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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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andere bewegte. »Und wir müssen zugeben, daß ihr Plan, wenn sie ihn verwirklichen wollen, genial ist. Erfahrene Soldaten marschieren nach Norden und treffen dort andere Regimenter am St. Lawrence-Strom. Die Entfernung? Dreihundert Meilen vielleicht. Ich erinnere mich, daß in meinen Knabentagen das 46. Infanterieregiment von Devon nach Schottland marschierte. Und gewiß auch zurück!«
    Verunsichert wollte York wissen: »Gab es da im Norden wieder Probleme, Sir?«
    Bolitho lächelte. »Nein, der König hatte Geburtstag. Und wünschte sich das!«
    York grinste: »Na ja, das ist was anderes, Sir!«
    Bolitho nahm den Zirkel von der Karte. »Der Feind kennt die Risiken genausogut wie wir. Wir bleiben so nahe beieinander, wie wir können. Jeder Kommandant hat die besten Ausguckleute oben. Aber die können keine Wunder bewirken. In der Morgendämmerung sind wir auf Position –
hier
!« Die Spitzen des Zirkels fielen nach unten wie eine Harpune. »Vielleicht werden wir nachts auseinandertreiben, aber das Risiko müssen wir eingehen!«
    Tyacke hörte ihm schweigend zu.
Sie werden das Risiko eingehen
, sagten seine Blicke. Bolitho fuhr fort: »Wenn ich drüben die Verantwortung hätte, würde ich meine Truppen landen und eines meiner kleineren Schiffe so weit wie möglich unter Land schicken, um notfalls Feuerschutz zu geben. Das müßte klappen.« Sorgfältig legte er den Zirkel zur Seite. »Höchstwahrscheinlich jedenfalls.«
    »Und wenn wir uns irren, Sir…?« wollte Tyacke wissen.
    »Wenn
ich
mich geirrt habe, kehren wir nach Halifax zurück. Dann sind die wenigstens auf einen plötzlichen Angriff vorbereitet.« Er mußte an Keen denken, als er von St. Clairs Tochter gesprochen hatte. Viel schneller als erwartet könnte er Vizeadmiral werden, wenn der Feind etwas ganz anderes vorhatte.
    Er sah, wie Avery sich über den Tisch beugte und sich ein paar Notizen in seinem kleinen Buch machte. Ihre Blicke trafen sich kurz.
    Dann sagte er leise: »Danke, meine Herren. Bitte kehren Sie an Ihre Arbeit zurück. Kapitän Tyacke?«
    Tyacke fuhr sich über seine Narben. Wahrscheinlich war er sich dieser Geste gar nicht mehr bewußt.
    »Ich möchte gern, daß die Männer vor der Morgenwache schon ihr Frühstück bekommen, Sir. Danach machen wir das Schiff klar zum Gefecht, wenn Sie einverstanden sind.« Vielleicht hatte er gelächelt, doch sein Gesicht blieb im Schatten. »Keine Trommeln, kein Kriegsgeschrei!«
    »Und auch keine
Portsmouth Lass
?« fragte Bolitho schmunzelnd. Sie hatten den gleichen Gedanken, wie Verschwörer, wie Täter.
    Tyacke drehte sich schnell um. »Mr. Daubeny, strengen Sie Ihr Gehör nicht übermäßig an. Ich möchte gerne alle Offiziere und Unteroffiziere so bald als möglich in der Messe versammelt haben.« Und dann fiel ihm ein: »Unsere jungen Herren sollten wir bei der Gelegenheit auch dabeihaben. Die Midshipmen können sicher viel lernen!«
    York und Daubeny verschwanden, um sich wahrscheinlich mit den Gehilfen des Masters zu beraten. Es würde sie lange beschäftigen, aber an wenig Schlaf waren Seeleute gewöhnt.
    Auch Avery war verschwunden. Wie kaum ein anderer verstand er, daß Tyacke jetzt mit Bolitho allein sein wollte, nicht als Offizier, sondern als Freund.
    Bolitho hatte zwar geahnt, was sein Flaggkapitän ihm sagen wollte, dennoch überraschte es ihn.
    »Wenn wir den Feind treffen – und nach meiner Einschätzung werden wir das – möchte ich Sie um einen Gefallen bitten.«
    »Und der wäre, James?«
    »Wenn ich fallen sollte…« Er schüttelte den Kopf.
    »Lassen Sie mich ausreden, bitte. Ich habe zwei Briefe geschrieben. Ich würde mich besser fühlen und dieses Schiff leichter führen, wenn ich wüßte, daß…« Er schwieg einen Moment. »Ein Brief ist an Ihre Dame, Sir, und der andere an jemanden, den ich einst kannte…. zu kennen glaubte, vor fünfzehn Jahren etwa, als ich so ein Springinsfeld war wie dieser Mr. Blythe.«
    Sehr bewegt legte Bolitho ihm die Hand auf den Arm. So nahe war er dem Mann noch nie gewesen.
    »Wir werden morgen beide auf der Hut sein, James. Ich verlasse mich auf Sie!«
    Tyacke studierte noch einmal die abgenutzte Karte.
    »Morgen also!«
    Als er später in seine Kajüte ging, hörte Bolitho ungewöhnlich viele Stimmen aus der Messe. Sie war so voll wie sonst nicht einmal in den Häfen. Zwei Messejungen waren auf dem Boden so nahe an die Tür gekrochen, wie sie wagten, um alles mitzubekommen. Man lachte sogar, wie man wahrscheinlich vor allen großen

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