Unter dem Banner von Dorsai
für Transportfahrzeuge ankam, mußte ich mich anstellen. Vor mir wurde gerade ein Feldkommandeur abgefertigt, der auf die Spezialausrüstung für seinen Befehlswagen wartete. Zunächst wollte ich mich darüber beschweren, daß man mich warten ließ, doch dann beschloß ich, lieber den Mund zu halten. Dieser Mann dort war kein gewöhnlicher Feldoffizier.
Es war ein schlanker, großer Mann mit schwarzem, leicht gekräuseltem Haar über einem knochigen, aber offenen und lächelnden Gesicht. Ich habe bereits erwähnt, daß ich für einen Erdgeborenen ziemlich groß bin. Dieser Offizier war aber so groß wie ein Dorsai, und offensichtlich war er auch einer. Außerdem verfügte er über diese … diese Qualität, für die es keinen Namen gibt und die ein Geburtsrecht dieser Leute ist, eine Qualität, die über bloße Kraft, Furchtlosigkeit oder Mut hinausging und eher das Gegenteil all dieser schematischen Qualitäten darstellte.
Es ist die Ruhe und die Gelassenheit, über jede Kritik, über die Zeit und selbst über das Leben erhaben. Ich war auf dem Planeten der Dorsai gewesen und hatte die gleiche Eigenschaft sowohl bei halbwüchsigen Jungen als auch bei Kindern festgestellt. Diese Leute sind zwar sterblich – wie alle Menschen sterblich sind, die von einer Frau geboren wurden –, doch keiner von ihnen läßt sich erobern, weder als einzelner noch in der Gruppe. Einen Dorsai in seinem Charakter zu erfassen ist nicht nur undenkbar, es ist irgendwie einfach – unmöglich.
Dies alles konnte ich auch an diesem Kommandeur entdecken, neben seiner militärischen Einstellung. Doch er hatte auch etwas Merkwürdiges an sich, etwas Unerklärliches, das nicht so recht zum Charakterbild eines Dorsai passen wollte.
Er strahlte eine gewisse sonnige Kraft und Wärme aus, die ich fast greifen konnte, obwohl ich einige Meter weit von der Gruppe von Offizieren entfernt stand, die sich um ihn geschart hatten wie junge Ulmen im Windschatten einer Eiche. Von diesem Dorsai-Offizier schien eine Lebensfreude auszugehen, so strahlend, daß sie in jedem, der in seiner Nähe stand, die gleiche Lebensfreude erweckte, selbst in mir, der ich abseits stand und sich nicht leicht durch eine solche Ausstrahlung beeinflussen ließ.
Es mag aber auch sein, daß ich durch Eileens Brief an diesem Morgen besonders sensibilisiert war. Ja, das mußte es wohl gewesen sein.
Da war aber noch etwas, das mein geschultes Auge sofort erblickte, etwas, das mit Charakterqualitäten nichts zu tun hatte, nämlich die Tatsache, daß seine Uniform feldblau und eng geschnitten war, ein Merkmal nicht cassidanischer, sondern exotischer Herkunft. Die Exoten, die, reich und mächtig wie sie waren, aufgrund ihrer Philosophie keine direkte Gewalt ausüben mochten, hatten die besten Söldnertruppen angeheuert, die es unter den Sternen gab. Und das hieß, daß ein Großteil dieser Truppen, zumindest aber die Offiziere, Dorsai waren. Was hatte also dieser Dorsai-Kommandeur mit den schnell aufgenähten Neuerde-Epauletten auf seiner exotischen Uniform hier zu suchen, umgeben von Stabsoffizieren von Neuerde und Cassida?
War er soeben erst bei den angeschlagenen Streitkräften des Südens von Neuerde eingetroffen, so war es wirklich ein glücklicher Zufall, daß er gerade an jenem Morgen auftauchte, wo, wie ich wußte, vergangene Nacht im Hauptquartier der Quäker in Contrevale ein bestimmter Plan ausgeheckt wurde.
Aber war es wirklich Zufall? Es war kaum anzunehmen, daß die Cassidaner von der taktischen Besprechung der Quäker bereits Wind bekommen hatten. Der Geheimdienst von Neuerde war mit Leuten wie Oberleutnant Frane recht dünn besetzt.
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