Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
sollte danach kommen? Die anderen Thaine würden sich gewiss gegen ihn verbünden, wenn er sie bedrohte. Sie wären sicher nicht so dumm, dass einer nach dem anderen gegen ihn zu Felde zog, während die anderen abwarteten, ob sich ihr Problem nicht von alleine lösen würde. Und wie sollte er eine Stadt wie Königsberg oder gar den Idenstein belagern? Es war einfach unmöglich zu schaffen, was Whenda da geplant hatte. Whenda wusste schon seit der Meerburg, dass der Baron nicht für ein vereintes Fengol in den Krieg ziehen würde. Als sie zusammen mit Turgos den Idenstein erblickt hatte, war sie sich selbst ihrer Sache nicht mehr sicher gewesen. Dass der Baron nach dem Anblick dieser gewaltigen Stadt nicht einmal mehr über ihren Plan reden wollte, war ihr sofort aufgefallen. Er schien sich ja nicht einmal mehr sonderlich für die Befestigungen dort zu interessieren, so wie er es noch in der Hochstadt und in der Meerburg getan hatte. So standen sie einen Moment still da und jeder suchte nach den richtigen Worten. Whenda sprach als Erste wieder.
»Sei dir gewiss, ich verstehe deine Entscheidung und kann sie sehr gut nachvollziehen.« Turgos war etwas erleichtert. »Aber du hast sie nur deshalb gefällt, weil das Dunkel dir noch nicht gegenüberstand. Hätte es dies getan und wärest du, wie ich, seiner ansichtig geworden, dann würde dein Schicksal einen anderen Verlauf nehmen. Ich hoffe nur, dass es nicht über euch kommen wird, wenn Maladan schon lange gefallen ist und euch keine Hilfe mehr bleibt. Doch vielleicht hast du sogar das Glück, dass in deinen Tagen noch alles zum Besten bleibt, so wie du es kennst. Aber schon deine Kinder und spätestens deren Kinder werden dann einen Kampf führen müssen, aus dem sie niemals mehr als Sieger hervorgehen können.« Traurig sah sie ihn an. Das Schlimmste an der ganzen Sache war für sie, dass sie ihn so gut verstand.
»Wenn es so kommt, wie du sagst«, antwortete er, »und glaube mir, ich zweifle nicht mehr an deinen Worten, liebe Whenda. Auch dann müsste ich mich so entscheiden, wie du es vorhergesehen hast. Denn wer sind wir Menschen, dass wir uns mit Mächten messen wollen, die selbst die mächtigen Anyanar Maladans in die Knie zwingen? Jeder Tag, den wir jetzt noch gut und gemeinsam ver -bringen, soll mein Geschenk an mein Volk sein. Solltest du recht behalten, wird die Welt sowieso untergehen und die Tage der Völker sich zu ihrem unausweichlichen Ende hin neigen. Doch jeden Tag, an dem wir unter den Unseren sind, sollten wir bis dahin mit Freude erleben. Keinen Krieg mag ich meinem Volk bringen. Und keinen Krieg mag ich führen, dessen Ende ich selbst dann, wenn er siegreich sein sollte, niemals erleben würde. Im Norden sind noch die großen Thainate Fengols, wie du mir erzählt hast. Aber schon die, welche wir durchreisten, bedürfen mehr als eines Menschen Leben, um sie zu erobern und dann zu befrieden, auf dass sie einem Herrscher Gefolgschaft leisten.«
Diese Zeitrechnung schien Whenda zwar sehr gewagt, doch vom Standpunkt Turgos’ war sie sicher fast als seriös anzusehen. Als er fertig gesprochen hatte, sah sie ihn an.
»Gut, dann sollten wir uns morgen wieder in den Süden aufmachen, damit du nach Hause kommst. Deine Baronie braucht ihren Herren.« Whenda hatte keine Bitterkeit in der Stimme und schien es so zu meinen, wie sie es sagte. Turgos hatte mehr Gegenwehr von der Anyanar erwartet. Dass sie ihm nun recht gab und zu resignieren schien, machte ihn jedoch wütend. Er mochte es nicht leiden, dass Whenda verloren hatte. Auch wenn er nicht an ihrer Seite in einen Krieg ziehen würde: Er wollte unbedingt den Falkenstein sehen. Ihn interessierte die Geschichte des Reiches von Fengol doch mehr, als er bisher vorgegeben hatte. Der Händler hatte auch einen Landstrich erwähnt, den er Xenorien nannte. Sicher war dieser nach dem sagenhaften Fürsten von Fengol benannt.
»Ich möchte zum Falkenstein gehen und ihn mir ansehen«, sagte er nun sehr bestimmt zu Whenda.
Die Anyanar setzte sich auf den Rand des großen Bettes, welches fast den gesamten Raum ausfüllte. »Es ist zu gefährlich, Turgos«, wies sie ihn ab. »Die Gründe dafür muss ich dir nicht noch einmal nennen.«
»Gefahr hin oder her, nun sind wir hier, und ich möchte nicht zurückkehren, ohne die Größte aller Festungen der Thainlande gesehen zu haben.«
Er machte ein ernstes Gesicht, doch Whenda war noch betrübt über das vorangegangene Gespräch und nicht zu einer scharfen Gegenrede
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