Unten Am Fluss - Watership Down
seinen drei Begleitern war nur Silver munter und unversehrt. Buckthorn war im Gesicht verwundet, und Strawberry zitterte und war offensichtlich krank vor Erschöpfung. Sie hatten keine anderen Kaninchen bei sich.
26. Fiver
Auf dieser furchtbaren Reise, nachdem der Shaman durch dunkle Wälder und über große Bergketten gewandert ist,... erreicht er eine Öffnung im Boden. Die schwierigste Phase des Abenteuers beginnt jetzt. Die Tiefen der Unterwelt öffnen sich vor ihm.
Uno Harva, zitiert von Joseph Campbell in The Hero with a Thousand Faces
Fiver hatte sich auf dem Boden des Baus ausgestreckt. Die Downs lagen immer noch in der starken, hellen Nachmittagshitze. Tau und Sommerfäden waren früh von den Gräsern getrocknet, und die Finken vom Vormittag waren in Schweigen versunken. Über der weiten Fläche des borstigen Rasens zitterte die Luft. Auf dem Fußpfad, der an dem Gehege vorbeiführte, rieselten und glitzerten helle Lichtfäden wie Wasser – eine Luftspiegelung – über sehr kurzes, sehr weiches Gras. Aus der Ferne schienen die Bäume am Rande des Buchenhanges voll großer dichter Schatten, undurchdringlich für das geblendete Auge. Das einzige Geräusch war das »Zip, zip« der Heuschrecken, der einzige Geruch der nach warmem Thymian.
Im Bau schlief Fiver und erwachte durch die Hitze des Tages in unbehaglichem Gefühl, fuchtelte herum und kratzte sich, als die letzten Spuren von Feuchtigkeit aus der Erde über ihm austrockneten. Einmal, als pulverige Erde vorn Dach herunterrieselte, sprang er aus dem Schlaf auf und war schon in der Mündung des Laufes, ehe er zu sich kam und an seinen Platz zurückkehrte. Jedesmal, wenn er erwachte, erinnerte er sich an Hazels Fehlen und erlitt wieder die Qual der Erkenntnis, die ihn durchbohrt hatte, als das schattenhafte, hinkende Kaninchen im ersten Morgenlicht auf dem Hügelland verschwunden war. Wo war dieses Kaninchen jetzt? Wohin war es gegangen? Er begann, ihm auf den verschlungenen Pfaden seiner Gedanken über die kalte, taunasse Hügelkette und in den Frühnebel der darunterliegenden Wiesen zu folgen.
Der Nebel wirbelte um Fiver, als er durch Disteln und Nesseln kroch. Jetzt konnte er das hinkende Kaninchen vor sich nicht mehr sehen. Er war allein und hatte Angst und nahm doch alte, vertraute Geräusche und Gerüche wahr – die des Geländes, wo er geboren war. Das dichte Unkraut des Sommers war verschwunden. Er befand sich unter den kahlen Eschenästen und dem blühenden Schlehdorn des März. Er überquerte den Bach, ging den Hang hinauf zum Feldweg, zu der Stelle, wo Hazel und er auf die Anschlagtafel gestoßen waren. Ob die Tafel noch da war? Er blickte furchtsam den Hang hinauf. Die Sicht war vom Nebel verhangen, aber als er dem Gipfel näher kam, sah er einen Mann mit einem Haufen Werkzeugen beschäftigt – einem Spaten, einem Strick und anderen, kleineren Geräten, deren Verwendungszweck er nicht kannte. Die Anschlagtafel lag auf dem Boden. Sie war kleiner, als er sie in Erinnerung hatte, und an einem einfachen, langen viereckigen Pfosten befestigt, der am unteren Ende spitz zulief, um in die Erde gesteckt zu werden. Die Oberfläche der Tafel war weiß, genau, wie er es vorher gesehen hatte, und bedeckt mit scharfen schwarzen Linien wie Stöcke. Fiver kam zögernd den Hang hinauf und blieb dicht neben dem Mann stehen, der in ein tiefes, enges, zu seinen Füßen in den Boden gegrabenes Loch hinunterblickte. Der Mann drehte sich zu Fiver mit jener Liebenswürdigkeit um, die ein Ungeheuer seinem Opfer gegenüber zu zeigen pflegt, von dem beide wissen, daß er es töten und fressen wird, sobald es ihm paßt.
»Ha? Und was tue ich hier, hm?« fragte der Mann. »Was tust du wirklich?« antwortete Fiver glotzend und vor Angst zuckend.
»Ich stell' die Anschlagtafel hier auf«, sagte der Mann.
»Und ich nehm' an, du willst wissen, weshalb, hä?«
»Ja«, flüsterte Fiver.
»Es is' für den alten Hazel«, sagte der Mann. »Nur, wie es is', müssen wir ein bißchen 'ne Mitteilung aufstellen, seinetwegen, siehste? Und was glaubst du wohl, sagt sie, hä?«
»Ich weiß nicht«, erwiderte Fiver. »Wie – kann eine Tafel überhaupt etwas sagen?«
»Tja, aber sie tut's, siehste?« antwortete der Mann. »Da wissen wir was, was du nicht weißt. Deshalb bringen wir euch um, wenn es uns paßt. Jetzt mußte dir diese Tafel da genau ansehn, und dann wirste wahrscheinlich mehr wissen, als was de jetzt weißt.«
In dem fahlen, nebligen Zwielicht starrte Fiver die
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