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Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)

Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)

Titel: Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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eigenes billigstes Klischee durch die Hotels dieser Welt zu hechten?
    Ist er eine Comic-Figur wie Arnold Schwarzenegger, dessen Körperbau so unplausibel wirkte wie seine Ehe mit einer Frau aus dem Kennedy-Clan und der sich mit seinem unehelichen Kind auf eine Boris-Beckerhafte Art lächerlich gemacht hat?
    Ist er wirklich, pardon my French, nur schwanzgesteuert?
    Haften bleibt: Der Mann als Problem.
    Die Frau definiert sich über die Zukunft. Der Mann definiert sich über die Vergangenheit, als Autoritätsperson, als Alleinverdiener. All das ist futsch. Was ihm fehlt, ist ein positives Rollenbild.
    Er ist ein ‹Kulturverlierer›, hört er, er ist ein ‹Bildungsverlierer›, er fühlt sich bei Scheidungen schlechter behandelt, weil die Behörden immer noch nach der im Grunde antifeministischen Annahme arbeiten, dass Frauen sich besser um die Kinder kümmern.
    Er wird so langsam an den Rand des Arbeitsmarktes gedrängt, dass er es selbst gar nicht merkt, er bildet das Heer der Obdachlosen, er stirbt im Durchschnitt fünf Jahre früher als eine Frau, er bringt sich dreimal so häufig um.
    Was also ist heute ein Mann?
     
    Ach, es ist ein Trauerspiel, und ich selbst sehe da im Moment für mich nur eine Lösung: Mein Sohn muss schwul und Modedesigner werden! Weil er dann das Beste beider Geschlechter in sich vereint: Weinen bei «Yentl», aber kein PMS . Shoppen mit Mutti, aber keine Wechseljahre. Bis ins hohe Alter Hot Pants tragen, jedoch frei von Orangenhaut. Kinder von Leihmutter bekommen, ohne die Angst der Neumütter, dass der Bauch für immer wabbelig bleibt und der Partner sich in das hübsche kolumbianische Au-pair-Mädchen verliebt.
    Meines Wissens ist das übrigens eine absolute Marktlücke: die Spezialisierung auf die Vermittlung unansehnlicher Angestellter.
    Werde mir den Namen «The Ugly Au-Pair» schon mal schützen lassen.

«Die Beziehung zu mir selbst und zum Leben ist tiefer geworden, seit ich etwas habe, dessen Leben mir wichtiger ist als das eigene. Ich glaube, es ist heilsam, ein anderes Wesen mehr zu lieben als sich selber. Sich nicht mehr nur um sich selber zu sorgen, ist ein großes Glücks- und Freiheitserlebnis.»
    MARGARETE MITSCHERLICH
    11. November
    Schwangerschaftswoche: 16 + 0 Tage
Ab heute 5. Monat! 
    Gewicht: 73 Kilogramm. (Ich habe beschlossen, mich nicht mehr auf die Waage bei meinem Frauenarzt zu stellen. Die geht falsch! Drei Kilo mehr als zu Hause! Diese Demütigung tue ich mir nicht mehr an. Ich wiege mich ab jetzt daheim und flüstere der Sprechstundenhilfe das Ergebnis in einem unbeobachteten Moment zu.)
     
    I m Grunde ist es eine Frechheit, wie selten ich gefragt werde, ob ich schwanger sei. Was glauben die Leute denn, was hier gerade mit mir passiert? Das mich jemand heimlich mit einem Strohhalm aufpustet wie einen Laubfrosch?
    Ich informiere jetzt jeden darüber, auch ungefragt, dass ich ein Kind erwarte, damit nicht hinter meinem Rücken erzählt wird, ich sei unheimlich fett und erschreckend kurzatmig geworden.
    Ich bin seit heute im fünften Monat. Endlich, denn das passt besser zu dem Anblick, den ich biete. Meinen enormen Bauch kann ich jetzt nicht mal mehr ansatzweise einziehen. Eigentlich ganz befreiend, endlich mal heraustreten zu können aus dem ganzen Fettverbrennungs-Zirkus und Figur-Wahnsinn.

    Als Schwangere bist und hast du keine Konkurrenz. Du bist unvergleichlich, außer natürlich mit anderen Schwangeren, die sich übrigens untereinander grüßen – so wie Motorradfahrer.
    Als deutlich trächtige Frau kannst du dich nach dem Sport nackig in der Umkleidekabine getrost neben die Dünnste und Schönste stellen. Sie wird sich nicht toll vorkommen, so wie sonst. Und du wirst dir nicht scheiße vorkommen, so wie sonst.
    Wobei, ich muss es euch jetzt einfach mal sagen, ihr wohlgestalteten Frauen mit der makellosen Haut, den straffen Schenkeln und dem glänzenden Haar: Natürlich seht ihr viel besser aus als ich. Aber ihr seid nur schön, weil ich es nicht bin! Wenn alle aussähen wie ihr, würdet ihr ja überhaupt nicht mehr auffallen.
    Also, legt euch ruhig weiterhin im Freibad neben mich, genießt das augenblicklich eintretende optische Gefälle, sonnt euch neben mir in eurer Schönheit, die durch meine Durchschnittlichkeit erst zum Strahlen gebracht wird. Aber dafür erwarte ich Dankbarkeit! Seid gefälligst nett zu mir, denn ihr wäret nichts ohne mich!
    So, das hat jetzt mal unheimlich gutgetan.

13. November
    Schwangerschaftswoche: 16 +

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