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Unter allen Beeten ist Ruh

Unter allen Beeten ist Ruh

Titel: Unter allen Beeten ist Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auerbach , Keller,
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eine Drohung«, scherzte Pippa.
    Kästner lachte herzlich. »Ist es auch. Vor Viktor und Dorabella haben hier alle Respekt. Alle. Ohne Ausnahme. Sogar meine Holde.« Er wandte sich zum Haus und rief: »Gerdi! Unser Gast ist da!«
    Eine sportlich wirkende junge Frau trat aus der Tür. Sie hatte schwarze, zu einem Pferdeschwanz gebundene Haare, trug ein einfaches Shirt und über dem Knie abgeschnittene Jeans. Ihre ganze Erscheinung erinnerte Pippa an jemanden, aber ihr wollte nicht einfallen, an wen.
    Gerdi begrüßte sie ebenso herzlich wie Stephan und bat Pippa an einen gedeckten Tisch. »Setz dich doch. Waldmeisterbowle?«
    Pippa nickte und stellte zufrieden fest, dass hier allein Viktors Wort gereicht hatte, sie nahtlos in die Gruppe der erwünschten Personen einzureihen.
    Dorabella und Herr X saßen bei Kerzenschein auf einem Samtsofa in Doras Häuschen. Vor ihnen standen zwei gefüllte Weingläser und eine zierliche Porzellan-Etagere mit Pralinen. Herr X holte aus einer Keramikdose ein paar getrocknete Blüten, zerrieb sie zu kleinen Krümeln und stopfte diese in eine langstielige Tabakspfeife, die er Dorabella reichte.
    »Meine Liebe, dir gehört der erste Zug.«
    »Nach dir«, sagte Dorabella.
    Herr X knipste ein Feuerzeug an, hielt die Flamme an den gefüllten Pfeifenkopf und zog. Es knisterte leise, und Herr X inhalierte tief. Als er den Rauch ausblies, verbreitete sich süßlich-würziger Duft im Raum. Er reichte die Pfeife an Dorabella weiter und hielt die Flamme an den Kopf, während die alte Dame rauchte. Ihr Blick wurde verschwommen, und sie lehnte sich entspannt zurück.
    Herr X kicherte. »Also wirklich! Kein Auge zubekommen! Schauspielerin!«
    Die Pfeife wanderte noch einmal zwischen ihnen hin und her, dann legte Herr X sie im Aschenbecher ab. Er warf Dorabella, die mit geschlossenen Augen im Sofa lehnte, einen besorgten Blick zu. Als hätte sie es gespürt, öffnete sie die Augen.
    »Geht es dir gut, Dora?«
    Sie nickte. »Sieht man das nicht?«
    Herr X lächelte. »Du hast mit Appetit Erbsensuppe gegessen, habe ich gehört. Das hat mich gefreut.«
    Sie deutete auf die erloschene Pfeife. »Dank Mother Hemp. Was würde ich in meiner Lage nur ohne meine beste Freundin tun? Ich bin so froh, dass ihr mich mit ihr bekannt gemacht habt.«
    »Ich möchte nicht wissen, was du gedacht hast, als wir dir davon erzählt haben«, sagte er.
    Dorabella forderte ihn mit einer Geste auf, die Pfeife noch einmal zu stopfen. »Das kann ich dir sagen, mein Freund. Ich war entsetzt. Ich sollte Drogen konsumieren? Hasch rauchen?«
    »Gras«, korrigierte er liebevoll.
    Sie winkte ab. »Was auch immer. Drogen jedenfalls. Verbotene Drogen. Damals wusste ich ja nicht, dass es mir wirklich hilft, meine Krankheit auszuhalten.«
    »Das konnten wir nicht mehr mit ansehen. Du bist immer dünner und schwächer geworden, weil du keinen Appetit mehr hattest«, erinnerte er sich.
    Dorabella wurde ernst. »Ich kann verstehen, warum die jungen Leute gerne Gras rauchen. Es entspannt und macht friedlich.«
    Herr X runzelte die Stirn. »Alles zur richtigen Zeit und am richtigen Ort. Ich möchte nicht von einem bekifften Autofahrer über den Haufen gefahren werden. Und viele Jugendliche fangen einfach zu früh damit an. Die werfen dann die Schule hin, weil sie morgens schon bedröhnt sind.«
    »Aber für mich ist es ein Segen. Es hilft mir wie kein anderes Medikament. Ist es nicht widersinnig, dass ich ohne Probleme Morphium bekomme, von dem ich todsicher süchtig werde, mich mit diesem kleinen Pfeifchen aber strafbar mache?«
    »Na, in deinem Alter würden sie dich bestimmt nicht in den Knast stecken.«
    Er reichte ihr die Pfeife. Ihre Hände zitterten leicht, die blauen Adern standen stark hervor.
    »Aber sie würden mir meine Pflanzen wegnehmen. Und dann …«
    »Die sind in deinem Gewächshaus gut versteckt. Einseitig durchsichtiges Glas. Tolle Erfindung. Es kann nichts passieren.«
    »Dein Wort in Gottes Ohr«, sagte Dorabella und ließ sich von ihm Feuer geben.
    »Kann ich dir helfen?«, fragte Pippa.
    Gerdi Kästner schüttelte den Kopf. »Ist alles fertig. Wir warten nur noch auf meinen Bruder – ah, da ist er ja. Dann können wir anfangen. Kinder! Hände waschen! Nante, hilfst du Stephan mit dem Fleisch?«
    Pippa drehte sich verblüfft um. »Nante! Sie sind Gerdis Bruder? Deshalb kam sie mir so bekannt vor.«
    Nante verbeugte sich vergnügt. »Sie ist die Ältere und Weisere. Und ich kann besser dichten.«
    »Ihr siezt euch?«

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