Unter dem Banner von Dorsai
Auch die Quäker-Kirchen hatten ihre speziellen Beauftragten, die sich um Unterdrückung und Auslöschung von Ketzerei kümmerten. Aber hinter diesen Augen arbeitete die politische Intelligenz eines Verstandes, der wußte, wann er die Zügel lockern oder straffer anziehen mußte, mit denen er zwei Planeten kontrollierte. Zum erstenmal in meinem Leben konnte ich mich in die Lage von jemandem versetzen, der allein in einen Löwenkäfig tritt und hört, wie sich das stählerne Gitter hinter ihm schließt.
Und es war auch das erstemal, daß mir die Knie weich wurden, seit ich damals im Registerzimmer der Letzten Enzyklopädie gestanden hatte. Denn – was war, wenn dieser Mann keinen schwachen Punkt besaß und ich meine Pläne vereitelte, indem ich versuchte, ihn zu beeinflussen?
Aber die Erfahrungen von Tausenden von Interviews kamen mir zu Hilfe, und selbst als ich von Zweifeln geplagt und gequält wurde, arbeitete meine Zunge ganz automatisch.
„… Truppenkommandeur Wassel und seine Männer auf Neuerde haben mich auf jede nur denkbare Weise unterstützt“, sagte ich. „Ich weiß das sehr zu schätzen.“
„Auch ich“, sagte der Strahlende scharf, und sein Blick brannte sich in meine Augen, „weiß einen unvoreingenommenen Berichterstatter zu schätzen. Sonst wären Sie nicht hier in meinem Büro und könnten mich interviewen. Da es meine Aufgabe ist, dem Willen des Herrn zwischen den Sternen Geltung zu verschaffen, bleibt mir nur wenig Zeit, zum Amüsement der Gottlosen von sieben Welten beizutragen. Nun, was ist der Grund für dieses Interview?“
„Ich trage mich mit dem Gedanken“, sagte ich, „ein Projekt zu entwerfen, das die Quäker in den Augen der Menschen auf den anderen Planeten in einem besseren Licht darstellt …“
„Um Ihre Loyalität gegenüber Ihrem Berufsbekenntnis zu beweisen … wie Wassel sagte?“ unterbrach mich der Strahlende.
„Nun, ja“, antwortete ich. Ich versteifte mich ein wenig auf meinem Stuhl. „Ich wurde in jungen Jahren zur Waise. Und während all der Jahre, in denen ich aufwuchs, war es immer mein Traum, für einen Nachrichtendienst zu arbeiten, und …“
„Verschwenden Sie nicht meine Zeit, Berichterstatter!“ Wie eine Axt hackte die barsche Stimme des Strahlenden den unausgesprochenen Rest meines Satzes ab. Er erhob sich erneut, plötzlich und abrupt, als verlange die in ihm schlummernde Energie nach einem Bewegungsventil. Er schlich um seinen Schreibtisch herum, blieb vor mir stehen und sah zu mir herab, die Daumen hinter den Gürtel an seiner schmalen Hüfte gehakt. Sein hageres, knochiges und gut fünfzig Jahre altes Gesicht beugte sich über mich. „Welche Bedeutung kann Ihr Bekenntnis schon für jemanden wie mich haben, dessen Weg vom Wort Gottes erleuchtet wird?“
„Wir alle werden von unseren eigenen Lichtern erleuchtet, jeder von seinem eigenen“, sagte ich. Er war mir so nahe, daß ich meinem drängenden Bedürfnis nicht nachgeben und aufstehen konnte, um ihm gegenüberzutreten. Es war, als hätte er mich physisch an meinen Stuhl unter ihm gefesselt. „Wenn es nicht um mein Bekenntnis ginge, dann wäre ich jetzt nicht hier. Vielleicht wissen Sie nicht, was mir und meinem Schwager zugestoßen ist, als wir auf Neuerde einem Ihrer Gruppenführer ausgeliefert waren …“
„Ich weiß Bescheid.“ Die drei Worte waren mitleidslos. „Und sicher hat man sich dafür vor einiger Zeit bei Ihnen entschuldigt. Hören Sie, Berichterstatter.“ Seine dünnen Lippen verzogen sich ein wenig, um ein verärgertes und mißmutiges Lächeln anzudeuten. „Sie sind kein Geweihter des Herrn.“
„Nein“, sagte ich.
„Jene, die Gottes Wort folgen, haben vielleicht
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