Unter dem Banner von Dorsai
Verletzung heilen konnten. Die Ärzte teilten mir mit, das ließe sich nur mit einer komplizierten Operation und der Einsetzung eines ganz neuen, vollkommen künstlichen Knies beheben – und sie rieten mir davon ab. Das natürliche Fleisch und Blut, so meinten sie, sei immer noch besser als alles andere, was von Menschenhand konstruiert werden konnte, um es zu ersetzen.
Was mich betrifft, so interessierte mich das nicht sonderlich. Sie hatten den Gruppenführer, der das Massaker verübt hatte, gefangengenommen und vor Gericht gestellt. Und er war – wie er selbst prophezeit hatte – von einem Exekutionskommando hingerichtet worden, gemäß den Bestimmungen des Söldnerkodexes, Gefangene mit Respekt zu behandeln. Aber selbst das verschaffte mir keine Befriedigung.
Denn – und er hatte auch dies vorhergesagt – seine Hinrichtung änderte nichts. Es stand nicht in meiner Macht oder der irgendeines anderen Menschen, die Geschichte auszuradieren, die er mit seiner Suchgeschoß-Schleuder auf das Papier geschrieben hatte, das Dave und die anderen Gefangenen gewesen waren. Und damit hatte er etwas in mir verändert.
Ich war wie eine Uhr, die trotz einer gebrochenen Feder im Innern immer weiterlief, die man aber rasseln und klappern hören konnte, wenn man sie nahe dem Ohr schüttelte. Irgend etwas in mir war zerbrochen. Und nicht einmal das Lob, das ich vom Interstellaren Nachrichten-Büro erhielt – und die Gewährung einer Vollmitgliedschaft in der Gilde –, konnten diesen Defekt reparieren. Nun aber, da ich Vollmitglied war, kümmerten sich das Vermögen und die Macht der Gilde um mich, und sie bewerkstelligte etwas, zu dem nur sehr wenige private Organisationen in der Lage gewesen wären: Sie schickte mich zur Behandlung nach Kultis, der größeren der beiden Exotischen Welten, zu den Hexenmeistern des mentalen Heilens.
Auf Kultis angekommen, leiteten sie mich dazu an, mich selbst zu heilen – aber sie konnten mich nicht zu der Art und Weise zwingen, in der ich mich heilen wollte. Erstens, weil das nicht in ihrer Macht stand (obwohl ich mir nicht sicher bin, ob sie auch wirklich begriffen, wie begrenzt ihre Möglichkeiten in meinem besonderen Fall waren), und zweitens, weil ihnen ein fundamentaler Bestandteil ihrer Philosophie die Ausübung von Zwang auf andere Menschen verbot, ebenso wie jeden Versuch, den Willen einer einzelnen Person zu kontrollieren. Sie konnten mich nur auf jene Straße lenken, von der sie wünschten, daß ich sie betrat.
Und es war ein sehr kräftiger Motor, den sie sich ausgesucht hatten, um mir diesen Stoß in die richtige Richtung zu geben. Es war Lisa Kent.
„… aber du bist kein Psychiater!“ brachte ich erstaunt hervor, als ich sie das erstemal an jenem Ort von Kultis erblickte, zu dem man mich gebracht hatte: eines dieser in sich geschlossenen und doch offenen Vielzweck-Rekonvaleszenzzentren. Ich lag am Rande eines Swimmingpools und gab vor, ein Sonnenbad zu nehmen und mich zu entspannen, als sie plötzlich neben mir auftauchte. Und als Antwort auf meine Frage entgegnete sie, Padma habe vorgeschlagen, gerade sie solle mir bei der Wiederherstellung meines emotionalen Gleichgewichts helfen.
„Woher willst du wissen, was ich bin?“ gab sie barsch zurück und zeigte dabei ganz und gar nicht die ruhige Selbstbeherrschung, die einen geborenen Exoten auszeichnete. „Es ist nun fünf Jahre her, seit ich dir zum erstenmal in der Enzyklopädie begegnet bin, und schon damals hatte ich ein langjähriges Studium hinter mir!“
Ich lag am Boden und zwinkerte dem über mich gebeugten Gesicht entgegen. Und ganz langsam begann in mir wieder etwas zum Leben zu erwachen und
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