Unter allen Beeten ist Ruh
Junge spähte um Pippa herum ins Innere der Hütte. »Tag, Onkel X.«
»Tag, Emil«, erwiderte Herr X.
»Ich gehe dann mal wieder«, sagte Emil. Er sah Pippa forschend an und fragte dann vorsichtig: »Wenn du in Opa Viktors Haus wohnst, machst du dann alles genauso wie Opa Viktor?«
»Ich denke schon. Wie wäre es, wenn du mir später genau erklärst, was ›alles‹ ist, damit ich nichts falsch mache?«
Der Junge nickte eifrig. »Mach ich. Bis nachher dann.« Er drehte sich um und schickte sich an, zu gehen.
»Und wann ist nachher?«, fragte Pippa.
Emil hüpfte bereits in Richtung Gartentor. »Jetzt!«, rief er über die Schulter zurück und winkte dann jemandem außerhalb Pippas Blickfeld enthusiastisch zu.
Sekunden später kam Dorabella von Schlittwitz in Sicht. Sie stützte sich auf ihren Gehstock und ging langsam den Weg entlang auf Pippa zu. Sie zog einen kleinen Bollerwagen hinter sich her.
»Guten Tag, meine Liebe«, sagte Dorabella, »wie ich sehe, geben sich die Nachbarn hier die Klinke in die Hand. Hat Emil seine Neugier nicht mehr ausgehalten? Zauberhafter kleiner Junge.«
»Ich habe gerade erfahren, dass bei den Kästners Würstchen für mich auf dem Grill liegen.«
Dorabella lächelte und zeigte auf den Korb in ihrem Bollerwagen. »Ich bringe den Aperitif, meinen selbstgebrannten Himbeergeist.«
»Immer herein. Herr X ist auch gerade da.«
Pippa nahm den Korb und half Dorabella die zwei Stufen zum Haus hinauf.
Herr X und Dorabella begrüßten sich, und Pippa holte Schnapsgläser aus dem Küchenschrank.
»Möchte jemand Kaffee dazu?«, fragte Pippa.
»Mir genügt Alkohol«, sagte Herr X grinsend, der sich in Dorabellas Gegenwart sichtbar entspannte.
»Bloß keinen Kaffee, sonst bekomme ich heute Nacht kein Auge zu«, erklärte Dorabella, »und wenn ich etwas brauche, dann ist es mein Schönheitsschlaf.«
Herr X lachte. »Als ob du mit dem Einschlafen Probleme hättest, Dora. Und wenn, dann komme ich rüber und lese dir eine Gutenachtgeschichte vor.«
Zu Pippas Verwunderung stießen die beiden sich an und kicherten wie Verschwörer. »Versprochen?«, fragte Dorabella. »Dann bring mich mal zurück, damit Pippa zu den Kästners kann. Ich rieche Stephans Käsewürstchen bis hierher.«
Herr X reichte Dorabella galant den Arm, und die beiden verschwanden in der anbrechenden Dämmerung.
Fünf Minuten später schlenderte Pippa selbst die Dorfstraße entlang. Gleich neben Erdmanns Prunksitz stand »Die Peschmanns« auf einem Keramikschild am Gartentor. Die Besitzer waren damit beschäftigt, ihre Sachen zu packen. Vor der Hütte standen gefüllte Taschen und Kartons, durch das geöffnete Fenster dröhnte ein Staubsauger. Die Parzelle grenzte direkt an Erdmanns Grundstück, so dass er sich wie ein Ausschlag immer weiter ausbreiten konnte, wenn die Peschmanns an ihn verkauften.
»Hier sind wir!«, rief eine Kinderstimme von der Seite.
Emil Kästner stand im offenen Tor der nächsten Parzelle und grinste sie zahnlückig an.
»Oh, da wäre ich ja beinahe vorbeigelaufen. Wie gut, dass du aufgepasst hast«, sagte Pippa, und der kleine Junge strahlte stolz.
Pippa folgte ihm einen gepflasterten Weg entlang. Die Hütte der Kästners stand auf dem hinteren Teil der Parzelle, die wie mit einem Lineal in zwei Hälften geteilt war. Links lag der Nutzgarten mit Gemüse- und Kräuterbeeten, verschiedenen Beerensträuchern und Obstbäumen. Rechts war das Reich der Kinder, mit Rutsche und Sandkasten.
In einem aufblasbaren Planschbecken schwammen Plastikboote und eine Armada gelber Gummienten. Drei kleine blonde Kinder stritten um die einzige Schaukel, die am Ast eines großen Laubbaumes befestigt war. Auf einem gepflasterten Platz stand ein ebenfalls blonder, hochgewachsener Mann an einem Grill und wendete mit einer Grillzange die Fleischstücke und Würstchen auf dem Rost.
»Das sind meine Geschwister«, erklärte Emil, »Anton, Lotte und Luise.«
Pippa stutzte einen Moment, sah von einem Kind zum anderen und grinste dann. »Freut mich, endlich die echten Kästner-Kinder kennenzulernen.«
Emil hüpfte aufgeregt auf und ab. »Papi! Papi! Die Pippa Bolle ist da!« Der Mann am Grill sah hoch. Er kam lächelnd auf Pippa zu und streckte ihr die Rechte hin. »Willkommen bei den Kästners. Ich bin Stephan.«
Sie schüttelte die angebotene Hand. »Danke für die Einladung.«
Stephan Kästner nickte. »Viktor hat mächtig Werbung für dich gemacht. Wir sollen gefälligst nett zu dir sein.«
»Klingt wie
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