Unsterbliche Liebe
recht.«
Nun denn.
Mit Dixies Hilfe zog er Stella die blutverschmierten Kleider aus. »Musst du sie nicht saubermachen?«, fragte Dixie.
Er schüttelte den Kopf. »Später. Ehe überhaupt irgendetwas geschieht, muss die Kugel raus. Sie steckt noch drin. Es gibt keine Austrittsöffnung.« Die Eintrittswunde war schlimm genug. Gemeinsterbliche waren so empfindlich und verletzbar. Seine vier Wunden waren annähernd verheilt, während Stellas Schusswunde nach wie vor grausig unter der linken Brust klaffte. In seinem langen Leben hatte er zahllose Wunden und Verletzungen zu Gesicht bekommen, aber keine war ihm je so nahe gegangen wie diese. Wenn er es noch könnte, hätte er lange und bitterlich geweint. Aber dazu fehlte ihm sowieso die Zeit. Er musste sich mit aller Kraft auf seine Aufgabe konzentrieren.
Er legte seine Finger auf die noch immer warme Brust und versuchte, den darunter verborgenen metallenen Fremdkörper zu ertasten. Unter Aufbietung seiner ganzen Willenskraft bewegte sich das Projektil unendlich langsam durch das Fleisch. Als das flache Ende zum Vorschein kam, packte er es und zog daran, bis er es endlich in seiner Hand vor sich liegen hatte.
Es war so klein und doch so gefährlich. »Dixie.« Er übergab ihr das Geschoss. »Schaff uns das Ding vom Hals. Am besten vergräbst du es. Jetzt sofort.«
»Okay.« Sie nahm es widerstrebend in die Hand. »Ich kümmere mich darum.«
»Du willst sie wohl schonen«, sagte Kit, während ihre Schritte auf der Treppe verhallten.
»Sie muss das nicht unbedingt sehen«, brummelte Justin zur Antwort.
Kits Augenbrauen hoben sich. »Dann beeil dich mal lieber. Sie gräbt mit Vampirgeschwindigkeit.«
Sicher. »Geh und leiste ihr Gesellschaft.«
Kit schüttelte den Kopf. »Nun mach schon. Wenn du noch länger wartest, wird sie kalt.«
Die Zeit drängte. Er musste handeln, auch auf die Gefahr, dass Stella später entsetzt sein würde, aber andernfalls wäre dies der endgültige Abschied. Justin griff mit einem Arm unter ihre Schultern und hob ihren Oberkörper an, bis der Kopf nach hinten fiel und ihr zarter Hals freilag. Dann beugte er sich hinunter und biss zu.
Ihr Blut schmeckte voll und süß, aber nun schmeckte er es zum letzten Mal. Welche Rolle spielte das schon. Danach würde sie ihm für immer gehören. Er trank, gierig und in vollen Zügen. Sein Körper füllte sich mit ihrem Lebenssaft, und er trank weiter, denn es durfte so gut wie nichts in ihr zurückbleiben. Zuerst schwollen seine Beine und die Füße an; die Gelenke wurden dick und schwer und die Schuhe drückten entsetzlich. Dann blähte sich sein Körper auf, und die Hände waren kaum mehr zu gebrauchen. Er musste sich schwer konzentrieren, um Stellas immer leichter werdenden Körper noch halten zu können.
Lange würde es nicht mehr dauern.
In einer letzten Anstrengung und unter Aufbietung aller Kräfte trank er den Rest ihres Lebenssafts. Nun lag sie leicht wie eine Feder in seinem Arm. Er konnte sich kaum noch bewegen, als Kit herbeikam und Stellas entleerten Körper übernahm, um ihn auf dem Bett abzulegen.
Wie gut, dass Kit geblieben war. Alleine hätte er es nicht geschafft. Seine Haut fühlte sich an, als würde sie gleich platzen, seine Lippen waren so angeschwollen, dass ihm der Mund offenstand, und seine Augen drohten aus den Höhlen zu fallen.
»Ich stütze sie mit Kissen ab«, sagte Kit. »Das macht die Sache für euch beide leichter.«
»Ich helf dir«, bemerkte Dixie. Sie war zurückgekommen.
Stella sah so bleich aus wie die Kissen, auf denen sie lag; auch war sie mittlerweile völlig erkaltet. Höchste Zeit, sie ihrem neuen Leben zuzuführen. »Ich brauche ein Messer oder etwas anderes zum Schneiden.«
»Da.« Dixie gab ihm das Skalpell aus seiner Tasche.
»Danke.« Mit seinen geschwollenen Fingern konnte er es kaum halten, aber er musste es schaffen. Das war er Stella schuldig.
»Besser so.« Dixie legte ihm ein Handtuch auf den Schoß. »Für den Fall des Falles.«
Sie hatte recht. Er war so übervoll mit Blut, dass es sicher regelrecht herausspritzen würde. Und was war mit Stellas verletztem Herzen? Würde es überhaupt Kraft genug haben, um zu pumpen? Es würde heilen, sobald sie Blut bekäme, aber was war, sollte sie noch vor vollendeter Verwandlung zu bluten beginnen? Was war, wenn er sie komplett verfehlte?
Das durfte schlicht nicht passieren! »Kit, ich brauche deine Hilfe. Und deine auch, Dixie.« Eigentlich sollte sie ja gar nicht hier sein, aber sie war nun
Weitere Kostenlose Bücher