Unsterbliches Verlangen
Riemen. Meine Güte! Die ländlichen Weiten bekamen ihr wohl nicht. »Nun kenne ich Ihre unverkäuflichen Sachen. Wie steht’s mit dem Rest?«
Dieses Lächeln war kein Sterbliches. Er neigte den Kopf nach rechts, und ein paar blonde Strähnen fielen über sein rechtes Auge. Sie räumte einem sterblichen Menschenmann viel zu viel Macht über sie ein. Sicher, er war attraktiv, ein Bild von einem Mann, aber dass in seiner Nähe ihr Blut in den Adern in Wallung geriet, das war absolut lächerlich.
»Die für den Verkauf bestimmten Sachen hab ich im Lager. Wollen Sie sie vor oder nach dem Tee anschauen?«
Obwohl sie ahnte, dass sie von Michael Langton lieber ganz die Finger lassen und nicht einmal Tee mit ihm trinken sollte, lächelte sie zurück. »Ich schlage vor, Sie zeigen mir die Sachen gleich. Alles Weitere besprechen wir dann bei einer Tasse Tee.«
Drängte sie zu sehr? Er hatte doch gezögert, zuckte aber letztlich mit den Achseln. »Hier lang.« Er öffnete eine massive Tür und überließ ihr den Vortritt.
Die auf den ersten Blick baufällige Holzbaracke zwischen der Töpferei und dem Cottage entpuppte sich als ultramoderne Metallkonstruktion, beinahe klinisch sauber, in der sich die fertigen Töpferwaren in endlosen Regalreihen und einigen versandfertig verpackten Kisten stapelten.
Während sie die langen Reihen flacher Schalen, all die Lampenfüße und Becher begutachtete, musste sie daran denken, wie widersprüchlich doch, im Vergleich zur Fassade, das Innere von Michaels Behausung war. Seltsam. Zum Teufel aber auch. Er war immerhin Künstler, und sie hatte im Lauf der Jahrhunderte genügend Künstler gekannt, sodass sie nichts mehr aus der Fassung brachte.
Im Moment genügte es schon, wenn sie, was Michael Langton anbelangte, am Ball blieb.
Aber sie war ja auch geschäftlich dort. »Wie sieht es bei Ihnen mit Lieferzeiten aus?« Sie nahm eine ovale Schale in der Farbe eines Vogeleis, wie von einem Rotkehlchen, in die Hand.
»Kommt drauf an. Eilaufträge kann ich in einer Woche erledigen, aber in der Regel gehe ich von vier bis sechs Wochen aus. Ich teile meine Kräfte lieber ein und arbeite vorhandene Aufträge kontinuierlich ab.«
»Haben Sie eine Preisliste?«
»Natürlich.« Auch ohne ihn anzusehen, wusste sie, wie sich seine Mundwinkel kräuselten und wie amüsiert seine dunklen Augen dreinblickten. »Ich kann Ihnen eine ausdrucken. Haben Sie spezielle Interessen?«
»Kommt auf die Preise an. Ich hätte gern einiges von den kleinen Schalen, Bechern und Tellern. Am besten mit verschiedenen Glasuren. Und sagen wir mal drei, nein vier von den hohen Lampenschirmen und Vasen.« Sie sah auf, und er nickte. »Ich habe festgestellt, dass sich die kleineren Sachen meist besser verkaufen, wenn ein großes, teureres Exemplar danebensteht.«
Er grinste. Bewundernde Blicke waren ein großer Fehler. »Verstehe. Hinterhältige Verkaufstaktik, hm? Dem Kunden zuerst den Mund wässrig machen, damit er sich am Ende, wenn er sich die teuren Sachen nicht leisten kann, zum Trost was Billigeres kauft.«
Sie grinste zurück. Zum Teufel! Er hatte doch angefangen. »Klappt nicht immer, aber meistens.«
Michael griff über ihre Schulter nach einer flachen, türkisfarbenen Schale. »Nehmen Sie die als Muster«, sagte er, indem er ihr das Teil in die Hand drückte. »Gehen wir doch in die Küche zurück und trinken Tee, während die Preisliste ausgedruckt wird.«
Sie legte die Hände um die glatte, kühle Glasur, und nachdem er die Tür des Warenlagers abgeschlossen hatte, machten sie sich gemeinsam auf den Weg zurück ins Haus. Dafür dass er weit ab von jeglicher Zivilisation lebte, war er sehr auf Sicherheit bedacht, aber andererseits hing ja von diesen Waren sein ganzer Lebensunterhalt ab.
Sie stellte die Schale neben sich auf die Küchentheke und nahm auf dem angebotenen Stuhl Platz; dann sah sie ihm zu, wie er zwei Becher von den Haken unter dem Regal nahm.
Die Becher hatte er selbst angefertigt, dessen war sie sich sicher – man erkannte noch die Abdrücke seiner Finger. Innen und außen waren die Becher weiß glasiert, wobei an manchen Partien der Ton dunkel durchschimmerte. »Milch?«, fragte er höflich.
Sie nickte. »Bitte, aber keinen Zucker.« Geschmacklich stellte das keinen Unterschied für sie dar, aber warum sollte sie ihrem Körper Zucker zuführen, wenn er ohnehin keine Verwendung dafür hatte?
Er goss Tee ein, reichte einen Becher an sie weiter und bot ihr Kekse an. Sie lehnte ab, er selbst
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