Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
und die Söldner der Thaina fliehen, wie in allen Jahren zuvor, vor unseren Truppen, wenn sie erst einmal unsere Schwerter gespürt haben. Oder wir fallen dort in dem Bewusstsein, alles Mögliche für unsere Kameraden unternommen zu haben.« ä
Letzteres erschien Whenda als das mit größter Wahrscheinlichkeit eintreffende Ereignis. Eflohr und seine Getreuen würden fallen, wenn sie diesen Weg gingen. Auch Turgos sah dies so und schaute weiter auf die Karte, als ob er darauf doch noch einen Ausweg aus ihrer Situation finden würde. Aber war das hier überhaupt sein Krieg? Er lebte weit entfernt in Frieden und musste sich eigentlich nicht um die Belange anderer Völker scheren. Er war jedoch kein Mann, der so dachte. Das Schicksal der Menschen in Lahrewan lag ihm inzwischen am Herzen. Er wollte nicht, dass die Kinder und Frauen, mit denen er gemeinsam Lieder gesungen hatte, ein solches Ende nehmen sollten.
»Was wird die Thaina mit den Frauen und Kindern in der Stadt machen?«, fragte er den Verwalter.
Eflohr zuckte mit den Achseln. »Sie wird alle mit zum Idenstein nehmen, wenn sie sie nicht sofort hier töten lässt. Ihr Heer besteht aus Söldnern. Diese werden sich unsere Frauen nehmen, alles brandschatzen und sie haben für Kinder nichts übrig, wie ich glaube. Sie sind für diese Art von Männern nur eine unnötige Last, derer es sich zu entledigen gilt.«
Turgos hatte mit solch einer Antwort gerechnet. Die Härte in der Stimme des Verwalters, mit der er sie vorgetragen hatte, ließ ihn jedoch schaudern. Es musste schrecklich für den Mann sein, dieses Schicksal seines Volkes erkannt zu haben. Nun verstand er auch, dass dieser sich nur damit abfinden konnte, weil er selbst in der Schlacht den Tod suchen würde. Diese Erkenntnis machte Turgos wütend. »Es ist keine Lösung, wenn du dich mit den Soldaten opferst«, sagte er laut zu Eflohr. »Kümmere dich um die Frauen und Kinder und sorge dich um deren Schicksal, und nicht darum, dass du vielleicht nicht schnell genug den Tod findest. Denn es liegt keine Ehre darin, sinnlos zu sterben, um dadurch der Welt ihren Weitergang zu erleichtern.«
Whenda legte ihre Hand auf Turgos Arm. Sie befürchtete, dass er sich noch weiter in Rage redete. Sie wollte nicht, dass das gute Verhältnis zu Eflohr, das sie zu haben schienen, dadurch getrübt wurde.
Eflohr fühlte sich jedoch gar nicht so angegriffen, wie Whenda es befürchtet hatte. Er antwortete Turgos gelassen. »Wenn die Feinde hier anrücken, sollen die Frauen und Kinder zum Falkenstein gebracht werden. Auch wenn ich mit meinen Gefährten unsere letzte Schlacht schlagen gehe, soll dies so geschehen. Es wurde von mir bereits angeordnet.«
Turgos Zorn legte sich etwas. E r überlegte, was er tun würde, wenn er sich in der Situation Eflohrs befände. Sein Wutausbruch erschien ihm nun etwas peinlich und er bat den Verwalter um Verzeihung für seine harschen Worte. Eflohr nickte und gab ihm so zu verstehen, dass er seine Entschuldigung angenommen hatte.
»Solltest du nicht besser die Frauen und Kinder der Stadt gleich zum Falkenstein schicken? Dann sind sie in Sicherheit«, bemerkte Whenda.
Eflohr meinte jedoch darauf, dass es besser sei, wenn die Männer und Frauen des letzten Aufgebots noch einmal ihre Lieben sahen, bevor sie aufbrachen. Denn das konnte ihre Herzen mit dem Mut erfüllen, den sie brauchen würden, wenn sie versuchten, das For-Anjul zu stürmen. Selbst Turgos musste ihm damit recht geben und Whenda nickte, um ihre Zustimmung zu zeigen.
»Wo ist denn eigentlich unser einstmaliger Bewacher Humir geblieben?«, wollte sie dann noch wissen.
»Humir?« Eflohr überlegte kurz. »Der müsste bald wieder hier eintreffen. Ich sandte ihn nach Osten zum Nördlichen Fürstenwald, um dort unsere Wachen zu benachrichtigen, dass sie sich in Lahrewan einzufinden haben.« Er wunderte sich kurz darüber, dass Whenda ihn nach diesem Mann fragte. Doch schließlich war er vielleicht der einzige Mensch in der Stadt, den sie kannte. Dann war es auch ganz natürlich, dass sie sich nach dessen Verbleib erkundigte.
Es gab nun nichts mehr zu sagen. Whenda und Turgos verließen Eflohr, der weiter seiner Arbeit nachging und die Dokumente verbrennen ließ.
»Warum macht er das?«, fragte Turgos, als sie wieder auf dem Gang waren. Es schien ihm eine sinnlose Aufgabe zu sein. Wen würde es noch interessieren, was auf den Pergamenten eines ausgelöschten Volkes zu lesen war?
Whenda glaubte jedoch, darin die
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