Unsterbliche Liebe
er würde zurückkommen.«
»Zuerst glaubten wir, er ist nicht ganz richtig im Kopf«, unterbrach Angela. »Wir dachten schon, ob wir nicht lieber verduften sollten, aber es ging nicht. Er hatte uns befohlen, zu warten.«
»Das klingt so unterwürfig«, sagte Jane, »aber ich kann es nicht erklären, er strahlte so eine Sicherheit aus, also warteten wir wie zwei brave kleine Ghule auf ihn, und als er zurückkam und uns befahl, mitzukommen, zögerten wir keine Sekunde.»
Angela nickte. »In einem Taxi fuhren wir gemeinsam in sein Hotel, und mir ist bis heute unerklärlich, wie wir ungehindert durch die Lobby kamen. Wir müssen wie Vogelscheuchen ausgesehen haben, und es war einer dieser Edelpaläste mit Marmorfußboden und Perserteppichen.« Dixie wusste genau, wie er das angestellt hatte. Für einen so mächtigen Vampir wie Vlad war das ein Kinderspiel, aber anscheinend wussten die beiden über Vampire ebenso wenig Bescheid wie sie über Ghule.
»Er nahm uns mit auf seine Suite und sagte, wir sollten eine Dusche nehmen und uns die Haare waschen. Wir fürchteten schon, wir könnten einem Perversen in die Falle gegangen sein«, sagte Jane. »Aber er beruhigte uns und sagte, er würde uns allein lassen. Er wollte Essen für uns besorgen. Als er weg war, flippten wir schier aus unter der Dusche.« Sie grinste verschmitzt. »Hast du dich schon mal so schmutzig gefühlt, dass du glaubtest, du würdest nur mit Sandpapier wieder richtig sauber?«
Dixie nickte. »Ich weiß, wovon du sprichst.«
»Wir stritten uns regelrecht um die Dusche«, fuhr Angela fort, »bis wir feststellten, dass es noch eine zweite gab. Ich stand ewig unter dem Wasserstrahl und bekam schon weiche Beine. Der Gedanke, wieder in die dreckigen Klamotten zu schlüpfen, war mir richtig zuwider, und so schnappte ich mir einen von diesen superflauschigen Bademänteln, die diese Hotels bereithalten, und später stellte ich fest, dass Jane genau das Gleiche gemacht hat.«
»Es war unheimlich«, sagte Jane. »Wir standen beide vor der Kaffeemaschine und fragten uns, was das sein soll. Wir haben fast eine Viertelstunde lang herumgerätselt, ehe wir wussten, was man damit macht. So, als würde man im Dunklen tappen und endlich den richtigen Einfall haben. Schließlich schafften wir es, uns eine Tasse Kaffee zu machen, setzten uns hin, erinnerten uns an den Geschmack und versuchten uns an den Fernseher zu erinnern, als Vlad zurückkam.«
Angela erzählte weiter. »Ich konnte das Fleisch schon riechen, bevor er überhaupt zur Tür hereinkam. In einer Plastiktüte hatte er sechs Hühnchen mitgebracht, und wir rissen sie ihm förmlich aus den Händen. Gierig machte ich mich daran, eines zu verschlingen, riss es mit den Zähnen auseinander und zerrte mit den Fingern an den Knochen. Von Jane hörte ich nur ein Knacken und Schmatzen, war aber zu hungrig, um hinzusehen. Wir waren wie gefräßige, ausgehungerte Tiere.«
»Ist ja auch kein Wunder, wir waren ausgehungert. Gott weiß, wie lange es her war, seit wir zum letzten Mal etwas gegessen hatten«, sagte Jane. »Die anderen Hühnchen verspeiste ich etwas gesitteter, aber satt war ich noch immer nicht. Danach sammelte Vlad die wenigen Knochen ein, die wir nicht mitgegessen hatten, gab uns Milch zu trinken und schickte uns schlafen. Nach vierundzwanzig Stunden wachten wir wieder auf und fühlten uns wie neugeboren.«
»Erfrischt und ausgeruht, voller Energie und im Vollbesitz unserer geistigen Kräfte – aber ohne jedes Erinnerungsvermögen. Da schlug Vlad vor, wir sollten uns neue Namen suchen, und wir machten uns mit einer Nadel über das Telefonbuch her.« Angela lächelte. »Mein erster Treffer war Wayne J. Leatherbarrow, also versuchte ich es noch einmal. Glücklicherweise blieb mir eine Doris oder Elvira Soundso erspart.«
»Okay, das Essen hat euch gestärkt und neue Kraft gegeben. Aber was war mit euren Erinnerungen?«
Jane zuckte mit den Schultern. »Weg. Wer auch immer uns ausgesetzt hat, hat unsere Erinnerungen einfach mitgenommen. Verstehst du jetzt, warum wir das Gefühl haben, in einem dunklen Loch zu stecken?«
»Aber Vlad hat euch einen Job besorgt«, sagte Dixie und dachte dabei an die Vampirbar, von der Justin gesprochen hatte.
Sie rollten beide mit den Augen.
»Der Laden war so billig!«, sagte Jane und schüttelte sich dabei. »Ich will ja nicht überheblich sein, aber ehrlich, all diese sterblichen Möchtegern-Vampire, die sich für unwiderstehlich halten. Irgendwann habe ich damit
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