Unsterbliches Verlangen
Sprecherin des Königs und bald als notorische Powerfrau bekannt. Wenige Tage nach Beginn der Verhandlungen erfuhr ich, dass ich gewissermaßen Teil der Vereinbarungen war.« Elizabeth wartete gespannt. »Ich war als Gattin für Aramaughs zweiten Sohn auserkoren.«
»Hast du zugestimmt? Oder wurdest du nicht gefragt?«
»Ich hätte Nein sagen können. Vortax, mein Vater, hätte mich niemals zwangsverheiratet. Zumindest glaube ich das. Ich war gerade mal sechzehn, hatte die Pubertät schon hinter mir und wusste, dass ich über kurz oder lang heiraten sollte, und mit meinem Einverständnis konnte ich die Verteidigungskraft meines Vaterlands erheblich stärken. Noch dazu wusste ich, dass das Bündnis die Zustimmung unseres großmächtigen Königs hatte, König Artus.«
»Du hast also den Sohn von König Aramaugh geheiratet?«
Antonia nickte und nahm einen Schluck Wasser. »Die Hochzeit mit Bram fand zwei Wochen später statt, und nicht einmal ein Jahr darauf brachte ich Zwillinge, zwei Jungs, zur Welt.« Sie hielt inne, der Blick umflort, als würde sie über Jahrhunderte zurückschauen. »Sie galten als glückliches Vorzeichen, da die Frau des älteren Königssohns keine Kinder bekommen konnte. Meine kleinen Jungs waren die große Hoffnung für das Königreich. Und dann, sie waren noch keine zwei Jahre alt und konnten erst wenige Monate laufen – ich stillte sie noch –, wurden sie bei einem Angriff der Sachsen hingemetzelt. Ich wollte sie noch verstecken, aber ein paar Krieger rissen sie mir vom Leib und zerschmetterten ihre Schädel auf dem Boden. Dann schnitten sie mir die Kehle durch, als könnten sie mich damit noch treffen. Gwyltha schlug die Bande in die Flucht, tötete noch ein paar, glaube ich, und schleppte mich in die Wälder, wo sie mich verwandelte. Als ich wieder zu mir kam, sagte sie, ich hätte nun die Chance und auch die Kraft, meine Kinder und meinen Gatten zu rächen. Da hatte ich die Gewissheit, dass Bram tot war, aber geahnt hatte ich es längst. Du kannst dir sicher vorstellen, welche Verwüstungen ein frisch gemachter, rachelüsterner Vampir anrichten kann. Unter uns gesagt, Gwyltha und ich sowie noch zwei andere, die ich nie im Traum für Vampire gehalten hätte, beförderten ein hübsches Quäntchen Sachsen in die Hölle. Darauf hielten sie sich ein paar Jahre lang von diesem Teil der Küste fern, angeblich wegen böser Geister, die dort hausten. In unserem Hass waren wir so gut wie unbesiegbar.«
»Entschuldigung, möchten Sie noch ’ne Nachspeise oder was anderes?«
Beide starrten sie die Kellnerin an wie ein Wesen von einem anderen Stern, das sie nicht verstanden. In gewisser Weise war sie das auch. Elizabeth war ins Britannien des fünften Jahrhunderts zurückbefördert worden, durch das Antonia sie, auf einer Art Höllentrip durch die eigene Vergangenheit, begleitete.
»Danke«, sagte Elizabeth trotzdem, als die junge Frau die Teller abräumte. »Nachtisch gibt’s bei uns heute keinen.«
»Völlig in Ordnung.« Sie grinste, als sie das Trinkgeld einsteckte, das Elizabeth ihr gegeben hatte. »Hoffentlich bis zum nächsten Mal, ja?«
Sie trippelte zurück in die Küche, und Elizabeth hoffte, Antonia würde ihre Geschichte weitererzählen. Doch sie beließ es dabei, und man konnte es ihr auch nicht verübeln. Schließlich hatte Elizabeth selbst genügend schlimme Dinge erlebt, an die sie lieber nicht rühren wollte, aber das war nichts im Vergleich zu dem, was Antonia durchgemacht hatte. Schweigend trank sie ihr Wasser aus und wollte Antonia gerade fragen, ob sie aufbrechen sollten, als ein großer Mann auf sie zugestürzt kam, die Tischkante packte und Antonias Wasser auf den Boden stieß.
4
Elizabeth erstarrte und wusste einen Moment lang überhaupt nicht, was da vorging. Antonia reagierte schneller, stellte das ungekippte Glas wieder hin und fasste den Mann ins Auge. »Entschuldigung«, rief sie, indem sie versuchte, Kontakt zu Alf an der Bar aufzunehmen. »Wir bräuchten mal was zum Aufwischen.«
»Ihnen rate ich, aus Bringham zu verschwinden!«, fuhr sie der Mann an, nicht ohne auch Elizabeth böse anzufunkeln. »Sehen Sie zu, dass Sie wegkommen, dorthin, von wo Sie gekommen sind, und lassen Sie uns in Ruhe.«
»Wer sind Sie überhaupt?«, brachte Elizabeth zustande.
»Das würden Sie wohl gerne wissen«, blaffte er zurück, wobei sie in den vollen Genuss seiner Alkoholfahne kam. »Aber ich weiß, wozu Ihre Bande gut ist: Ihr bringt nichts als Ärger und macht anderen
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