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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Ereignissen in der Geschichte gelacht hatte: Quiberonbucht, die Saintes, Alexandrien.
    Allday und Ozzard waren wie erwartet in der Pantry. Allday folgte Bolitho am Posten vorbei in die schwach beleuchtete Kajüte. Wie schwarzes Glas lag die See hinter dem Fenster. Bis auf die Schiffsgeräusche war es ganz still. Tyacke sprach jetzt zu seinen Offizieren und würde anschließend durch das Schiff gehen und sich den Männern zeigen, die von ihm abhingen. Er würde ihnen sicher nicht erklären, warum alles so gekommen war, sondern wie sie das Kommende angehen sollten. Doch wahrscheinlich wußte das längst jedermann an Bord. So war es auf der
Sparrow
, der
Phalarope
und vor allem auf der
Hyperion
auch gewesen.
    Allday wollte wissen: »Kommt Mr. Avery gleich nach achtern, Sir Richard?«
    Bolitho wies ihm einen Stuhl zu. »Nimm dir Zeit, alter Freund. Er wird sicher gleich Zeit finden, ein paar Zeilen für dich aufzuschreiben!«
    Allday grinste, und Sorge und Ungeduld waren verschwunden. »Das tut mir sehr gut, Sir Richard! Ich war nie gut, wenn’s ans Lernen aus Büchern ging.«
    Bolitho hörte Ozzard sich leise nähern. »Das geht sicher den meisten von uns so, sage ich mal. Trinken wir also auf die wir lieben, solange wir es noch können. Doch laß uns noch auf den Flaggleutnant warten.« Er blickte sich um. Avery selbst hatte wahrscheinlich schon einen Brief geschrieben an die unbekannte Dame in London. Vielleicht war sie nur ein Traum, eine letzte Hoffnung. Oder ein Anker, den sie alle brauchten.
    Er trat an das Barometer und klopfte ohne langes Nachdenken dagegen. Er mußte daran denken, wie Tyacke alles annahm, was getan werden mußte. Und wie sicher er sich seines Schiffes war. Und er dachte an seine Worte: »Wenn ich fallen sollte…« Diese Stimme, diese Worte galten für sie alle.
    Avery betrat die Kajüte, als der Posten ihn laut ankündigte.
    Bolitho fragte: »Ging alles gut, George?«
    Avery entdeckte Ozzard mit dem Tablett und den Gläsern.
    »Ich habe meinen Vater etwas sagen hören, vor vielen, vielen Jahren: Die Götter kümmern sich nicht um den Schutz der Unschuldigen, sondern nur um die Bestrafung der Schuldigen.« Er nahm ein Glas. Ozzard verzog keine Miene. »Ich habe nicht gedacht, daß ich es unter diesen Umständen wieder hören würde.«
    Bolitho wartete, bis auch Allday sich erhoben hatte, um mit ihnen anzustoßen.
Auf morgen also.
    Er dachte an Herrick, an alle.
    Dann hob er sein Glas. »Wir kleiner Kreis Vertrauter.« Das würden auch sie mögen, die nicht mehr unter ihnen waren.

Die Lee-Küste
    Leutnant George Avery klammerte sich an die Luvwanten und starrte dann hoch in den Fockmast. Wie die meisten anderen an Bord war er seit einer Stunde an Deck, und dennoch hatten sich seine Augen noch nicht an die Dunkelheit gewöhnt. Er konnte die helle Silhouette des hartgebraßten Bramsegels erkennen – doch darüber nichts außer einem gelegentlichen Stern, der durch lange Wolkenfetzen blinkte. Er zitterte in der Kälte. Seine Kleider waren feucht und klebten an ihm. Und noch etwas spürte er, das er längst hinter sich gelassen zu haben glaubte: Ihm war leicht im Herzen, und der Kopf war frei wie damals auf dem kleinen Schoner
Jolie
, als sie kleine Prisen an der französischen Küste aufbrachten, manchmal unter den Mündungen der Küstenbatterien. Wilde verwegene Jahre waren das. Er mußte in der Kälte fast lachen. Heute fühlte er sich wieder so verrückt wie damals.
    Er zog sich hoch und stand mit dem Fuß auf der ersten Webleine. Und dann begann er langsam und vorsichtig den Aufstieg. Das große Signalteleskop hing über seiner Schulter wie das Gewehr eines Wilddiebs. Immer weiter hoch. Die Wanten vibrierten in seinem Griff, das geteerte Gut war scharf und kalt wie Eis. Vor der Höhe hatte er keine Furcht, doch er respektierte sie seit jenen Tagen, als er, von seinem Onkel gefördert, Midshipman geworden war und zum ersten Mal aufenterte. Die Seeleute waren grob und wenig hilfsbereit gewesen, doch ihn behandelten sie freundlich. Sie pflegten barfüßig die Webleinen aufzuentern. Ihre Fußsohlen waren mit so harter Hornhaut bedeckt, daß sie Schuhe verachteten und sie nur zu ganz besonderen Gelegenheiten trugen.
    Er blieb stehen, um Atem zu schöpfen. Sein Körper wurde gegen das vibrierende Rigg gepreßt, als sich unter ihm das Schiff in einer plötzlichen Bö überlehnte. Ihm war, als hielten ihn eiskalte Hände fest.
    Obwohl er unter sich nichts erkennen konnte als den festen Umriß des

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