Unsterbliches Verlangen
geschehen? Wäre fast einen Besuch bei seinem alten Onkel Sebby wert gewesen, aber James war von vornherein klar, dass Sebastian selbst in einem seiner wenigen hellen Momente ihm gegenüber nie auch nur das Geringste hätte verlauten lassen.
Aber man konnte der Sache doch nachgehen …
Ob es wohl klug wäre, eine der Agenturen zu kontaktieren, deren Dienste Sebastian gelegentlich in Anspruch genommen hatte? Aber nun, da er seine Anwaltszulassung in der Tasche hatte, hatte er eine bessere Verwendung für Sebastians Gelder. In dem Moment klingelte das Telefon.
»James?« Er erkannte den panischen Tonfall von John Rowan, einem Mitglied des vormaligen Zirkels, dem auch sein Onkel angehört hatte. »Wir müssen uns treffen. Wir haben Feuer unterm Dach. Diese verdammten Weiber.«
»Welche verdammten Weiber denn?« Da er soeben zu dem Schluss gekommen war, dass seine Mutter ihn im Stich gelassen hatte, schien es gerechtfertigt, das ganze Geschlecht in den Orkus zu schicken.
»Emily, Ida und Mildred!« Ah, John hatte wieder mal Eheprobleme. Der dumme Kerl sollte ihr Geld fürs Bingo geben und sie in den nächstbesten Bus nach Leatherhead setzen.
»Und du erwartest, ich soll was unternehmen?« Nicht die Bohne scherte ihn das alles. Diese alten Schachteln!
»Hör zu, James, die Sache ist ernst. Ida hat sie alle alarmiert. Es geht um die neuen Bewohner von Orchard House.«
»Und …«
»Ida sagt, die, mit der sie gesprochen hat, ist eine Hexe, und Ida glaubt, sie ist hier, um den Zirkel zu übernehmen. Lächerlich, ich weiß, aber bei all dem Ärger, den wir im letzten Jahr hatten, müssen wir …«
»John, mit ist es so was von egal, was du oder der Rest des Zirkels anstellt. Ich will mit euch nichts zu tun haben. Verstanden?« Er begann zu brüllen, und seine Stimme hallte ihm in den Ohren, aber das war ihm egal. »Euch kann passieren, was will. Mich interessiert das nicht. Ich will mit der ganzen Bande nichts mehr zu tun haben! Ruf mich nie wieder an! Verstanden?«
Er knallte den Hörer mit zitternden Händen auf das Telefon. Diese alten Bastarde! Er wollte nichts mehr mit ihnen zu haben. Ein für allemal. Schließlich verdankte er es Sebastians Verbindung mit diesem Zirkel, angefangen mit diesen alten Vetteln von Orchard House, die ihm diese Versessenheit auf Macht und Magie eingebracht hatte. Eine Obsession, die ihn letztendlich in den Wahnsinn getrieben hatte.
Und ach ja, seine Mutter hatte ja auch viele Stunden dort oben zugebracht. Scheinbar ging alles Ungemach dieser Welt von diesem Haus und diesem Zirkel aus.
James stand auf. Vielleicht wäre es besser, aus dem Haus zu gehen – falls John noch einmal anrufen würde – oder, noch schlimmer, gleich selbst hier aufkreuzen würde, um ihn für den Zirkel zurückzugewinnen. Niemals!
Nachdem er abgesperrt hatte, bummelte James die Einfahrt entlang und bog nach rechts zum Dorf ab. Bei einem Spaziergang und ein wenig frischer Luft bekäme er vielleicht einen klaren Kopf.
»Hi« – Elizabeth sah vom Computer auf, als Antonia die Küchentür öffnete –, »du hast wohl das ganze Mole Valley durchwandert?«
»Bin aus dem Dorf gar nicht rausgekommen.« Antonia zog den anderen Stuhl heraus und setzte sich. »Dafür habe ich zwei potentielle Lieferanten gefunden. Beide sind spitze.«
Elizabeth hörte gespannt zu, musste aber unweigerlich grinsen, als Antonia bei ihrem Bericht über diesen Töpfer immer mehr ins Schwärmen geriet.
»Scheint ja ein leckerer Typ zu sein, in jeder Hinsicht.«
»Bei Abel! Er ist nicht nur eine schnell verfügbare Vene! Er ist ein einzigartiger Künstler, und wir können uns mehr als glücklich schätzen, ihn zu vertreten. Er ist ein ...«
»Schnittchen? Nicht zu verachten?« Elizabeth ignorierte die hochgezogenen Brauen und den strengen Blick. »Begehrenswert?«
»Du lebst wohl gerne gefährlich, Ghul?« – »Nein, ich bin nur nicht blind. Und mit Vampiren habe ich in den letzten Monaten so meine Erfahrungen gesammelt.« Antonia rollte mit den Augen. Sie hätte geseufzt, wenn ihre Lungen es noch zugelassen hätten. »Er ist … interessant und, ich muss zugeben, attraktiv. Ein hübscher, gesunder sterblicher Mann, der schon mal ein, zwei Pint entbehren kann.«
Warum sollte sie zimperlich sein? Sie war ein Ghul, selbst hoffnungslos verknallt in einen anderen Vampir, und ihre Essgewohnheiten waren auch nicht gerade so, dass sie damit eine Einladung in den Buckinghampalast bekommen würde. »Meinst du das wirklich
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