Unsterbliche Liebe
der immer gewirkt. »Toby, wir haben uns gerade erst eingelebt. Kit fühlt sich wohl hier, und allen meinen Bedenken zum Trotz geht es uns richtig gut. Ich werde wahnsinnig bei der Vorstellung, du könntest hier aufkreuzen und alles kaputtmachen.« Der melodramatische Ton war ihr fast peinlich. Scarlett O’Hara ließ grüßen. Zugegeben, der Vergleich war etwas weit hergeholt, aber …
»Um Himmels willen, Dixie! Du und Kit seid überhaupt nicht betroffen von meiner Untersuchung. Es war nie die Rede davon, ihr beide könntet etwas mit der Sache zu tun haben.«
Mit welcher Sache denn? Vlads Ghule? Sie hatten überhaupt noch nichts unternommen. Um Bedenkzeit zu gewinnen, stand sie auf und ging ans Fenster. Der Parkplatz vor dem City Center bot keinen besonders berauschenden Anblick. »Versprichst du mir das, Toby?« Was war in jüngster Zeit vorgefallen, das der Kolonie Anlass gab, sich einzuschalten? Stellas Verwandlung? Warum führte Toby die Untersuchung durch – um seinen eigenen Ausdruck zu gebrauchen. »Toby, bitte …«, begann sie, wollte aber dann doch nicht allzu viel Druck machen. Als herumnölende Südstaatenschönheit würde sie bei ihm keinen Blumentopf gewinnen – Toby würde sich nur an seine Zeit als Sklave erinnert fühlen.
»Dixie.« Er war quer durch den Raum auf sie zugekommen, hielt aber einen gewissen Abstand. »Du hast mein Wort. Von der Untersuchung seid ihr beide nur als potenzielle Informanten betroffen, aber soweit ich von Kit weiß, hattet ihr keine Ahnung von der Sache. Die Verantwortung trägt ganz allein Justin.«
Verantwortung wofür? Für die Verwandlung Stellas? Das ergab keinen Sinn. »Was ist denn so schlimm daran?«
»Herrgott noch mal! Weißt du denn gar nichts von unseren Moralvorschriften?« Zufälligerweise sogar eine ganze Menge, aber … »Justin hat zwei Sterbliche attackiert und regelrecht verstümmelt.« Zwei Straßenrowdys, die auf ihn und Stella geschossen hatten. »Daran gibt es nichts zu rütteln. Er steht dazu.«
Nun wusste sie beinahe alles. Bis auf … »Und wann findet die Inquisition statt?«
»Die Anhörung.« Er klang verärgert ob ihrer Wortwahl. »Am Samstagnachmittag. Gwyltha will die Sache vor Stellas Willkommensempfang vom Tisch haben.«
»Aha, will sie!« Aber sollte sie sich da mal bloß nicht täuschen.
»Dixie, versteh mich bitte nicht falsch, das hier ist kein persönlicher Rachefeldzug, aber Gesetze sind nun mal dafür da, dass man sie einhält. Es ist alles sehr bedauerlich, aber …«
»Bedauerlich!« Dixie wäre beinahe explodiert. »Einer der anständigsten und ehrenwertesten Männer, der mir je begegnet ist, muss mit seinem Rauswurf aus der Kolonie rechnen, nur weil er die Frau verteidigt hat, die er liebt!«
»Der Himmel sei mir gnädig!« Toby machte keine Anstalten, seine Betroffenheit zu verbergen, aber in seinem gepflegten Oxbridge-Akzent klang der Ausruf wirklich wie ein Appell an die Vorsehung. »Versteh mich doch, Dixie. Glaubst du, mir macht das Spaß? Justin ist mein Freund, verdammt noch mal.« Toby seufzte und schüttelte dazu den Kopf. »Wir haben keine Wahl. Wenn wir die Regeln lockern, was kommt dann als Nächstes? Dass wir unsere Opfer aussaugen und als Leiche zurücklassen? Dass wir morden wie Vampire in Horrorromanen? Das können wir unmöglich zulassen. Gwyltha hat absolut recht.«
Und sie hatte keine Verwendung mehr für ihren Exliebhaber! Nein, das war ungerecht. Gwyltha war noch nie wütend oder böswillig aufgetreten. »Toby, es ist so ungerecht.«
Er legte ihr seine Hand auf die Schulter. »Ich stimme dir ja zu, Mädchen.«
Die vertrauliche Anrede war ungewöhnlich für ihn. Sie drehte sich um. Seine Augen trübten sich, und auf seinen Mund legte sich ein bitteres Lächeln. Toby wollte dieses Verfahren ebenso wenig wie sie. »Und es ist doppelt ungerecht, weil du es abzuwickeln hast.«
Er zuckte mit den Schultern. »Da hast du recht. Freiwillig hab ich mich nicht gemeldet. Ich wurde dazu verdonnert. Aber wenigstens bin ich auf seiner Seite und ziehe nicht in die andere Richtung.«
Sie drückte ihn fest an sich, er umarmte sie ebenfalls und klopfte ihr auf die Schulter. Es war himmelschreiend ungerecht. »Toby«, sagte sie, wobei sie ausnahmsweise einmal nicht weiterwusste. Sollte sie versuchen, ihn auf ihre Seite zu bringen? Sollte sie eine Gegenbefragung anstreben oder mildernde Umstände geltend machen?
»Ich weiß, Mädchen. Manchmal sind uns einfach die Hände gebunden.« Möglicherweise ja, aber
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