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Unter allen Beeten ist Ruh

Unter allen Beeten ist Ruh

Titel: Unter allen Beeten ist Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auerbach , Keller,
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»
    Nante deutete nach draußen in den Regen. »Kein feuriger Sonnenuntergang heute. Das bleibt so bis morgen.«
    Er grinste und deklamierte: »Und fehlt der Stadt der Sonnenschein, dann kehr auf Schreberwerder ein und trinke Pippas Einstandswein!«

Kapitel 5
    D ie nächsten zwei Tage waren nichts als Regen und Ruhe. Nichts tropfte mehr, und im Ofen knisterte und knackte das Holz. Pippa arbeitete beharrlich und mit Hilfe vieler Liter Tee. Sie hatte gerade ein besonders kniffliges Kapitel über Witterungseinflüsse auf das Paarungsverhalten der Haubentaucher abgeschlossen, als es an der Tür klopfte.
    Sie stand auf, streckte ihre steifen Glieder und öffnete. Herr X lächelte sie schüchtern an und trat von einem Bein auf das andere. Er hielt einen schäbigen Karton an die Brust gedrückt.
    »Komm doch rein«, sagte Pippa und öffnete einladend die Tür.
    »Nur, wenn ich nicht störe.«
    Sie schüttelte vehement den Kopf. »Ich habe für heute wirklich genug gearbeitet.«
    Herr X errötete leicht und trat ins Haus. Er stand verlegen mitten im Raum und schien nicht weiterzuwissen.
    »Setz dich doch. Tee?«
    Herr X schüttelte den Kopf. Er stellte den Karton mitten auf den Tisch. »Für dich. Als Willkommensgeschenk.«
    »Ach, das ist aber nett. Danke schön.«
    Sie öffnete das Geschenk und tastete sich durch Holzwolle, bis ihre Finger auf etwas Glattes stießen.
    »Vorsicht, zerbrechlich«, murmelte Herr X. »Darf ich?«
    Als Pippa nickte, griff er in den Karton und zog ein gläsernes X heraus, das er vorsichtig auf den Tisch stellte. Er wühlte noch einmal durch die raschelnde Holzwolle und förderte zwei gläserne Stopfen zutage, wie man sie für angebrochene Weinflaschen verwendet.
    »Für dich«, wiederholte Herr X und sah sie erwartungsvoll an.
    Pippa sah ratlos auf das Geschenk.
    »Gefällt es dir nicht?« Er sah enttäuscht aus.
    »Doch, ich finde alles aus Glas sehr … elegant.«
    Herr X strahlte. »Du kannst es als Vase benutzen«, erklärte er, »oder als Likörkaraffe. Ganz wie du willst.«
    »Ich könnte farbiges Wasser hineinfüllen und es auf die Fensterbank stellen«, schlug Pippa vor, »es sieht bestimmt schön aus, wenn die Sonne hindurchscheint.«
    Wieder errötete Herr X.
    Bevor das Schweigen unbehaglich werden konnte, deutete Pippa auf das gläserne X. »Kannst du von deiner Kunst leben?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Geht mal besser, mal schlechter. Ich brauche nicht viel. Ich baue im Garten viel Obst und Gemüse an. Parzelle und Haus gehören mir. Von Zeit zu Zeit verkaufe ich eine Skulptur. Das reicht. Und wenn es nicht reicht, biete ich einem neureichen Heini übriggebliebene Xe als moderne Gartenzaunskulptur an. Das funktioniert immer. Genau so, als ob Hundertwasser ein Haus anmalt.«
    Aus diplomatischen Gründen verzichtete Pippa auf einen Kommentar dazu, dass Herr X sich mit Friedensreich Hundertwasser auf eine Stufe stellte. Stattdessen wechselte sie das Thema.
    »Hat Lutz dir auch Geld für deine Parzelle geboten?«
    Herr X schnaubte verächtlich durch die Nase. »Zwanzigtausend. Dieser Idiot kann einfach nicht begreifen, dass mir das Geld völlig gleichgültig ist. Aber du lebst doch von der Hand in den Mund , hat er gesagt, für dich müssen zwanzigtausend doch ein Vermögen sein! Dieser Kleingeist. Versteht rein gar nichts von den wahren Dingen des Lebens.«
    »Immerhin hat er schon eine ganze Menge Unfrieden gestiftet zwischen den Insulanern«, sagte Pippa und dachte an Luis’ Bemerkungen.
    »Das kannst du laut sagen. Der gibt nicht so schnell auf. Morgen schmeißt er eine Riesenparty für uns Insulaner, um uns rumzukriegen.«
    Pippa sah Herrn X erstaunt an. »Und da geht ihr hin?«
    »Alle gehen hin. Um sein pompöses Buffet zu plündern und seinen Rasen zu zertrampeln. Dafür hören wir auch seinen Vorträgen zu und freuen uns bei einem gepflegten Glas Champagner, dass nichts draus werden wird. Hanf-Hotel! Braucht doch kein Mensch.«
    Pippa wurde einer Antwort enthoben, weil die Glocke am Gartentor bimmelte. Ein etwa siebenjähriger Junge mit weizenblondem, zerzaustem Haarschopf kam zur Haustür gehüpft.
    »Du bist Pippa Bolle«, verkündete der Knirps, »und du sollst nachher zum Essen kommen. Bei uns.«
    Pippa sah lächelnd auf den Kleinen hinunter. »Und wo ist das?«
    »Bei Mama und Papa. Du bist neu auf der Insel, und du sollst zum Grillen kommen. Wo ist denn Opa Viktor?«
    »Der ist im Urlaub. Ich wohne solange in seinem Haus und passe ein bisschen auf.«
    »Hm.« Der

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