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Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)

Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)

Titel: Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert J. Jesse
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    Whenda sah mit großer Freude die vielen Menschen, die sich im Saal versammelten. Noch immer war ihr Zustrom nicht beendet und ständig kamen weitere durch die große Tür. Sie taxierte die Anwesenden um sich herum und versuchte abzuschätzen, wie viele von ihnen wohl noch kampffähig waren. Es war für sie sehr schwer einzuschätzen. Sie wusste auch nicht, ob sie die Frauen zu diesen Kandidaten hinzuzählen konnte oder nicht. Sicher es war eine Möglichkeit, alte Frauen für sich kämpfen zu lassen. Sollten diese jedoch nur ein Hindernis darstellen, statt irgendeine positive Wirkung zu erzielen, dann war es besser, sie nicht mitzunehmen oder dies gar zu fordern. Aber jeder würde gebraucht werden, für den es noch einen Nutzen bei dieser Unternehmung gab, war er auch noch so klein. Sie wunderte sich darüber, dass hier gar nicht so viele ganz Alte versammelt waren. Sie hatte gedacht, dass es mehr wären. Auch waren unter den Versammelten sehr wenige, die von auf den ersten Blick erkennbaren Gebrechen geplagt wurden. Die meisten wirkten rüstig und man sah ihnen die Kraft an, die noch in ihnen war. Whenda erkannte, dass sich Gelam, der Verwalter, einen Weg zu ihr durch die Menge bahnte. Alle, die sie erblickten, erkannten sie als die Frau, die auf dem Fresko an der Ostwand des Thronsaales als Statthalterin des alten und neuen Fengols dargestellt war. Viele konnten sich an ihr nicht sattsehen und betrachteten es als eine glückliche Wendung des Schicksals, dass sie nun unter ihnen weilte. Doch ich bringe ihnen auch den Tod, dachte Whenda, der es nun richtig bewusst wurde, was sie von diesen Menschen hier zu fordern gedachte. Ihr Zögern hielt nicht lange an und verflog wie der Rauch der Herdfeuer, wenn ein Windstoß ihn erfasste. Die Menschen hier hatten allesamt den Höhepunkt ihres Daseins weit überschritten. Was mochte es Größeres für sie geben, als noch einmal für eine gute Sache in den Kampf zu ziehen? Gewannen sie dadurch nicht mehr, als die anderen Menschen in den Thainaten von Fengol je hatten? War es nicht besser, sein Leben für eine große Sache hinzugeben, als es dem Eigennutz und der Selbstsucht der anderen zu unterstellen?
    Gelam hatte sie nun erreicht, sie hatte in dem ganzen Durcheinander nicht einmal bemerkt, dass er sich scheinbar von ihnen entfernt hatte. »Alle Bewohner der Festung sind darüber in Kenntnis gesetzt, dass du sie hier im Thronsaal erwartest, Herrin«, sagte er laut, um den Lärm zu übertönen, den das Gemurmel von so vielen Menschen verursachte. »Gleich werden sicher alle hier versammelt sein. Einer meiner Männer steht an der Pforte und wird uns ein Zeichen geben, wenn er glaubt, dass die Letzten hier eingetroffen sind.«
    Whenda nickte. »Habt ihr genügend Pferde hier in der Festung?« Sie wusste, dass die Ställe im Norden der weitläufigen Anlage waren. Dort waren auch die großen Gärten, die einst die Bewohner der Festung ernährt hatten. Wie Humir ihr jedoch gesagt hatte, wurden diese ausschließlich als Weiden und Koppeln für die Pferdeaufzucht verwendet und es gab nur noch einen Garten, in dem die Kräuter der Heiler angebaut wurden. Alle Nahrung kam seit vielen Jahren aus Lahrewan. In den Kornspeichern der Festung sei Korn für mindestens drei Jahre eingelagert, hatte Humir ihr berichtet. Auch gab es hier angeblich große Vorräte an Trockenfleisch, Helfkraut, das sich sehr lange lagern ließ, und Trockenfisch. Whenda sah die Gärten der Festung vor ihrem inneren Auge und rief sie sich wieder in Erinnerung. Alles Land nördlich der Festung war eigentlich Anbaufläche gewesen. Einst wurde extra Erde aus der Ebene Xenoriens hier heraufgebracht, um diese zu vergrößern.
    Whenda bemerkte, dass der Mann an der Pforte ihr zuwinkte: das Zeichen, dass nun alle versammelt waren. Sie ließ ihren Blick noch einmal über die versammelte Menge schweifen und sah keine Furcht in den Augen der Menschen. Alle wussten sicher schon, was sie gleich von ihnen fordern würde. Die Soldaten Gelams hatten ihr Wissen schon weitergegeben und Whenda hatte unweigerlich mitanhören müssen, wie sich die ihr am nächsten Stehenden unterhalten hatten.
    Als der Mann an der Pforte diese schloss, holte sie noch einmal tief Luft und stieg die letzten Stufen der Empore hinauf bis zu jener Stelle, an der der Thron Fengols stand. Dann drehte sie sich um. Sofort erkannte sie, dass sich Humir erneut hingekniet hatte und ihr damit die Ehre der Gefolgschaft bezeugte. Sein Großvater, der neben

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