Unter dem Georgskreuz
ich weiß, daß Sie sich um mich gekümmert haben – und das respektiere ich!«
Ja, in der Tat überraschte es Bolitho, daß seine Rückkehr wie eine Heimkehr war. Und trotz seiner Hoffnungen und Wünsche wußte er, daß er wirklich hierhergehörte.
Er hatte den Angriff auf die
Royal Herold
beschrieben und das vernarbte Gesicht Tyackes dabei beobachtet. Nachdenklich wertete er jedes Fetzchen Information aus und setzte es in Beziehung zu allem, was er selber wußte.
Eine recht lange Beschießung, um das Transportschiff zu fangen und es zu zerstören, ehe es in die Dunkelheit fliehen konnte. Keiner hatte auch nur einen einzigen Schuß gehört, der als Antwort abgefeuert worden war – als Geste oder als Zeichen von Todesverachtung vor dem sicheren Ende. Nichts dergleichen. Es war kalkulierter Mord. Hatte die Falle der
Royal Enterprise
gegolten, also ihm? War es möglich, daß ein einzelner die Falle so sorgfältig aufgestellt hatte und sie nur durch eine Wetterlaune und einen Unfall falsch zuschnappte?
Er las jeden einzelnen Bericht, den Keen für ihn gesammelt hatte, daraufhin durch. Keen wußte, daß sein Admiral sich als erstes mit ihnen vertraut machen wollte. Wenn da draußen auf See nicht ein zweiter Nathan Beer lauerte, den die örtlichen Patrouillen auf der Suche nach plötzlichen Bewegungen größerer Schiffe nicht entdeckt und von dem sie nichts gehört hatten, dann machte seine Theorie wenig Sinn – genausowenig allerdings wie die Annahme eines Zufalls.
Sie wollten Sie töten!
Also kein zweiter Nathan Beer. Vielleicht gab es keinen zweiten Offizier mit so gründlicher Erfahrung und einem so ausgeprägten Ehrgefühl. Vor allem anderen war Nathan Beer Seemann gewesen. Er hätte niemals unbewaffnete Männer, die keinen Widerstand leisten konnten, getötet. Er fragte sich, ob Beers Witwe in Newburyport Beers Säbel erhalten hatte, den Bolitho ihr persönlich hatte zuschicken lassen. Bedeutete er ihr etwas? Er blickt auf seinen alten Familiensäbel, der in seinem Gestell an der Kajütenwand ruhte. Allday pflegte ihn regelmäßig. Würde der Säbel Catherine helfen, falls ihm selber das Schlimmste widerfuhr? Er dachte an das Bild, das sie von sich hatte malen lassen. Die wahre Catherine, hatte sie es getauft. Der Maler hatte sie genau so auf die Leinwand gebannt, wie sie erinnert werden wollte – in der groben Seemannskleidung, die sie im offenen Boot getragen hatte. Vielleicht würde sie den alten Säbel sehr schätzen… Die Tür wurde einen Spalt breit geöffnet, Avery schaute herein. Der kurze Aufenthalt in England hatte ihn verändert, dachte Bolitho. Er war immer zurückhaltend gewesen, doch jetzt hatte er sich in sich zurückgezogen, schien besorgt und nach innen gewandt. Bolitho schätzte George Avery viel zu sehr, um neugierig nachzufragen. Zu oft hatten sie Gefahren gemeinsam gemeistert und wußten, daß dieses schweigende gegenseitige Verstehen sie beide wie ein Anker hielt.
Avery meldete: »Signal von der
Valkyrie
, Sir Richard! Konteradmiral Keen wird gleich zu uns ablegen.«
»Informieren Sie bitte Kapitän Tyacke!« Sanft antwortete Avery: »Er weiß es schon!« Bolitho griff nach seiner schweren Uniformjacke. Irgendwie trug er sie beim Arbeiten am Tisch in seiner Kajüte nicht gern. Er meinte, sie beeinflusse seine Entscheidungen. In ihr würde er eher als Admiral und weniger als Mann denken und fühlen.
Es war wahr: Tyacke schien alles zu wissen, was an Bord seines Schiffes geschah. So hatte er wahrscheinlich seine Ablehnung oder gar Furcht vor diesem Kommando oder vor dem neuen Rang als Flaggkapitän nach der fast privaten Welt auf der
Larne
überwunden. James Viney, Zahlmeister auf der
Indomitable
, war als krank und ungeeignet für weitere Verwendung auf See entlassen worden. Bolitho hegte den Verdacht, daß Tyacke von Anfang an von Vineys Umtrieben geahnt hatte. In enger Zusammenarbeit mit ebenso unehrlichen Schiffshändlern an Land hatte er habgierig seine Bücher gefälscht. Solche Vergehen waren allgemein üblich, und einige Kapitäne unternahmen nichts dagegen. Anders James Tyacke.
Bolitho ließ seine Gedanken wieder zu dem Angriff zurückkehren. Angenommen, er sollte getötet werden. Damit konnte er sich abfinden, doch die Frage nach dem Motiv war eine ganz andere. Ein einzelner Mann war doch nie so wichtig! Nelson war bisher der einzige, der einen überwältigenden Sieg mit reiner Intuition erfochten hatte, ehe er tödlich verwundet gefallen war. Abrupt meldete sich Avery
Weitere Kostenlose Bücher