Unter dem Blauen Mond: Die Legende von Falk und Fischer (Dämonenkrieg) (German Edition)
Jungs gefangen und noch mehr getötet. Aber Haven ist noch immer Haven. Das Nordviertel ist noch immer ein Pfuhl von Armut und Verzweiflung. Dieselben alten Sorgen sind noch immer da, dieselben armen Bastarde leiden noch immer jeden Tag. Wir haben nichts verändert.“
Fischer rückte den Schlagring unter ihrem Handschuh zurecht und versuchte zu erkennen, worauf Falk hinaus wollte.
„Wir tun gut daran, alles unter Kontrolle zu behalten. Du kannst nicht hoffen, Jahrhunderte tief sitzender Bosheit und Korruption in ein paar Jahren in Ordnung zu bringen. Wir haben einen Eindruck hinterlassen. Viele schlechte Dinge und schlechte Leute aufgehalten. Mehr als einmal die ganze gottverdammte Stadt gerettet. Wir haben unser Bestes getan.“
„Aber wozu sind wir dabei geworden? Manchmal sehe ich in den Spiegel und erkenne den Mann nicht, der mich anschaut. Das hier ist nicht, was ich sein wollte. Was ich werden wollte.“
Fischer blieb stehen, und Falk mit ihr. Sie sah ihn direkt an, blickte in sein Gesicht, und ihre dunkelblauen Augen blickten unerschrocken in seine. „Was willst du tun, Falk? Der Stadt den Rücken kehren und weggehen, die guten Leute ungeschützt zurücklassen? Es gibt hier gute Leute. Wenn wir sie nicht vor Dreckskerlen wie den Gavriels oder Schuften wie St. Christophe schützen, wer dann? Du kannst in Haven nicht auf dem rechten Weg bleiben und erwarten, irgendetwas hinzukriegen. Wir sind, was wir sein müssen, um Resultate zu erzielen.“
„Ich wusste mal, wer ich war“, sagte Falk leise. „Ich war ein ehrenvoller Mann und bin anderen mit gutem Beispiel vorangegangen, habe sie begeistert. Aber das ist lange her.“
„Nein“, sagte Fischer. „Das war gestern.“
Sie sahen einander eine Weile an und dachten zurück. Schließlich seufzte Fischer und wandte den Blick ab. „Wir waren jünger damals. Idealistisch. Wahrscheinlich … sind wir einfach erwachsen geworden.“
In diesem Moment war jemand dumm genug, zu versuchen, Fischers Geldbörse zu stehlen. Musste wohl neu in der Stadt sein. Er hatte die Geldbörse kaum umklammert, als Fischer ihn auch schon mit einem Faustschlag ausknockte, ohne sich auch nur umzusehen. Der Möchtegern-Taschendieb kam hart auf dem Boden auf, seine Augen waren blicklos. Irgendwie kam er auf die Füße und stolperte davon. Fischer war so verblüfft, dass sie ihn gehen ließ.
„Verdammt. Ich werde alt. Früher sind sie nie wieder aufgestanden.“ Sie schüttelte den Kopf und wandte sich wieder an Falk. „Schau mal, wir tun, was wir können. Du kannst das Nordviertel nicht mit Gewalt säubern. Das weiß sogar ich. Der Hexer Gaunt hat das im Teufelsstreifen versucht, hat seine Magie und seinen bedrohlichen Ruf benutzt, aber es hielt nicht lange an. Die Dinge liefen in dem Moment wieder über wie immer, als Gaunt die Stadt verließ. Das Wesen des Nordviertels ist hauptsächlich bestimmt durch nicht ortsansässige Besitzer, seien es Vermieter oder Drogenbarone, und die sind alle außerhalb unserer Reichweite. Das Gesetz bedeutet nichts gegen politische Verbindungen. Wir könnten gegen sie kämpfen, aber wir wären dabei allein. Kein anderer Wächter würde sich uns anschließen. Verdammt, sie bekämen vermutlich den Befehl, uns aufzuhalten. Es wären nur wir beide gegen eine unüberwindliche Übermacht.“
Falk lächelte leise. „Das hat uns doch noch nie abgehalten. Wenn wir wussten, dass wir recht hatten.“
„Vielleicht nicht“, sagte Fischer. „Aber wenn wir es mit etablierten Schuften wie St. Christophe und seinem Heer von Leibwächtern aufnehmen wollen, bräuchte ich schon eine verdammt gute Motivation. Ich glaube wohl nicht mehr an Wunder. Dies ist Haven. Es will sich nicht ändern.“
Falk zuckte die Achseln und wandte den Blick ab. „Wahrscheinlich merke ich nur, dass ich alt werde. Fünfunddreißig zu werden hat mich ganz schön mitgenommen. Vielleicht liegt die Hälfte meines Lebens jetzt hinter. Ich fühle mich nicht alt, aber ich fühle mich einfach nicht mehr jung. Manchmal fühlt es sich an, als ginge es bergab, als bliebe mir nicht mehr viel Zeit, alle Dinge zu tun, die ich noch tun wollte …“
„Außerdem bekommst du eine kahle Stelle.“
„Ich weiß! Glaub mir, ich weiß! Ich frage mich langsam, ob ich sie unter einer Kopfbedeckung verbergen soll.“
„Du verabscheust Kopfbedeckungen.“
„Ich weiß!“
Sie gingen weiter, Seite an Seite in gedankenversunkenem Schweigen. Leute um sie herum kamen und gingen, sahen ihre
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