Unsterbliche Liebe
immerhin zum ersten Mal machte, leerte daraufhin den Beutel auf einen Zug, wobei ihr nur ein kleiner Blutfaden am Kinn herunterlief. »Da.« Er reichte ihr ein Küchenkrepp.
»Was geschieht mit dem leeren Beutel?«, fragte Stella, während sie das Tuch zusammenknüllte. »In den Abfall kann man ihn wohl nicht werfen.«
»Dixie sammelt sie und fährt in dunklen Nächten gelegentlich zur Mülldeponie.«
»Ihr denkt aber auch an alles.«
»Nur so überleben wir Jahrhunderte.«
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht, vor allem aber, wie lange ich Sam noch weismachen kann, dass ich auf Diät bin.« Sie lächelte angestrengt. »Das wird nicht leicht werden.«
»Wir helfen dir natürlich.« Und sollte er nicht zugegen sein, würden Kit und Dixie jederzeit einspringen, aber damit wollte er Stella nicht belasten – noch nicht. »Setzen wir uns doch. Es gibt etwas, das du wissen musst.« Nicht über Ghule oder die Probleme, die ihm wegen dieser beiden Jugendlichen ins Haus standen, nein, Stella musste auf Gwyltha vorbereitet werden. Sie nahmen nebeneinander auf dem Sofa Platz, Stella legte den Kopf auf seine Schulter. Eine Sekunde lang schloss er die Augen, um sich auf den Duft von Stella zu konzentrieren. Da saß er nun mit der Frau, die er liebte, eng zusammen, und möglicherweise drohte ihm das Exil. Was zum Teufel konnte er nur machen? Die Götter anflehen, dass die Jungs wieder gesund würden? Trotzdem, er hatte ihnen schweren Schaden zugefügt. Dem musste er sich stellen.
»Du bist ja so still«, sagte Stella. »Dabei wolltest du doch reden.«
»Vielleicht gebe ich dir erst einmal einen Kuss. Sams Erlaubnis habe ich ja.«
»Was?« Sie lachte tief, verwegen und sexy.
»Bei unserem Vieraugengespräch unter Männern hat er gesagt, dass es okay ist, wenn ich dich küsse.«
»Ach wirklich? Findest du es denn auch okay, mich zu küssen?« Als Antwort legte er gleich ihren Kopf in den Nacken und nahm ihren Mund. Auf ihren Lippen schmeckte er letzte Spuren von frischem Blut, und sein Körper kam sofort auf Hochtouren. Er küsste sie mit größter Leidenschaft, und sie reagierte ebenso ungestüm wie schon zuvor. Bei Abel und allen Göttern! Da fand er nach Jahrhunderten so eine Frau und musste doch damit rechnen, sie zu verlieren … daran wollte er an diesem Abend nicht einmal denken.
»Du siehst sehr zufrieden aus«, sagte sie, als er den Kuss schließlich abbrach.
Er war hingerissen von diesem Leuchten in ihren grauen Augen. »Du wirkst auch nicht gerade enttäuscht.«
Sie lachte wieder dieses reizende, verwegene Lachen. »Ich dachte, wir seien hier, um uns zu unterhalten.«
Das ja. Und es gab eine Menge nachzudenken für ihn, wenn sie erst wieder zu Hause sein würde. »Es geht um Folgendes: Wie du weißt, leben wir in einer Kolonie zusammen, Kit, Dixie, ich, jetzt du und noch andere. Uns verbinden Blutsbande und ein bestimmtes Wertesystem. Wir helfen uns gegenseitig, um zu überleben. Als mir klar wurde, dass du Schuhe mit deiner Heimaterde brauchst, habe ich sofort zu einem Mitglied der Kolonie Kontakt aufgenommen, das diese Schuhe herstellt. Er hat sie quasi über Nacht nach Maß angefertigt und sie hierhergeflogen. Solche Dinge. Dazu gehört auch die feierliche Aufnahme neuer Frischlinge. Unsere Anführerin, Gwyltha« – erstaunlich, wie leicht und schmerzlos ihm mittlerweile ihr Name über die Lippen ging – »wird zusammen mit mehreren anderen hier einfliegen, um dich kennenzulernen.«
»Von wo denn und wann?«
»Die meisten kommen aus England. Sie treffen in den nächsten Tagen hier ein.«
»Sie kommen von so weit her, nur um mich kennenzulernen?«
»Es geht nicht nur ums Kennenlernen, sondern vor allem um deine Aufnahme als neues Mitglied der Kolonie.« Jener Kolonie, die ihn möglicherweise ausschließen könnte.
»Der Gedanke eines Vampirempfangs ist gewöhnungsbedürftig.«
Er drückte ihre Hand. »Wenigstens glaubst du mittlerweile an uns.«
»O ja, Justin Corvus, ich glaube an dich.« Wenn ihr Glaube ihnen beiden nur weiterhelfen könnte. »Wann findet dieser große Empfang denn nun statt?«
»Samstag.«
Stella löste sich abrupt aus seiner Umarmung und sah ihn entgeistert an. »Unmöglich! Samstag bin ich nicht da.«
»Was ist denn am Samstag? Etwas mit Sam?«
Sie hätte lügen können, aber nein, Justin konnte sie nicht anlügen. »Nein, mit Sam hat es nichts zu tun.« Sie stand auf und ging ans Fenster.
»Was ist denn, Stella?«
So weit ihr Blick reichte, fielen Lichtkegel
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