Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
die Tür hinter ihnen zufiel, fragte Avery: »Ist das überhaupt möglich, Sir?«
    Bolitho lächelte halbherzig. »Was Sie wirklich wissen wollen, lautet: Ist es wahrscheinlich? Ich halte es für zu wichtig, als daß wir es übersehen dürfen. Noch dürfen wir auf ein Wunder warten.« Er hörte dem Trillern der Pfeifen zu, als der fuchsgesichtige Kapitän in sein Boot stieg.
    Tyacke kehrte zurück und wartete schweigend, während Bolitho seinen Sekretär anwies, eine kurze Nachricht für Halifax aufzusetzen.
    »Wir werden noch vor Abend unseren Kurs ändern, James, und genau nördlich laufen. Geben Sie die nötigen Befehle.« Tyacke blickte ihn aus klaren blauen Augen besorgt an. »Ich kenne die Risiken, James. Wir alle kennen sie. Des Rätsels Lösung lag hier vor aller Augen, aber nur Sie haben sie gesehen. Ihr einsamstes Kommando war also nicht umsonst oder wird es je sein.« Er fragte sich, ob Tyacke alle Erinnerungen noch einmal nachvollzog, den Brief, das Mädchen, an das er sich kaum erinnern würde oder nicht erinnern wollte. Vielleicht würde er eines Tages darüber reden. Doch Bolitho wußte sofort, daß das nie der Fall sein würde.
    »Glauben Sie, daß Ihr Aherne bei denen ist?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Es könnte gut sein, daß er bei seinen Vorgesetzten in Ungnade gefallen ist – wie John Pauljones.«
Wie mein eigener Bruder.
    Tyacke wollte schon gehen, doch er drehte sich noch einmal um, als Bolitho mit überraschender Bitterkeit bemerkte: »Keiner kann diesen Krieg gewinnen, aber auch keiner kann es sich leisten, ihn zu verlieren. Also lassen Sie uns unsere Rollen spielen, so gut es geht. Und dann wollen wir, in Gottes Namen, nach Hause gehen.«
    Sie standen eng um Yorks Kartentisch geschart. Eher Verschwörer als Männer des Königs, dachte Bolitho. Um das Schiff herrschte schwärzeste Nacht, die erwartungsgemäß früh gefallen war. Das Schiff rollte in einer steilen Dünung ungewöhnlich laut. Das nächste Land lag siebzig Meilen entfernt, Kap Säble in Neuschottland im Nordosten. Nach den großen Meerestiefen, an die sie sich gewöhnt hatten, spürten sie die Landnähe.
    Im schwingenden Licht sah Bolitho ihre Gesichter. Tyacke: ein ruhiges Profil, seine Brandwunden im Schatten. So etwa könnte ihn die junge Frau einst geliebt haben – die unverletzte Seite seines Gesichts war stark und anziehend.
    Neben ihm prüfte der Master mit seinem Kartenzirkel Entfernungen und Peilungen und verbarg dabei seine Zweifel nicht.
    Auch Avery hatte sich in den engen Raum gezwängt. Daubeny, der Erste Offizier, schob seinen Kopf unter den schweren Balken nach vorn und versuchte, über ihre Schultern hinweg einen Blick auf die Karte zu erhaschen.
    York sprach jetzt: »Bei hellstem Tageslicht ist es schon schlimm genug, Sir! Der Eingang zur Bucht mit allen Untiefen und Sandbänken ist ganze fünfundzwanzig Meilen breit, eher weniger. Wir werden unsere Formation nicht halten können. Und wenn die dann vorbereitet sind und auf uns warten…« Er beendete den Satz nicht.
    Tyacke spielte immer noch mit seiner ersten Idee: »Die können auch nicht einfach hineinsegeln und im Dunkeln angreifen, Isaac. Sie müssen überall in der Bucht loten. Ihre Boote würden getrennt werden und, wenn das Schlimmste passierte, sogar vollaufen!«
    Doch York blieb beharrlich: »Die ganze Ecke da wird von kleinen Fahrzeugen befahren, zumeist Fischern. Viele, die sich dort in Neu-Braunschweig nach der amerikanischen Rebellion niederließen, waren königstreu. Die lieben die Yankees bestimmt nicht, aber…« Er schaute zu Bolitho hinüber. »Was können sie gegen gut ausgebildete Truppen ausrichten?«
    »Wenn sie bereits gelandet sind«, griff Bolitho den Gedanken auf, »werden die Schiffe auf uns warten wie Entenfänger im Schilf. Aber so etwas braucht Zeit – braucht immer Zeit. Man muß die Boote zu Wasser lassen und Männer und Waffen hineinpacken. Das ist im Dunkeln ganz besonders schwierig. Die Hälfte der Soldaten wird seekrank sein… Mit Seesoldaten wäre das etwas anderes.« Er rieb sich das Kinn. Es war rauh. Allday müßte ihn also wieder einmal rasieren, sobald Zeit dafür war.
    Er fuhr fort: »Unsere Kommandanten können mit solchen Situationen umgehen. Wir haben solche gemeinsamen Unternehmungen geübt, wenn auch nicht in solch abweisenden Buchten wie dieser hier von Mr. York.« Er sah sie wie erwartet lächeln. So also wurde man getrieben – oder geführt. Man hörte jemanden sprechen, der mit Glauben und Zuversicht

Weitere Kostenlose Bücher