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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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einstige Alliierte. Ganz sicher war seine Niederlage unvermeidlich, wahrscheinlich sogar eher, als die Strategen in London zu hoffen wagten. Wenn das eintreffen würde… Wieder hörte Bolitho die Meinung Bethunes: Die Niederlage der Franzosen würde sofort viel mehr Schiffe für den amerikanischen Kriegsschauplatz freisetzen. Doch bis dahin… Er blieb am Heckfenster stehen und starrte nach unten in die dunkle, wirbelnde Strömung.
    Das alles war in Bethunes gefälligen Räumen in der Admiralität geschehen. Keiner hatte es gesehen oder es beachtet. Er blickte in die sich spiegelnden Lichter, bis seine Augen tränten. Die sorgsam formulierten Depeschen, die Listen von Schiffen und Geschwadern, die Tag für Tag die Versorgungslinien zu Wellingtons Armeen unterhielten. Schiffe fütterten seine siegreichen Regimenter und erlaubten auch kleinste Vormärsche. Sogar Sillitoe hatte es nicht gesehen, weil es in seine feingesponnenen Pläne und Einschätzungen, die er dem Prinzregenten präsentierte, nicht paßte. Arroganz, überhebliches Vertrauen – nicht zum erstenmal würde die sorgfältige strategische Planung von Mächtigen vom Tisch gewischt, weil sie nur im Blick hatten, was sie sehen wollten.
    Es gab bei allem einen Makel. Ein Gesicht in der Menge, gegenwärtig, doch unerkannt.
    Alles, was sie sehen konnten, war die endgültige Niederlage Napoleons. Nach zwanzig Jahren Krieg schien sie endlich so nah wie ein kaum noch für möglich gehaltener Landfall. Er wußte, daß Tyacke nicht einmal den Versuch unternommen hatte, seine Ablehnung Dawes gegenüber zu verbergen. Er mochte auch dessen Art nicht, das Geschwader in Abwesenheit des Admirals einzusetzen. Vielleicht war Dawes auch so einer, der nur sein eigenes Vorankommen im Blick hatte, allem anderen gegenüber blind war. Eine Beförderung, die wie Nebel in der Sonne verschwand, wenn der Krieg plötzlich vorüber war.
    Dann dachte Bolitho über seine Besucher nach. Keen verhalten enthusiastisch über sein neues Kommando, wild entschlossen, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen und seinen Verlust zu begraben. Nur Adam schien nicht in der Lage oder willens zu vergessen.
    Er hörte etwas in der Kammer rascheln, ein feines Signal Ozzards, daß er noch auf den Beinen war, falls man ihn brauchte.
    Und was kann ich?
Verbittert über die Trennung von der geliebten Frau hatte er seine Gefühle vergessen, die in den vielen Jahren als Kommandant einer Fregatte in ihm gewachsen waren.
    Vielleicht sollte alles einmal so enden. Er hatte die leichte Tür geöffnet, ohne es recht zu bemerken. Verblüfft glotzte ihn der Posten vor der Tür an. Da stand der Admiral in der feuchten Luft zwischen den Decks ohne Uniformjacke. Er brauchte nur einen Finger zu heben, und jedermann würde sich die Beine für ihn ausreißen. Was also war jetzt los mit ihm?
    Aus der Offiziersmesse hörte Bolitho Stimmengemurmel. Vielleicht war Avery dort. Und auch James Tyacke, obwohl der lieber allein in seiner Kammer arbeitete. Er schlief nie mehr als ein oder zwei Stunden in einem Stück. Doch irgendwo würde es jemanden geben, mit dem er sich unterhalten könnte.
    »Stimmt was nicht, Sir Richard?«
    Bolitho ließ seine Arme sinken. Natürlich war es Allday, der ihn nie aus den Augen verlor. Er war nicht überrascht, hatte auf diese Begegnung wohl gewartet.
    »Ich möchte mit jemandem reden, alter Freund. Über nichts Besonderes… ich weiß selber nicht.« Er wandte sich an den stocksteifen Posten, der ihn mit Glubschaugen anstarrte, als würge ihn sein Kragen. »Rühren, Wilson. Sie haben nichts zu befürchten.«
    Der Seesoldat schluckte. »Jawohl, Sir.« Als er die Tür hinter sich zufallen hörte, wischte er sich mit dem Ärmel über das Gesicht. Sein Sergeant hätte ihn deswegen zur Schnecke gemacht. Doch er war mit seinem Trupp oben im Großtopp gewesen bei den anderen Scharfschützen, als sie donnernd neben dem Gegner lagen. Nur einen Augenblick lang, der sicher nichts bedeutete. Laut sagte er: »Er kannte meinen Namen. Er kannte wirklich meinen Namen.«
    Ozzard hatte einen kleinen Krug mit Rum gefüllt und ihn so auf den Tisch plaziert, daß Allday keineswegs annehmen konnte, er bediene auch ihn.
    Allday hockte auf der Bank unter dem Fenster und schaute Bolitho nach, der unruhig in der Kajüte auf und ab ging wie in einem Käfig.
    »Erinnerst du dich an die Schlacht bei den Saintes, alter Freund?«
    Allday nickte. Bryan Ferguson hatte ihn das gleiche gefragt, als sie auf Bolitho und seine Dame

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