Unter dem Banner von Dorsai
größeren der beiden Exotischen Welten, zu den Hexenmeistern des mentalen Heilens.
Auf Kultis angekommen, leiteten sie mich dazu an, mich selbst zu heilen – aber sie konnten mich nicht zu der Art und Weise zwingen, in der ich mich heilen wollte. Erstens, weil das nicht in ihrer Macht stand (obwohl ich mir nicht sicher bin, ob sie auch wirklich begriffen, wie begrenzt ihre Möglichkeiten in meinem besonderen Fall waren), und zweitens, weil ihnen ein fundamentaler Bestandteil ihrer Philosophie die Ausübung von Zwang auf andere Menschen verbot, ebenso wie jeden Versuch, den Willen einer einzelnen Person zu kontrollieren. Sie konnten mich nur auf jene Straße lenken, von der sie wünschten, daß ich sie betrat.
Und es war ein sehr kräftiger Motor, den sie sich ausgesucht hatten, um mir diesen Stoß in die richtige Richtung zu geben. Es war Lisa Kent.
„… aber du bist kein Psychiater!“ brachte ich erstaunt hervor, als ich sie das erstemal an jenem Ort von Kultis erblickte, zu dem man mich gebracht hatte: eines dieser in sich geschlossenen und doch offenen Vielzweck-Rekonvaleszenzzentren. Ich lag am Rande eines Swimmingpools und gab vor, ein Sonnenbad zu nehmen und mich zu entspannen, als sie plötzlich neben mir auftauchte. Und als Antwort auf meine Frage entgegnete sie, Padma habe vorgeschlagen, gerade sie solle mir bei der Wiederherstellung meines emotionalen Gleichgewichts helfen.
„Woher willst du wissen, was ich bin?“ gab sie barsch zurück und zeigte dabei ganz und gar nicht die ruhige Selbstbeherrschung, die einen geborenen Exoten auszeichnete. „Es ist nun fünf Jahre her, seit ich dir zum erstenmal in der Enzyklopädie begegnet bin, und schon damals hatte ich ein langjähriges Studium hinter mir!“
Ich lag am Boden und zwinkerte dem über mich gebeugten Gesicht entgegen. Und ganz langsam begann in mir wieder etwas zum Leben zu erwachen und zu ticken und sich erneut zu regen, das lange Zeit geschlafen hatte. Ich erhob mich. Hier stand ich nun, jemand, der in der Lage gewesen war, die richtigen Worte zu finden, um andere Menschen wie Marionetten tanzen zu lassen – und nun gab ich eine derart dumme Bemerkung von mir.
„Dann bist du tatsächlich ein Psychiater?“ fragte ich.
„Ja und nein“, gab sie gelassen zurück. Plötzlich lächelte sie mich an. „Wie dem auch sei, du brauchst ohnehin keine psychiatrische Hilfe.“
In dem Augenblick, als sie dies sagte, wurde mir die Tatsache bewußt, daß genau das meine eigene Ansicht war, daß es die ganze Zeit über meine Ansicht gewesen war. Doch eingehüllt vom Elend meines gedanklichen Universums hatte ich die Gilde ihre eigenen Schlüsse ziehen lassen. Plötzlich begannen überall in der Maschinerie meines mentalen Wiedererwachsens kleine Relais zu ticken. Verbindungen wurden hergestellt, Einsichten glühten wieder auf.
Wenn sie bereits so viel über mich wußte, wieviel mehr kannte sie dann noch? Sofort begannen Alarmsirenen durch die ganze mentale Zitadelle zu schrillen, die ich während jener vergangenen fünf Jahre errichtet hatte, und rasch wuchsen Abwehrmauern in die Höhe.
„Vielleicht hast du recht“, sagte ich und war mit einemmal auf der Hut. Ich grinste sie an. „Warum setzen wir uns nicht und sprechen darüber?“
„Ja, warum nicht?“ antwortete sie.
Und so nahmen wir Platz und unterhielten uns. Wir begannen mit belanglosen Gesprächsfloskeln, dem Austausch höflicher Bemerkungen, und ich taxierte sie währenddessen. Sie warf ein eigenartiges Echo. Anders kann ich es nicht beschreiben. Alles, was ich sagte, jede Geste oder Bewegung all das schien in einer besonderen Bedeutung für mich zu erklingen, einer Bedeutung, die ich nicht ganz erfassen konnte.
„Warum“, erkundigte ich mich nach einer Weile vorsichtig, „dachte Padma, du könntest … ich meine, warum meinte er, gerade du solltest hierherkommen und nach mir sehen?“
„Nicht einfach nur nach dir sehen – dir helfen“, berichtigte sie mich. Sie trug keines der Exotengewänder, sondern ein gewöhnliches kurzes und weißes Straßenkostüm. Der blaue Glanz ihrer Augen darüber war dunkler und intensiver als jemals zuvor. Plötzlich warf sie mir einen raschen Blick zu, so herausfordernd und scharf wie ein Speer. „Weil ich seiner Meinung nach eine der beiden Türen bin, durch die man noch Zugang zu dir hat, Tam.“
Der durchdringende Blick und die Worte erschütterten mich. Wenn nicht das eigentümliche Echo an ihr gewesen wäre, hätte ich vielleicht den
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