Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
verließ. Diese hatte er ausgeliehen, weil Filfilion neue Aufmarschpläne ausarbeiten wollte, die davon ausgingen, dass das Atarfor von den Feinden Maladans eingenommen wurde und die dann der Verteidigung des Tals von Ruthor und Odenbergs dienen sollten. Dies sah für alle Eingeweihten wie nach einem groß angelegten Verrat aus und Eilirond hatte sofort angeordnet, dass diese Informationen nicht weiter verbreitet werden durften. Er fürchtete um die Moral des Volkes, wenn wilde Gerüchte die Runde machten. Valralka erschütterte dieses Wissen jedoch umso mehr, als es Eilirond einzudämmen versuchte, was ihm auch nicht gelang. Zu viele in der Heerführung wussten davon. Aber wenn es wirklich einen geplanten Aufstand gegen die Königin gab, dann war sie auch im Palast nicht mehr sicher. Wem konnte sie noch trauen? Es mochte den Heermeistern missfallen, dass sie unter einer Fünfzehnjährigen dienen mussten. Doch dass sie deswegen gar an eine Absetzung der Königin dachten, mochte sie nicht glauben. Sie hatte bisher einfach zu wenig Einfluss auf den Verlauf des Krieges genommen, als dass sie sich Feinde gemacht haben könnte.
Nerija teilte ihre Sicht der Dinge, auch wenn Eilirond weiter zur Vorsicht gemahnte. Der Großmeister witterte nun hinter allen Dingen, die in irgendeiner Weise misslangen oder schlecht ausgeführt wurden, den Verrat an Maladan. Diese Situation musste so schnell wie möglich ein Ende haben. Valralka stellte fest, dass sie ihre Entscheidung schon einen Tag nach den Vorfällen getroffen hatte. Sie wusste nicht, warum sie sie noch ändern sollte. Sie würde Menras in Abwesenheit zum Tode verurteilen. Dasselbe galt für Turalindor. Gundir würde sie selbst richten, wie es das Gesetz verlangte. Es fröstelte sie bei dem Gedanken, das Richtschwert Solatwans zu gebrauchen, deshalb verdrängte sie schnell den Gedanken daran. Die anderen beiden Heermeister würde sie ihres Amtes entheben und nach Hause schicken. Es sollte ihnen jedoch verboten sein, die Grenzen ihrer Heimatlehen zu verlassen. Sie wusste, dass diese Strafe vielleicht härter war als der Tod, den Gundir bald erleiden würde. Denn der Makel, ein Verräter an seinem eigenen Volke zu sein, wog schwer. Es war noch gar nicht abzuschätzen, wie sich die Nachbarn und Freunde der beiden Männer verhalten würden, sollten sie ihre Heimat erreichen. Bisher waren sie hoch angesehen gewesen. Doch nun galten sie als Verräter.
Sie dachte an Menras und sah vor ihrem inneren Auge noch einmal jenen Moment, als dieser sich zur Flucht wandte. Er tat dies so schnell und entschlossen, dass er wirklich den Eindruck auf sie machte, als rechnete er mit einer Entdeckung. Doch einer Entdeckung von was? Die Pläne, die Turalindor mit sich genommen hatte, waren an sich auch nichts derart Schwerwiegendes, dass sie dessen Flucht rechtfertigten. Hatte er einfach Angst bekommen, dass er zusammen mit seinem Vorgesetzten abgeurteilt werden würde? Oder steckte wirklich mehr dahinter? Die Schwester Turalindors hatte um eine Audienz bei Valralka nachgesucht und diese auch erhalten. Sie bat um Gnade für ihren Bruder, wie Valralka es erwartet hatte. Sie war sich ganz sicher, dass ihr Bruder niemals an einer Verschwörung teilgenommen hatte. Eilirond, der bei dieser Audienz anwesend war, hatte hernach gesagt, dass dies nichts bedeuten müsse und ein Verräter seinen Verrat ja nicht um den Hals trage wie eine Kette, sodass jeder sie gleich sehen konnte. Der Verrat entstehe im Herzen, und können wir dort hineinblicken? Valralka wusste, dass er recht hatte, doch glaubte sie auch, bei der Schwester Turalindors keine Lüge zu erkennen, als diese für ihren Bruder sprach.
Als der Tag des Gerichtes gekommen war, hatte sich alles Volk der Stadt am großen Platz in Maladan eingefunden und wartete darauf, dass die Königin und die Delinquenten erschienen. Die meisten jedoch waren nicht der Schaulust wegen gekommen, sondern weil sie es als ihre Pflicht empfanden. Viel war spekuliert worden und noch mehr vermutet. Auch im Volke wollte niemand so recht an eine großangelegte Verschwörung gegen die Königin glauben.
Valralka hatte sich von einem Soldaten genau erklären lassen, wie sie die Hinrichtung vornehmen musste. Der Mann, der einen Arm im Haig verloren hatte, war nun auch an ihrer Seite, als sie den Palast verließ, um sich ihrer schweren Aufgabe zu stellen. Er war oft dabei gewesen und hatte nach seinem Bekunden selbst Hand angelegt, wenn sie die gefangenen Nird töteten. Da
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