Unsterbliche Liebe
Unmöglich, ihr zu sagen, dass es Jahrhunderte waren. »Ich kenne Dixie erst seit etwas mehr als einem Jahr.«
Justin parkte in dem mehrstöckigen Parkhaus, das er ein paar Nächte zuvor überflogen hatte. Als Stella die Beifahrertür öffnen wollte, kam er ihr gerade noch rechtzeitig zuvor, indem er mit übermenschlicher Geschwindigkeit um das Auto herumraste. Vielleicht sollte er es ja besser sein lassen, derartige Kunststückchen zum Besten zu geben, aber dieses hatte sich schon allein wegen ihres Gesichtsausdrucks mehr als gelohnt. Scheinbar war es wirklich ungewohnt für sie, derart zuvorkommend behandelt zu werden. Für die Dauer seines Aufenthalts sollte sich das ändern.
Im Theater nahmen sie unverzüglich ihre Plätze im Parkett ein und blätterten noch etwas im Programmheft.
»Ich fühle mich förmlich verfolgt von Vampiren.«
»Sam ist verdammt gut in dieser Rolle.«
»Ja, aber ich fürchte bloß, sein Realitätssinn könnte darunter leiden.«
»Kinder leben gerne in Fantasiewelten. Und in den kommenden Stunden entfliehen wir ja auch in eine andere Welt.«
»Stimmt.«
Abel, zu Hilfe! Sie würde nicht so lächeln, wenn sie wüsste, dass sie neben einem Wesen saß, das es ihrer Meinung nach gar nicht geben dürfte.
Im weiteren Verlauf des Abends fesselte Justin Stellas Begeisterung mehr als das Geschehen auf der Bühne, was schade war, denn die Vorstellung war gut, verdammt gut sogar. Beinahe hätte er es den Machern des Abends sogar verziehen, dass sie Quincy, eine seiner Lieblingsfiguren, einfach gestrichen hatten. Quincy hatte einen Stil an sich, den der langweilige Jonathan und der zwetschgengesichtige Arthur leider vermissen ließen. Aber was konnte man von Amerikanern auch anderes erwarten! Stella dagegen hatte ihren ganz eigenen Stil. Unter sämtlichen, durchweg teuer gekleideten und makellos frisierten Damen dieses Abends befand sich keine einzige, die ihr auch nur annähernd das Wasser hätte reichen können.
Es würde verdammt schwer werden, sie zu verlassen.
Aber das musste er ja nicht, noch nicht. Er nahm sich vor, jede Minute ihrer gemeinsamen Zeit voll auszukosten.
»Es war großartig«, sagte sie beim Nachhausefahren. Seit der Pause hatte sie das mindestens ein Dutzend Mal, wiederholt. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich diesen Abend genossen habe.«
»Du hast es mir bereits gesagt, Stella.« Wenn er nicht fahren müsste, würde er sie an sich reißen und bis zur Besinnungslosigkeit küssen. Ihre unglaubliche Freude über den Abend hatte dieselbe Wirkung auf ihn wie der erste Schluck warmen Bluts nach einer längeren Hungerphase. Dass man einem Menschen mit nur zwei Theaterkarten eine so große Freude machen konnte … Wenn sie es nur zuließe, würde er ihr noch ganz andere Freuden bereiten. Aber nun … Er griff hinüber zum Beifahrersitz und öffnete das Handschuhfach. »Schnapp dir doch das Mobiltelefon, um Dixie kurz anzurufen. Wenn mit Sam alles in Ordnung ist, würde ich dich gern noch zum Abendessen ausführen.«
Gesagt, getan. Wenig später legte sie es wieder zurück, beruhigt darüber, dass Sam übermüde und glücklich eingeschlafen war. »Es ist geradezu rührend, wie sehr sich Dixie um Sam kümmert. Was hast du bloß angestellt mit ihr?«
»Keine Angst! Ich hab sie nicht gezwungen, solltest du das meinen. Sie hatte einfach Verständnis, und ich wollte diesen Abend mit dir verbringen.«
»Sie ist wirklich sehr nett.«
Eine Ausnahmefrau würde besser passen. »Ja, das ist sie.«
Justin ging mit Stella ins Barcelona . Sie akzeptierte seine Ausrede in Sachen »schwerer Nahrungsmittelallergie«, wollte aber selbst auch nichts essen und beschränkte sich auf ein Glas Dessertwein und eine Nachspeise.
Sie hatte eine unglaublich lustvolle Art, zu essen, leckte zwischendurch die Schokolade vom Löffel und schloss die Augen, um den Geschmack der üppigen Füllung voll auszukosten. Zweifellos war sie eine sinnliche, leidenschaftliche Frau. Die Frau, die er sich immer gewünscht hatte.
»Also, das ist jetzt vielleicht nicht der passende Moment, und du musst mir auch nicht antworten, aber ich würde gern wissen, wer Sams Vater ist.«
Sie sah ihn an und schluckte dann schnell hinunter. »Du interessierst dich für Tarsim?«
Der Kerl hatte also einen Namen. Gut. Sollte er ihm jemals begegnen, würde er ihm zeigen, was eine Harke ist. Welche Ausgeburt von Schlechtigkeit musste jemand sein, der den eigenen Sohn im Stich ließ. »Ja, aber ich will dir nicht zu
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