Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
Verwalter konnte herauskommen. Sie sollten auf jeden Fall nicht näher kommen, bis der Verwalter bei ihnen angekommen war. Als sie den Punkt erreicht hatten, an dem sie warten sollten, dauerte es nicht lange und einige Männer traten aus der Mauer unter dem angedeuteten Torbogen hervor. Sie waren jedoch noch zu weit entfernt, als dass Turgos Näheres sehen konnte. Sogleich begaben sich die Männer in ihre Richtung. Nach einiger Zeit erkannte Turgos, dass es sich insgesamt um sieben Männer handelte. Der Verwalter hatte also sechs Begleiter um sich, die sicher auch seine Leibwache darstellten. Je näher die Männer kamen, desto verwunderter schaute Turgos. Er hatte alte krumme Männer erwartet, die, durch ihr Alter gezeichnet, nur langsam ihren Weg zu ihnen finden würden. Aber er hatte sich getäuscht. Als die Männer noch mindestens fünfzig Schritte von ihnen entfernt waren, erkannte er, dass deren Anführer Gelam, der Großvater Humirs, wohl der Älteste war. Nur er hatte etwas weniger an Körpermasse aufzubieten als die anderen. Aber stattlich war er für sein Alter allemal zu nennen. Sechsundsiebzig sei er, hatte ihnen Humir erzählt. Der Mann machte jedoch auf ihn den Eindruck eines Mittsechzigers und er schien wie seine Begleiter vor Kraft nur so zu strotzen. Jetzt erkannte Turgos auch, dass alle bewaffnet waren. Gelam war der Einzige, der ein Schwert am Gürtel trug. Die anderen Männer hielten jedoch gefährlich aussehende Äxte und Streitkolben in den Händen und schienen auch damit umgehen zu können. Sie trugen die schweren Waffen mit einer Leichtigkeit, die fast schon Ehrfurcht gebietend war. Jeder hatte am anderen Arm einen runden Schild, der jedoch so klein war, dass er diesen Namen fast nicht verdiente. Turgos sah schnell, dass der Schild mit den stählernen Handschuhen eins war und an deren oberen Rändern befestigt zu sein schien. Alles in allem hatten diese Männer sicher den offensiven Kampf eingeübt. Wer sich mit ihnen anlegte, würde sofort attackiert werden. Über ihre Verteidigung machten sie sich danach Gedanken, wenn sie es überhaupt taten. Sie waren auch alle groß und schwer, was ihrem Auftreten noch mehr Geltung verschaffte.
Nun waren sie heran und Gelam blieb ungefähr zehn Schritte vor ihnen stehen. Seine Männer taten es ihm gleich, doch verteilten sie sich etwas hinter ihm. Whenda war mehr als erfreut, als sie die Männer nahen sah. Wenn es noch mehr von diesem Schlag in der Festung geben sollte, dann war ihr Plan vielleicht doch nicht so abwegig, wie er ihr fast selbst erschienen war, während sie zum Falkenstein hin unterwegs waren.
»Was willst du von mir, Enkelsohn?«, sprach Gelam mit befehlsgewohnter Stimme zu Humir. Der Mann machte auf Turgos einen zornigen, aber auch überlegten Eindruck. Sicher sprach er nur mit dieser Tonlage, um die Ankömmlinge einzuschüchtern. Er hatte dies schon öfter bei Menschen erlebt und neigte manchmal auch zu dieser Anwandlung, wenn er unliebsamen Besuch erhielt, der seine Aufmerksamkeit einforderte, obwohl er lieber darauf verzichtet hätte, ihn zu empfangen. Humir sah seinen Großvater freundlich an, trat einen Schritt hinter Whenda zurück und sagte:
»Der Name meiner Begleiterin hier«, er wies mit dem Kopf zu der Frau, die schon die Aufmerksamkeit Gelams genoss, »ist Whenda und sie zählt sich zum Volke der Anyanar, Großvater.«
Stille trat ein. Nur der Wind, der hoch oben über dem Tal scharf wehte, war noch zu hören. Whenda trat nun ihrerseits zwei Schritte nach vorne, sodass Gelam sie besser sehen konnte. Turgos erkannte beim ersten der Begleiter des Verwalters, wie dessen zuvor grimmige Gesichtszüge einem Erstaunen wichen, das den Mann zu überkommen schien. Und auch einem anderen war die Erkenntnis um Whenda ins Gesicht gestiegen. Gelam sagte noch immer kein Wort. Turgos wusste von dem Fresko, das sich in der Thronhalle der Zitadelle befinden sollte, die gewaltig hinter der mächtigen weißen Mauer aufragte. Gelam sah von Whenda fragend zu seinem Enkelsohn und Humir nickte ihm stumm zu. Und was Turgos noch vor wenigen Minuten nicht für möglich gehalten hätte geschah: Gelam kniete vor Whenda nieder und senkte sein Haupt. Drei weitere Männer, die auch erkannt hatten, wer da vor ihnen stand, folgten sogleich seinem Beispiel.
Einer von ihnen forderte schnell die noch Stehenden auf: »Kniet euch hin, dies ist die Statthalterin des Fürstenhauses von Fengol, wir schulden ihr eine Ehrenbezeugung.«
Whenda, die gesehen hatte,
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