt ihre Hand fester. »Deshalb hätten wir zusammen saugen sollen.« Er sah sehr besorgt aus. Was hatte sie sonst noch falsch gemacht? Das Vampirleben war für sie einfach zu neu und ungewohnt. »Wir müssen versuchen, ihn zu finden, ihn und alle, die dich sonst noch gesehen haben.«
»Also Ida, Monica und die Kinder. Und alle Gäste aus dem Bell.«
»Nur die, die dich erkannt haben. Über die meisten brauchen wir uns sowieso keine Sorgen machen.« Er drückte ihre Hand. »Es hilft nichts. Wir erledigen es gleich.«
»Aber du weißt doch! Wir müssen uns überlegen, was wir mit Sebastian machen.«
»Eins nach dem anderen. Oder willst du etwa, dass sich die Nachricht wie ein Lauffeuer im Dorf verbreitet, dass Dixie LePage zurück ist und Blut trinkt? Dafür gibt es hier zu viele, die an uns glauben. Also los.« Er stand auf und streckte ihr die Hand entgegen. Sie nahm die Einladung an.
* * *
»Du hast schon einen seltsamen Geschmack.« James lag unverändert da. »Ausgerechnet in so einen verdammten Kuhfladen!«
»Jedem das Seine.«
»Da stehen wir drüber, Dixie. Wir haben die Macht. Nimm ihm einfach die Erinnerung, und dann gehen wir wieder.« Toll! Wie nimmt man denn jemandem die Erinnerung? »Du musst dich nur konzentrieren.«
Dixie sah Kit verdutzt an. Würde sie sich je daran gewöhnen, dass er ihre Gedanken lesen konnte? »Warum machst du es denn nicht, wenn es so einfach geht?«
»Weil er zurzeit keine Erinnerung an mich hat, Liebes. Also los. Berühr seine Stirn, konzentrier dich auf seine Gedanken, bis du den richtigen gefunden hast, und dann weg damit!«
Er klang so, als spräche er vom Gänseblümchen-Pflücken. »Nichts ist so leicht, wie es sich anhört.«
»Du musst nur aufhören, wie eine Sterbliche zu denken.«
Würde sie das jemals können? »Na dann«, flüsterte sie, indem sie sich mit aller Vorsicht neben James ins Gras kniete. Ihre Finger berührten seine Brauen. Hatte es mit dem Mondlicht zu tun, dass er aussah wie saure Milch?
»Konzentrier dich«, drängte Kit.
Sie tat’s und hätte schreien können. Solche Gedanken waren für sie unvorstellbar. Feuer auf nackter Haut hätte nicht schlimmer brennen können als ein Sprung in den Gedankensumpf eines James Chadwick.
»Gemach«, flüsterte Christopher, »du gehst zu tief. Komm zurück an die Oberfläche der jüngsten Erinnerungen und lösch deine Spuren.«
Das genau machte sie und trat dann in geduckter Haltung, als würde sie einer Giftwolke ausweichen, zurück. Christopher legte den Arm um ihre Taille, denn sie hatte doch tatsächlich, sogar als Vampirin, zu zittern begonnen.
»Fertig?«, sagte er. Sie nickte, und im selben Moment rannten sie gemeinsam los, über die Hecke, die Straße und querfeldein bis zur Ecke hinter dem Haus der Collins’. »Alles in Ordnung?«, fragte er. »Das war krass!«, keuchte Dixie.
»Er ist nun mal ein richtiges Scheusal.« Kühle Lippen berührten sie an der Stelle, an der er ihre Haare aus der Stirn gestrichen hatte. »Nicht gerade ideal für
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