Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
ging immer auf Nummer sicher. Sie konnte ja nicht wissen, ob die anderen Thaine sie selbst hintergehen würden. Darauf musste sie vorbereitet sein. Während sie den letzten Schluck Wein aus dem Krug in ihren Becher goss, dachte sie auch an die Armeen des Nordens. Die Hirr- und Waldländer waren gute Kämpfer. Sie glaubte nicht, dass es sich bei diesen um Söldner handelte, es mussten Dienstverpflichtete sein. Sie selbst wollte das nicht. Es war ihr lieber, wenn Männer für Geld kämpften. Eine erkaufte Loyalität war ihr angenehmer als eine erworbene. Die Söldner würden für niemand anderen kämpfen als für den, der sie entlohnte. Die Zwangsverpflichteten konnten irgendwann gar Ansprüche gegen ihre Herren stellen oder sogar einen Ersten unter sich wählen, der dann zum Gegenthain ausgerufen wurde. In der Vergangenheit hatte es dies oft gegeben. Ihr eigenes Haus war einst auch aus dem Aufstand eines Gegenthains hervorgegangen.
Jetzt musste sie nur noch abwarten, bis die Xenorier verhungerten. Dann mochten die Herren des Nordens von Aumur erhalten, was sie versprochen bekommen hatten, und sie würde sich darüber Gedanken machen, wie sie den Falkenstein unter ihre Kontrolle bekam. Es sollten nur die Alten zu seiner Verteidigung bereitstehen, hatte ihr der Spion gemeldet. Wäre sie noch zehn Jahre jünger, hätte sie auch hier einfach abgewartet, bis die Zeit selbst ihre Feinde zu sich nahm. Das ging nun nicht mehr. Aber sie würde sicher einen Weg finden, wie sie diese Festung einnehmen konnte.
Eflohr kehrt zurück
Lahrewan, 28. Tag des 7. Monats 2515
Es war schon gegen Mitternacht, als Whenda aufwachte, weil sie auf der Straße vor ihrem Haus Lärm vernahm. Sie stand sofort auf und auch Turgos erwachte. Als sie am Fenster stand, hörte sie eine Frau weinen und sah einen Mann schnell davoneilen. Sie teilte Turgos das Vorgefallene mit und zog sich an. Schnell war sie die Treppe hinunter und verließ das Haus in Richtung der immer noch weinenden Frau. Unter Tränen berichtete ihr diese, dass ihr Mann und auch ihr Bruder gefallen waren. Der Verwalter Lahrewans sei mit einigen Männern zurückgekehrt, einer von diesen war gerade bei ihr gewesen, um ihr die Nachricht zu überbringen. Whenda entschloss sich, sofort das Haus des Verwalters aufzusuchen, doch dort brannte kein Licht und alle Türen waren verschlossen. So ging sie zum Stadttor und erfuhr dort, dass Eflohr tatsächlich zurückgekehrt und der Vormann der Männer mit ihm gegangen sei. Als sie nach Humir fragte, kannte der Soldat diesen jedoch nicht und konnte ihr deshalb auch keine Auskunft über ihn geben. Das Gefolge des Verwalters sei jedoch stark dezimiert und s ähe sehr mitgenommen aus, wusste der Mann noch zu sagen. Whenda beschloss, zurück zu Turgos zu gehen und erst am nächsten Tag nach dem Verwalter oder dem Vormann zu suchen. Sie wusste nicht, wo der Verwalter wohnte und kannte nur dessen Amtssitz in der Stadt. Es würde sicher auch nicht sinnvoll sein, auf den Vormann zu warten, denn wie lange er bei dem Verwalter bleiben würde, konnte sie nicht abschätzen. Also ging sie zurück ins Haus und begab sich wieder in ihr Zimmer. Turgos schlief ruhig und fest wie ein kleines Kind und bemerkte nicht einmal, dass sie zurückgekehrt war. Sie stand im Licht der Kerze, die sie entzündet hatte, noch eine Weile am Bett und betrachtete den Mann. Dann legte auch sie sich wieder hin. Aber einen guten Schlaf fand sie nicht. Sie dämmerte mehr vor sich hin und ihre Gedanken waren bei Mago, dem Verweser Fengols. Hoffentlich widerstand er den Truppen der Thaine noch lange. Vielleicht war er jedoch schon geschlagen und alles hier im Norden für sie verloren. Wenn sie endlich am Morgen mit Eflohr sprechen konnte, würde das vielleicht Licht in das Dunkel ihrer Lage bringen. Whenda wollte Turgos auch nicht weiter gefährden als unbedingt nötig. Er hatte keine Kinder und sie wollte keine zwei Reiche verlieren, die einst an der Seite Maladans gegen Sharandir kämpfen könnten. Dieser Gedanke war jedoch so fern, dass er fast nicht mehr wahr sein konnte.
Am nächsten Morgen machten Whenda und Turgos sich zu Eflohr auf, der tatsächlich in seinen Amtsräumen anzutreffen war. Den Vormann der Wachen hatten sie noch nicht gesehen. Sicher inspizierte er die Wachposten außerhalb der Stadt, wie er es fast an jedem Morgen tat. Eflohr bat sie herein und Whenda erkannte sofort, was los war. Viele Pergamente hatte er gestapelt auf mehreren Stößen im
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