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Unter allen Beeten ist Ruh

Unter allen Beeten ist Ruh

Titel: Unter allen Beeten ist Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auerbach , Keller,
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fuhr Nante auf, wurde aber von seiner Schwester mit einem erneuten scharfen »Nante!« gebremst. Stephan sagte nichts.
    »Danke, dass ich euer Gast sein durfte«, verabschiedete sich Pippa, »ich revanchiere mich, versprochen.«
    Alle persönlichen Gegenstände hatte die Familie bereits eingepackt, und ihr Häuschen sah nackt und unbewohnt aus.
    Pia Peschmann schüttelte Pippa die Hand. »Ich heiße Pia.«
    »Ich bin Pippa.«
    »Ein schöner Name – Pippa. Ungewöhnlich. Englisch?«
    Pippa nickte. »Meine Mum ist Britin mit einer ausgeprägten Vorliebe für Namen, die es nicht nur in Deutsch und Englisch gibt, sondern die auch Doppelkonsonanten enthalten. Mein Vater zieht meine Mutter regelmäßig damit auf, dass er bei ihr nur eine Chance hatte, weil er Bolle heißt.«
    Pippa blickte sich neugierig um. »Und das wollt ihr alles zurücklassen? Die Möbel sind doch in Ordnung.«
    »Wir ziehen nach Toulouse«, erklärte Pia, »mein Göttergatte arbeitet bei Airbus. Bisher ist er wochenweise gependelt, aber wir haben uns entschieden, endlich mitzugehen. Und jetzt fangen wir langsam an, unsere Zelte in Berlin abzubrechen.« Sie seufzte. »Ich werde Schreberwerder furchtbar vermissen. Aber je konsequenter ich mich trenne, desto besser.«
    Ein verschwitzter Mann kam zur Tür herein. Er stutzte bei Pippas Anblick.
    »Darf ich vorstellen? Jochen, mein Mann. Jochen, das ist Pippa. Sie hütet Viktors Parzelle, solange er in …?« Sie sah Pippa hilfesuchend an.
    »Italien«, soufflierte Pippa.
    »In Italien ist«, beendete Pia Peschmann ihren Satz.
    »Freut mich«, sagte Jochen Peschmann. »Deine Bekanntschaft zu machen, meine ich. Nicht, dass Viktor in Italien ist.« Er lachte. »Ich rede wirres Zeug. Einfach nicht auf mich hören. Dieser Umzug macht mich konfus.«
    »Bist du draußen fertig?«, fragte Pia, und ihr Mann nickte.
    »Dann ab unter die Dusche, und ich mache uns einen Tee. Du auch eine Tasse, Pippa?«
    Pippa nickte. Ihre Neugier wuchs mit jeder Minute, die sie in der Gesellschaft der beiden verbrachte. Durch die offene Aversion der übrigen Inselbewohner den »Verrätern« gegenüber hatte sie sich das Ehepaar anders vorgestellt: kleingeistig, geldgierig, ohne Moral.
    Pia stellte eine Dose mit Keksen und drei angeschlagene Porzellanbecher auf den einfachen Esstisch. »Du musst entschuldigen, die Tassen sind etwas rustikal, aber das meiste ist schon in Kartons.«
    »Auf den Inhalt kommt es an, nicht auf die Verpackung«, sagte Pippa und setzte sich.
    Jochen tauchte in frischer Kleidung und mit feuchten Haaren wieder auf.
    »Du arbeitest in Toulouse? Die Gegend soll ja sehr schön sein.«
    »Ich zeige dir Fotos!« Pia sprang auf und verschwand im Nebenraum.
    »Ich liebe die Stadt«, sagte Jochen, »sie ist jedem gegenüber tolerant. Ein bisschen wie Berlin.«
    Pippa zuckte innerlich zusammen.
    Sie konnte nur hoffen, dass niemand je herausfand, wie weit sie sich von dieser Toleranz entfernt hatte, als sie bereit gewesen war, die Meinung der anderen über die Peschmanns völlig kritiklos zu übernehmen. Sie blätterte durch das Fotoalbum, das Pia ihr gebracht hatte, und betrachtete interessiert die wunderschönen Landschaftsaufnahmen des Canal du Midi, der Garonne und der Montagne Noir.
    Jochen strahlte Pippa an. »Wir suchen bereits nach einem passenden Haus in der Umgebung von Toulouse. Mit den fünfundzwanzigtausend, die uns Erdmann für unsere Parzelle versprochen hat, kommen wir unserem Traum ein ganzes Stück näher. Damit könnten wir eine ordentliche Anzahlung leisten.«
    Unter den Dingen, die den Umzug nach Frankreich nicht mitmachen würden, entdeckte Pippa nicht nur einige Kerzenständer, die ihr gefielen, sondern auch einen breitkrempigen Sonnenhut mit roter Schleife samt riesiger Hutnadel. Voll bepackt machte sie sich in der Dunkelheit auf den Heimweg.
    Es war der erste wirklich warme Juniabend, und der feine Sand knirschte unter ihren Schritten, als sie auf Viktors Haus zuging. Sie dachte daran, wie sehr sie sich auf Karin freute, als eine Männerstimme sie unvermutet ansprach.
    »Pippa Bolle, nicht wahr?«
    Sie fuhr erschrocken herum, und zwei der Kerzenständer landeten im Sand.
    Ein Mann, etwas jünger als sie selbst, war auf den Weg getreten. Er lächelte und deutete eine Verbeugung an. »Wenn ich mich vorstellen darf: Lutz Erdmann. Und Sie sind die junge Dame, die Viktors Platz eingenommen hat, möchte ich meinen.«
    »Stimmt«, sagte Pippa, während sie darauf wartete, dass ihr Gegenüber sich als

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