Unter dem Georgskreuz
sehe, Sie haben Ihre Zeit nicht vergeudet!«
Auf den unrasierten Wangen des jungen Mannes erschienen zwei rote Flecken, und Adam stieg schnell ins Boot.
Wenn du nur wüßtest.
Er sah die eroberte amerikanische Fregatte und die andere, die
Success
, die von den Breitseiten der
Indomitable
in Minuten zur Aufgabe gezwungen worden war. Er erinnerte sich an den jungen Leutnant, der an seinen Verletzungen gestorben war, den Sohn von Kapitän Joseph Brice, der ihn in Gefangenschaft vernommen hatte. Ein kranker Offizier mit sehr viel Würde, dessen höfliche Behandlung ihn an Nathan Beer erinnerte. Er fragte sich, ob Brice davon schon wußte und ob er sich Vorwürfe machte, seinen Sohn zur Marine gebracht zu haben. Von Angesicht zu Angesicht mit Männern die Klinge kreuzen, die dieselbe Sprache sprachen, sich jedoch freiwillig für ein anderes Land entschieden hatten… Vielleicht war es besser, einen Feind zu haben, den man hassen konnte. Es war nötig, daß man im Krieg haßte, ohne nach dem Grund zu fragen.
»Ruder auf!«
Er stand und griff nach dem Handlauf. Die Rückkehr zur
Valkyrie
hatte er gar nicht richtig wahrgenommen.
Er sah den Flaggleutnant an der Relingspforte warten und seinen Blick suchen. Er hob den Hut grüßend zum Achterdeck und lächelte.
Es war natürlich leichter, die einen mehr zu hassen als die anderen.
Konteradmiral Valentine Keen drehte sich vom Heckfenster der
Valkyrie
um, als Adam, gefolgt vom Flaggleutnant, die große Kajüte betrat.
»Ich kam, so schnell ich konnte, Sir. Ich war an Land.« Sanft antwortete Keen: »Nichts Wichtiges. Sie sollten sich mehr Zeit für sich nehmen.« Er sah den Flaggleutnant an.
»Danke, Lawford. Machen Sie mit den Signalen weiter wie besprochen.«
Nachdem die Tür geschlossen war, meinte Adam: »Neuigkeiten, Sir?«
Keen lächelte unentschieden. »Nicht ganz. Aber unsere Pläne haben sich geändert. Die
Success
wird nach Antigua auslaufen. Ich habe mit der Werft gesprochen. Wir haben keine andere Wahl. Halifax ist randvoll mit Schiffen, die überholt oder repariert werden müssen. Die
Success
war in einem ziemlich jämmerlichen Zustand nach dem Treffen mit der
Indomitable
. Das hing sowohl mit dem Rott im Holz als auch mit Kapitän Tyackes Breitseiten zusammen.«
Adam wartete ab. Keen versuchte, die neue Lage locker darzustellen. Die
Success
war ziemlich mitgenommen, ja, aber nach der Reparatur ihres Riggs würde sie wieder einigermaßen gut segeln. Doch Antigua lag zweitausend Meilen entfernt – und das in der Hurrikan-Saison. Man mußte Glück haben… »In einer Woche etwa erwarten wir hier den nächsten Geleitzug: Vorräte und Ausrüstung für das Heer, nichts Außergewöhnliches. Sir Richard hat vor, ihm mit der
Indomitable
und zwei anderen Schiffen des Geschwaders auf dem letzten Stück Geleitschutz zu geben. Es besteht die Möglichkeit, daß sie ihn angreifen, zerstreuen und das eine oder andere Schiff versenken werden.« Er sah ihn ruhig an. »Die
Success
braucht starke Begleitung.« Sein Blick glitt durch die Kajüte. »Dieses Schiff ist groß genug, um jeden verrückten Kaperer abzuschrecken, der vorhaben sollte, sie zu nehmen.« Er lächelte dünn. »Und schnell genug, um nach Halifax zurückzukehren, falls es mehr Ärger gibt.«
Adam trat an den Tisch und zögerte, als er die Miniatur neben Keens offenem Logbuch entdeckte. Das überraschte ihn so sehr, daß er Keen kaum sagen hörte: »Ich muß hierbleiben. Ich führe mein Kommando von Halifax aus. Alle anderen Schiffe könnten woanders gebraucht werden.«
Er konnte seinen Blick nicht von der Miniatur wenden und erkannte die Abgebildete sofort. Ihr Lächeln war für jemand anderen bestimmt gewesen, als es gemalt wurde.
Keen fuhr fort: »Für Sie ist das keine große Sache, Adam. Bei anderen Kommandanten müßte ich länger nachdenken. Die
Success
ist in English Harbour sicherer. Bestenfalls kann sie als Wachschiff eingesetzt werden, schlimmstenfalls kann man jedoch ihre Spieren und Waffen dort gut gebrauchen. Was meinen Sie?«
Adam sah ihn an und ärgerte sich, daß er das nicht annehmen konnte, aber auch kein Recht hatte, die Aufgabe abzulehnen. »Ich halte das für zu riskant, Sir!«
Keen schien überrascht. »Sie, Adam? Sie sprechen von riskant? Für die ganze Welt ist das alles nur der Aufbruch von zwei großen Fregatten. Selbst wenn Spione des Gegners Ihr wahres Ziel herausfinden, was heißt das schon? Sie haben bestimmt keine Chance mehr, irgend etwas dagegen zu
Weitere Kostenlose Bücher