Unsterbliche Liebe
nicht am Eingangsposten, sonst würde er ihr sicher anbieten, sie zu begleiten. Aber Ayla hatte Glück und es war ihr Bruder Tyran, der am Tor Wache hielt. Er schien etwas zugenommen zu haben, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Es stand ihm aber gut.
„Morgen Ayla!“, rief Tyran, als er sie auf sich zukommen sah. „Bist du auf dem Weg zu einem neuen Kuppelopfer?“
Ayla verstand nicht. Als er ihren verwirrten Gesichtsausdruck sah, fügte er lachend hinzu: „Ich spreche von unseren Brüdern, Mylan und Kylan. Glaub nicht, ich hätte deinen Plan nicht durchschaut. Du willst uns wohl alle unter die Haube bringen, was? Aber bevor du überhaupt nur darüber nachdenkst; lass die Finger von meinem Liebesleben. Kylan und vor allem Mylan scheinen dein Kuppeln ja zu benötigen, einer unbeholfener als der andere, wenn’s um die Frauen geht. Ich hab mich schon oft gefragt, wie lange es dauert, bis Mylan endlich die Augen aufmacht und sieht, dass Kyra wie geschaffen ist für ihn. Das hast du schön hingekriegt. Aber ich komme mit dem anderen Geschlecht ganz gut alleine zurecht, verstanden?“
Er zwinkerte ihr zu und nahm sie in den Arm. Sie verschwand beinahe unter seinen massigen Armen.
„Woher weißt du von …?“, setzte Ayla an, doch Tyran unterbrach sie mit einer wegwerfenden Handbewegung.
„Hast du vergessen, wen du vor dir hast? Wenn es Neuigkeiten auf der Burg gibt, bin ich der Erste, der davon erfährt!“
Da hatte er recht. In dieser Hinsicht war er schlimmer als alle Tratschtanten hier zusammen. Eine total untypische Eigenschaft für seinen sonst so wilden und männlichen Charakter. Aber eben auch irgendwie liebenswert.
Die beiden grinsten sich an. Jetzt fange ich auch schon damit an!, ging es Ayla durch den Kopf.
„Gut, dann werden meine Dienste hier auf der Burg ja nicht mehr benötigt und ich kann mich getrost auf den Weg in den Wald machen“, sagte sie und wandte sich zum Gehen um.
Doch Tyran hielt sie noch kurz zurück und sagte mit leicht beunruhigter Stimme: „Aber halte dich bitte von der Grenze fern, Ayla. Kylan behauptet steif und fest, er hätte in der letzten Woche schon zwei Mal einen jungen Vulpari direkt an der Grenze gesehen. Normalerweise halten ja beide Seiten einen Sicherheitsabstand, aber vielleicht sind sie nicht mehr zufrieden mit ihrem Territorium. Hoffentlich gibt es keine Gebietskämpfe.“
Ayla sah ihn erschrocken an. „Gebietskämpfe? Gibt es die denn öfters, ich habe noch nie von einem gehört? Mylan hat mir gesagt, dass weder Vulpari noch Satari die Grenze je überschreiten.“
Tyran setzte ein bitteres Gesicht auf. „Nein, öfters gibt es die nicht. Und der letzte große Gebietskampf ist schon lange her, das war noch vor unserer Zeit, kurz nach der großen Spaltung, falls du dich daran erinnerst.“
Ayla versuchte, ein möglichst gleichgültiges Gesicht zu machen. Innerlich brannte sie jedoch vor Neugier darauf zu erfahren, was ihr Bruder zu berichten hatte.
Er fuhr fort: „Aber Mylan hat keine Ahnung von der Grenze, der sitzt ja den ganzen Tag nur zwischen seinen Büchern und dort steht davon nichts geschrieben. Es kommt ganz selten schon mal vor, dass ein Vulpari sein Gebiet überschreitet und dann kommt es natürlich auch zu Kämpfen. Aber an der Tagesordnung ist das nicht. Und selbstverständlich erzählen wir davon auch nur dem König, die anderen Clanmitglieder sollen nicht unnötig beunruhigt werden.“
Wieder diese Trennung von König und Volk, dachte Ayla missbilligend.
„Aber wie gesagt, es scheint bisher nur ein einzelner junger Vulpari zu sein, keine Gefahr für unsere Jäger. Aber man weiß nie, wie so einer reagiert, wenn er auf einen von uns trifft. Und vor allem möchte ich nicht wissen, wie er reagieren würde, wenn er auf dich trifft.“
Er strich ihr eine Locke zurück, die sich schon wieder gelöst hatte.
„Ich will dir keine Angst machen und ich weiß, du bist ein kluges Mädchen. Sei einfach ein bisschen vorsichtiger als sonst und bleib schön von der Grenze weg. Zudem werde ich auch gleich losgehen und an der Grenze patrouillieren. Dann wagt sich der Vulpari hoffentlich nicht hinüber!“
Aylas Herz klopfte wie wild. Ein junger Vulpari schlich an der Gebietsgrenze umher? Das musste doch fast Eliya sein! War er etwa doch auf der Suche nach ihr? Wenn das wirklich er sein sollte, musste sie ihn warnen. Er hatte so etwas Leichtsinniges und Waghalsiges an sich gehabt, sie traute ihm sogar zu, die Grenze zu überqueren. Aber mit
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