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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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wieder: »Ich wollte Ihnen etwas sagen, Sir Richard!« Er schaute sich um, wurde verunsichert durch das Stampfen der Stiefel der Ehrenwache an der Pforte. Die Seesoldaten bereiteten sich darauf vor, den Besucher mit allen militärischen Ehren zu empfangen. »Ach, das kann warten.«
    Bolitho saß auf einer Ecke des Tisches. »Ich glaube, das kann es nicht. Irgend etwas zerreißt Sie innerlich. Ob’s nun etwas Gutes oder Schlimmes ist, oft hilft’s einem selber, wenn man den anderen ins Vertrauen zieht.«
    Avery hob die Schultern. »Ich war auf einem Empfang in London.« Er versuchte ein Lächeln. »Mir ging’s wie einem Fisch auf Land.« Das Lächeln erreichte seine Augen nicht. »Ihre… Lady Bolitho war dort. Wir unterhielten uns natürlich nicht. Sie kennt mich ja gar nicht!«
    Das also war’s. Er wollte nicht davon sprechen, um mich nicht zu beunruhigen.
Und dann dachte er über den Grund nach, der Avery auf einen Empfang geführt hatte.
    »Davon bin ich nicht so überzeugt, aber Dank für die Meldung. Es erforderte Mut, nehme ich an.« Er griff nach seinem Hut, als er vor der leichten Tür eilige Schritte hörte. »Ganz besonders, weil auch die Stimmung Ihres Admirals seit längerem nicht die beste war!«
    Es war der Erste Offizier, steif und beklommen in seiner neuen Aufgabe.
    »Der Kapitän läßt grüßen, Sir Richard!« Sein Blick eilte flink durch die große Kajüte.
    Bolitho lächelte. »Äußern Sie sich, Mr. Daubeny. Wir sind schon ganz gespannt.«
    Der Leutnant grinste nervös. »Das Boot von Konteradmiral Keen hat abgelegt, Sir!«
    »Wir kommen gleich an Deck!«
    Nachdem die Tür zugefallen war, fragte Bolitho: »Man hat also nicht versucht, Sie in unseren Skandal hineinzuzerren?«
    »Das hätte niemand mit mir machen können, Sir Richard!«
    Trotz tiefer Falten im Gesicht und trotz grauer Strähnen im dunklen Haar sah und klang er verletzbar wie ein viel jüngerer Mann.
    Ozzard hielt ihnen die Tür auf, und sie gingen an ihm vorbei. Am Fuß des Niedergangs blieb Bolitho stehen und musterte mit plötzlicher Eingebung seinen Flaggleutnant.
Er sieht aus wie ein Mann, der sich plötzlich verliebt hat und nicht weiß, was er jetzt tun soll.
    Als er das naßglänzende Achterdeck überquerte, sah er Tyacke, der ihn erwartete.
    »Das sieht alles sehr ordentlich aus, Kapitän Tyacke!« Das harte, vernarbte Gesicht zeigte kein Lächeln.
    »Ich werde das an die Ehrenwache weitergeben, Sir Richard!«
    Avery hörte zu, ihm entging nichts, und doch dachte er immer noch an den Empfang, die gewagten Kleider der Damen, die Arroganz der Gäste. Was wußten die wohl von Menschen wie diesen? Tyacke mit seinem zerstörten Gesicht und seinem Mut, das Angestarrtwerden auszuhalten, das Mitleid und die Ablehnung. Oder von Sir Richard, der hier auf dem blutüberströmten Deck gekniet hatte, um die Hand eines sterbenden amerikanischen Kapitäns zu halten.
    Wie sollten sie auch von all dem hier etwas ahnen?
    Die Gehilfen des Bootsmanns befeuchteten die Pfeifen mit dem Mund, die Jungen warteten unterhalb der Pforte, um die schmucke grüne Barkasse abzuhalten, und die doppelte Linie der scharlachroten Seesoldaten schwankte leise in der Dünung des Hafens.
    Dies ist mein Leben. Ich will nichts anderes.
    »Seesoldaten! Präsentiert das…!« Den Rest übertönten die schrillenden Pfeifen.
    Sie waren wieder alle eine Mannschaft.
    Nach dem langen Tag schien die
Indomitable
jetzt ruhig und friedlich. Offiziere waren gekommen und gegangen, örtliche Würdenträger entboten dem Admiral ihre Grüße, und jeder einzelne wurde mit den ihm gebührenden Ehren empfangen und entlassen. Die Pfeifen hatten den Männern Nachtruhe verkündet. Nur noch Wachen und scharlachrot gekleidete Posten bewegten sich auf den oberen Decks.
    Achtern in seiner Kajüte beobachtete Bolitho die Sterne. Sie schienen glitzernd die Lichter der Stadt zu reflektieren und sich mit ihnen zu mischen. Hier und da bewegte sich eine kleine Laterne auf dem dunklen Wasser – ein Wachboot, ein Bote oder vielleicht sogar ein Fischer.
    Der Tag hatte ihn ermüdet. Adam und Valentine Keen waren zusammen an Bord gekommen, und einen Augenblick waren sie unsicher gewesen, als sie Tyacke und Avery wiedertrafen. Keen hatte auch seinen neuen Flaggleutnant, den Ehrenwerten Lawford de Courcey mitgebracht, einen schlanken jungen Mann, dessen Haar fast so hell war wie das seines Admirals. Er war ihm sehr ans Herz gelegt worden, berichtete Keen, war intelligent und sehr einsatzfreudig.

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