Unter dem Banner von Dorsai
den Amtsräumen und Unteroffiziers-Wachstuben ihres sogenannten Büros für Öffentlichkeitsarbeit die Beine in den Bauch.
Am sechsten Tag zahlte sich eine Nachricht aus, die ich unmittelbar nach meiner Ankunft an Truppenkommandeur Wassel geschickt hatte. Man brachte mich zum eigentlichen Konzilsgebäude. Und nachdem ich nach Waffen durchsucht worden war – auf den Quäkerwelten gab es einige gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen konkurrierenden sektiererischen Kirchengruppen, und offenbar machten sie keine Ausnahmen, nicht einmal für Berichterstatter –, gestattete man mir Zugang zu einem Büro mit niedriger Decke und kahlen Wänden. Und dort, im Zentrum des schwarz-weißen Musters der Bodenfliesen, umgeben von ein paar Stühlen mit geraden Rückenlehnen, stand ein schwerer Tisch, hinter dem ein ganz in Schwarz gekleideter Mann saß.
Das einzige Weiß an ihm waren sein Gesicht und seine Hände. Alles andere war bedeckt. Seine Schultern waren so eckig und breit wie ein Scheunentor, und die Augen in dem weißen Gesicht darüber waren so schwarz wie seine Kleidung und schienen mir entgegenzuglühen. Er erhob sich und kam um den Tisch herum, um mir die Hand zu reichen. Er war einen halben Kopf größer als ich.
„Gott sei mit Ihnen“, sagte er.
Wir schüttelten uns die Hände. An der dünnen Linie seines geraden Mundes klebte die Spur eines deutlichen Hauchs von Belustigung. Und der Blick seiner Augen schien mich wie mit den zwei Skalpellen eines Chirurgen zu sezieren. Er drückte mir die Hand, nicht fest, aber mit der Andeutung einer Kraft, die meine Finger wie in einem Schraubstock zerquetschen konnte, wenn er gewollt hätte.
Endlich stand ich ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüber: dem Ältesten des Konzils der Ältesten, dem Oberhaupt der vereinigten Kirchen von Harmonie und Eintracht, jenem Mann, den man den Strahlenden nannte, dem Ersten unter den Quäkern.
19
„Sie kommen mit der besonderen Empfehlung von Truppenkommandeur Wassel“, sagte er, nachdem er mir die Hand geschüttelt hatte. „Für einen Berichterstatter ist das sehr ungewöhnlich.“ Es war eine Feststellung, kein Spott. Und ich folgte seiner Einladung – es war beinah eher ein Befehl als eine Einladung –, mich zu setzen, als er sich wieder abwandte und hinter seinem Schreibtisch Platz nahm, über den hinweg er mich musterte.
Macht schlummerte in diesem Mann, die Hitze einer schwarzen Flamme. Wie die Hitze – das kam mir plötzlich in den Sinn – der schlafenden Flamme des Schießpulvers, das 1687 von den Türken im Parthenon gelagert worden war: Eine von den Venezianern unter Morosini abgefeuerte Granate hatte die schwarzen Körner explodieren lassen und das Zentrum jenes weißen Tempels in die Luft gejagt. In meinem Innern hatte immer eine besonders finstere Ecke aus Abscheu dieser Granate und dieser Armee gegenüber existiert – denn für mich als Junge war das Parthenon das helle Licht gewesen, das Mathias’ Dunkelheit erleuchtete, und die von der Granate verursachte Zerstörung hatte Zeugnis davon abgelegt, wie jene Dunkelheit zu siegen vermochte, selbst im Zentrum des Lichts.
Als ich den Ältesten Strahlenden beobachtete, brachte ich ihn in meinen Gedanken in Verbindung mit diesem alten Haß, achtete aber darauf, diese Empfindung vor seinen sezierenden Blicken zu verbergen. Nur bei Padma hatte ich bisher einen so durchdringenden und fesselnden Blick bemerkt – und auch hier stand ein analytischer Geist dahinter.
Denn die Augen glichen denen eines Torquemada {3} , dem Antreiber der Inquisition im mittelalterlichen Spanien – wie bereits andere vor mir festgestellt hatten.
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