Unsterbliches Verlangen
rutschte auf der noch feuchten Erde aus und landete auf den Händen und Knien, putzte sich aber schnell wieder ab. »Bin ich froh, dass wir wieder draußen sind.«
»Von dieser Seite aus sieht man besser. Schau!«
»Die ist auch eingefallen. Wahrscheinlich vom Regen.«
»Woher weiß du das?«
»Gestern hat es doch den ganzen Tag nur geregnet, du Eumel. Wir mussten drinnen spielen. Weißt du das nicht mehr?«
»Weiß ich doch! Woher weißt du, dass die Wand eingestürzt ist?«
»Weil ich gesehen habe, wie sie sie ausgegraben haben. Da ist sie zusammengefallen.«
Peter gab sich damit zufrieden und musterte die Berge aus Erde und Lehm. »Da ist was vergraben.«
»Ach, hör doch auf!«
»Nein, Sam, schau. Wirklich, da ist was. Schau doch.« Sam sah in die Richtung von Peters Finger. Er hatte recht. Aus der frischen rauen Erdoberfläche ragte etwas heraus, das wie das Ende einer schmutzigen Kiste aussah. »Was machen wir denn jetzt?«
»Wir müssen es natürlich sagen.«
»Und was ist, wenn wir Ärger kriegen, weil wir uns hier rumgetrieben haben?« Richtig, aber … »Wir müssen es trotzdem sagen.«
»Ihr zwei seid also über die Absperrung zu einem Verbrechensschauplatz geklettert und irgendwo reingefallen?« Warrington setzte seine strenge Miene auf. Die armen kleinen Racker hatten beide mächtig Schiss. Sicher hatten ihnen ihre Mütter in den zwanzig Minuten, die es gedauert hatte, bis er hier eintraf, schon ordentlich die Leviten gelesen.
»Nein, sind wir nicht, ehrlich«, sagte der mit den blonden Haaren und dem schmutzigen Pullover.
»Nein, Sir. Wirklich nicht«, insistierte der Dunkelhaarige, Sam, und schüttelte dabei den Kopf. »Wir wollten, aber Mum hat es uns verboten, und wir haben’s nicht gemacht.«
»Aber wir –«, begann der andere, Peter.
»Also doch.« Die Wahrheit kam immer ans Tageslicht. Gehörte wohl zu den Aufgaben eines Polizisten, eingeschüchterten kleinen Jungs Geständnisse abzuringen.
»Nein, Sir«, sagte Sam. Er hatte einen leichten amerikanischen Akzent. »Peter wollte sagen, dass wir hinten herumgegangen sind, aber wir sind nicht über das Band gestiegen.«
»Hinten herum? Wo?« – »An der Hecke«, erklärte Peter. »Wo das Band zu Ende ist. Sam hat recht. Wir sind nicht drübergeklettert. Wirklich nicht.«
»Sieh doch bitte mal nach, Jeffers«, sagte er zu der Sergeantin neben ihm. »Ist da eine Lücke?«
Die beiden Jungen sahen sich an, wobei sie gewiss die Daumen gedrückt hielten und sicherheitshalber noch beteten. Sam kam einen Schritt näher an seine Mutter heran.
»Es gibt eine Lücke, Sir, und jede Menge Fußabdrücke. Alles mit Brombeeren zugewachsen. Die Absperrleute haben sicher gedacht, da käme keiner durch.«
Es stimmte also, was sie bis jetzt gesagt hatten. »Was, glaubt ihr, könnte das denn sein?«, fragte er und wies auf die beiden Kriminaltechniker, die den Gegenstand zu bergen versuchten, ohne die noch stehenden Reste des Bunkers ganz zum Einsturz zu bringen.
»Da drin?«, fragte Peter, als vermutete er eine Fangfrage.
»Genau. In dieser Box, Kiste, Kasten, oder was auch immer es ist.« Er war noch immer nicht überzeugt, dass sie nicht doch was im Schilde geführt hatten.
»Beweismittel?«, mutmaßte Sam.
Warrington verzog noch immer keine Miene. Jeffers bekam den Auftrag, sich bei den Kriminaltechnikern nach dem Stand der Dinge zu erkundigen. Warrington nickte den Jungen zu. »Ich hoffe, ihr habt recht.«
»Hoffentlich erwischt man damit den Mörder«, sagte Sam mit großen, zuversichtlichen Augen. »Wirklich, ich hoffe es von ganzem Herzen, dass Sie diese bösen Männer erwischen und hinter Gitter bringen.«
»Wir tun unser Bestes, mein Freund.«
»Gut. Ich mag keine bösen Männer.« Interessant. »Kanntest du schon mal böse Männer?«
Er nickte. »Als wir noch in Columbus gewohnt haben, sind zwei in unser Haus eingebrochen und haben mich und meine Babysitterin gefesselt.« Armer Kleiner! Kein Wunder, dass er so verängstigt dreinschaute. Seine Mutter legte ihren Arm um seine Schulter. Nette Frau und sehr vernünftig, was auf beide Mütter zutraf. Ließen ihre Kinder ungehindert erzählen, blieben aber ganz in ihrer Nähe.
»Ich wünsch dir, dass dir das nie wieder passiert, Sam.«
»Hab jetzt meinen Dad, der auf mich aufpasst.« Unglaublich, dieses kindliche Vertrauen!
»Das ist sehr gut, Sam. Wo ist denn dein Dad jetzt?«
Er zögerte. Interessant. Lebten die Eltern getrennt? Das würde erklären, warum er alleine mit seiner
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