Unsterbliche Küsse
Ich bin nicht verletzt.«
»Unmöglich. Ich habe Sie doch durch die Luft fliegen sehen.«
»Schon mal was von Ju-Jutsu gehört, Dixie? Ich weiß, wie man fällt.«
Er hätte nicht so aufrecht dasitzen können und zupacken wie ein Berserker, außerdem würde seine Brust sich schwer heben und senken, wäre er tatsächlich verletzt gewesen.
»Sie sind Superman, oder nicht?«
»Ihnen gefällt diese Figur, geben Sie’s zu.«
Beinahe hätte sie aufgegeben. Sie bestand darauf, ihn nach Hause zu fahren, was er auch zuließ. Jedoch weigerte er sich, dass sie ihn auch nur einen Schritt bis zur Tür begleitete. »Im Gegensatz zu Ihnen habe ich hier einen Ruf zu verlieren«, sagte er. »Stellen Sie sich bloß das Gerede vor – zuerst verpassen Sie Sebastian einen Korb, um nur wenig später hier vor meinem Haus zu landen. Wir müssten uns zweifelsohne duellieren.«
»Ich dachte immer, Duelle seien seit dem letzten Jahrhundert verboten.«
»Ich bin ein Mann mit Vergangenheit.«
Er drückte ihr wie zum Abschied die Hand. Dixie konnte sich nicht von ihm losreißen. Sie griff nach seiner Schulter und wandte sich ihm zu. Wenigstens ein Kuss zum Abschied. Das war das Mindeste für einen Mann, der für ihr Haus sein Leben riskiert hatte.
Sie kam seiner Wange immer näher, als er schließlich den Kopf drehte und sein Mund ihre Lippen berührte, kühl und glatt wie Marmor. Als jedoch ihre Lippen die seinen liebkosten, empfand sie nur Weichheit und Wärme. Er schmeckte nach Gewürzen, Nacht und Abenteuer. Langsam, wie eine aufblühende Blume im Frühling, öffnete sie den Mund. Beinahe zögerlich streichelte seine Hand ihren Nacken und durch ihr Haar. Sie seufzte und ließ ihre Zunge in seinen Mund gleiten.
Die ganze Hitze des Sommers stieg in ihr auf. Ihr Atem wurde heftiger, sie wollte mehr, und er gab ihrem Drängen nach. Selige Wärme durchströmte sie, und in ihren Adern pochte das Begehren. In diesem Kuss wurden sie beide eins. Die Zeit blieb stehen. Dixie spürte nur noch eines: das brennende Verlangen nach mehr.
»Christopher«, murmelte sie, als er sich zurückzog.
»Denk an meinen Ruf«, frotzelte er. Sie lehnte den Kopf gegen seine kräftige Schulter. Mit unendlicher Zärtlichkeit streichelte er ihren Hals vom Nacken bis zur Kehle. Seine Berührung schien den Himmel auf Erden zu versprechen. Wenn er doch nie damit aufhören würde, wenn er sie doch einladen würde zu bleiben. Was auch immer, es sollte ewig so weitergehen. Ihre Hand glitt an seine Brust, tastete nach den Hemdknöpfen, voller Sehnsucht nach der Wärme eines männlichen Körpers.
Seine Hand kam ihr dazwischen. »Dixie, wir müssen Schluss machen! Ich bin müde.«
Sie setzte sich auf. Wie egoistisch von ihr! Er war verletzt, hatte zumindest schwere Prellungen, und sie hatte nichts anderes im Sinn, als sich an ihn ranzuschmeißen.
»Fahr nach Hause, zu Emily, und verzichte darauf, weiter die Heldin zu spielen. Versprochen?«
Sie versprach es ihm, wartete aber, bis die Tür hinter ihm ins Schloss fiel. Sicher hätte sie noch einmal vorbeigeschaut an ihrem Haus, aber sie hatte ihm ihr Wort gegeben. Und das konnte sie, nach einem Kuss wie diesem, nicht brechen.
Beim Ausziehen in ihrem Zimmer unter dem Dach sah Dixie auf die Uhr. Die ganze Geschichte mit Christopher, ihrem Haus und dem irrsinnigen Einbrecher hatte weniger als eine halbe Stunde gedauert. Sie unterdrückte ein Schaudern. Es war vorüber. Es gab keinen Grund mehr zur Sorge. Sie war zu erschöpft, um sich noch Sorgen zu machen, erschöpft davon, zudringliche Bauerntölpel abzuwehren, Einbrecher zu jagen und Verletzte zu versorgen. Sie warf ihre Kleider über einen Stuhl und fiel, ohne sich davor die Zähne zu putzen, sofort ins Bett. Emilys kühle Leinenbettwäsche umhüllte ihren erschöpften Körper wie beruhigender Balsam. Nichts jedoch konnte den Aufruhr in ihrem Inneren lindern. Was hatte sie nur getan? Sie hatte sich einem Mann blindlings an den Hals geschmissen, nur weil ihre Hormone wegen ein bisschen Stress verrückt spielten. Sie spürte noch immer seine Lippen auf den ihren, seine Zunge in ihrem Mund, ganz zu schweigen davon, was sich sonst in ihrem Körper abspielte. Morgen würde er kommen, um ihre Bücher durchzusehen. Was hatte sie da nur ins Rollen gebracht?
Sebastian ignorierte das Telefon. Während Emily im Hintergrund laut stöhnte, läutete es genau sechsmal. Als er über ihren Busen streichelte, ging der Anrufbeantworter an. »Onkel, ich weiß, du bist da, geh schon
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