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Unter dem Banner von Dorsai

Unter dem Banner von Dorsai

Titel: Unter dem Banner von Dorsai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R Dickson
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verharrte.
    Ich versuchte ebenfalls, vor ihm zurückzuweichen, aber es gelang mir nicht. Denn direkt hinter mir versperrte mir der dicke Baumstumpf den Weg, und mein verletztes Bein – genauso steif und leblos wie ein totes Stück Holz – fesselte mich an den Boden. Aber er zielte nicht mit dem Gewehr auf mich. Und er erschoß mich auch nicht.
    „Jetzt hast du also deine Story, Berichterstatter“, sagte er und blickte zu mir herab. Seine Stimme war dunkel und ruhig, doch der Glanz seiner Augen sonderbar. „Und du sollst leben, auf daß du sie erzählen kannst. Vielleicht laden sie dich als Zuschauer ein, wenn ich vor das Exekutionskommando geführt werde – es sei denn, der Wille des Herrn sieht ein anderes Schicksal für mich vor, und ich falle in der Schlachten Getümmel, das nun beginnt. Doch sie mögen mich eine Million Mal hinrichten, dein Bericht wird dir gar nichts nützen. Denn ich, der ich die vollstreckende Hand des Herrn bin, habe diese Männer Seinem Willen unterworfen, und diese Tat kannst du nicht ungeschehen machen. So wisse also, wie gering deine Worte sind angesichts jener, die vom Gott der Schlachten gesprochen werden.“
    Er trat einen Schritt von mir zurück, ohne sich dabei wieder aufzurichten. Es war fast so, als sei ich eine Art schwarzer Altar, von dem er sich mit ironischem Respekt zurückzog.
    „Nun, lebe wohl, Berichterstatter“, sagte er, und seine Lippen verzogen sich zu einem düsteren Lächeln. „Fürchte dich nicht, denn man wird dich hier finden. Und dein Leben retten.“
    Er wandte sich um und schritt davon. Ich sah ihn fortgehen, ein dunkler Schatten, der mit der Finsternis in den noch dunkleren Schatten verschmolz. Und dann war ich allein.
    Allein … allein mit den immer noch triefnassen Ästen und Blättern und Zweigen, von denen es dann und wann zum Waldboden heruntertropfte. Allein mit dem sich düsterrot überziehenden Himmel, von dem ich einige winzige Flecken durch die über mir schwebenden schwarzen Wolken der Baumwipfel erkennen konnte. Allein mit dem sterbenden Tag und den Toten.
    Ich weiß nicht, wie ich es schaffte, aber nach einiger Zeit begann ich über den feuchten Waldboden zu kriechen, wobei ich mein jetzt nutzloses Bein taub hinter mir herzog, und so gelangte ich schließlich zu dem schweigenden Haufen aus menschlichen Leibern. In dem wenigen noch verbliebenen Licht suchte ich umher, bis ich Dave gefunden hatte. Eine Reihe von Schrapnellsplittern hatten sich in den unteren Teil seiner Brust gefressen, und von dort an weiter nach unten war seine Jacke mit Blut getränkt. Doch seine Lider zitterten, als ich den Arm um seine Schultern schlang und seinen Oberkörper anhob, so daß ich seinen Kopf mit meinem Knie abstützen konnte. Sein Gesicht war so weiß und weich wie das eines schlafenden Kindes.
    „Eileen?“ sagte er schwach, aber deutlich, als ich ihn anhob. Aber seine Augen blieben geschlossen.
    Ich öffnete den Mund, um irgend etwas zu sagen, aber zuerst brachte ich keinen Ton über die Lippen. Dann, als ich meine Stimmbänder wieder unter Kontrolle gebracht hatte, war mir meine eigene Stimme fremd.
    „Sie wird gleich hier sein“, sagte ich.
    Die Antwort schien ihn zu beruhigen. Er lag regungslos und atmete ganz flach. Sein Gesicht war so ruhig und glatt, als wäre ihm überhaupt kein Leid geschehen, als spürte er keinen Schmerz. Ich vernahm das beständige Geräusch tropfender Nässe, das ich zunächst auf den Regen zurückführte, der noch immer von den Blättern weiter oben sickerte. Doch dann ließ ich meine Hand sinken und ertastete das Rinnsal aus Nässe mit den Fingern. Das Tropfen stammte von Daves Blut, vom unteren Teil seiner durchtränkten Jacke. Die Feuchtigkeit strömte auf den Boden hinab, wo der moosartige Bewuchs von dem Scharren sterbender Menschen abgescheuert worden war und nur nackte Erde hinterlassen hatte.
    Ich suchte die neben mir liegenden Körper nach Mullbinden ab und bemühte mich dabei, den auf meinem Bein ruhenden Dave so wenig wie möglich zu bewegen. Ich fand drei Stück und versuchte, seine Blutungen damit zu stillen. Doch es war vergebens. Das Rot floß aus einem halben Dutzend Wunden aus ihm heraus. Und indem ich versuchte, ihm diese Bandagen anzulegen, bereitete ich ihm Schmerzen und brachte ihn so zum Teil wieder zu sich.
    „Eileen?“ fragte er.
    „Sie wird gleich hier sein“, antwortete ich erneut.
    Und etwas später, als ich es aufgegeben hatte und nur still dasaß und ihn festhielt, fragte er

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