Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)
sind unsere.
«Das ist der Magen», sprach der Arzt.
Nun denn, ein kleiner Irrtum meinerseits, aber ich bin ja auch nicht vom Fach.
«Und jetzt schauen Sie mal, was man hier sehr schön sehen kann», fuhr der Gynäkologe fort.
Ich musste selbst als Ultraschall-Niete keine zwei Mal gucken. Ein Mini-Pimmel. Das war sonnenklar. Ich sagte: «Scheiße.» Das tat mir dann leid, und es folgte betretenes Schweigen.
Mein Mann ließ sich mit einem vorwurfsvollen Geräusch zurück auf seinen Stuhl plumpsen, seinem Ausatmen konnte ich die Enttäuschung anhören.
Und dann, wie zum Hohn, fing das kleine Kerlchen an, sich gleichzeitig in der Nase zu bohren und am Sack zu kratzen. Na bravo. Kaum größer als ein Schnapsgläschen und jetzt schon ein Proll.
«Das eigentliche Unheil des Feminismus ist die Feminisierung
der Männer. Väter sind heute keine Leitfiguren mit
glaubwürdiger Autorität.
Ein Kind, das männliche Orientierung sucht, entdeckt
verunsicherte Schwächlinge, die über die richtige Frisur
nachdenken. Schalten Sie das Fernsehen ein:
In 90 Prozent aller Hollywood-Filme ist der Mann
der Idiot und die Frau on top.»
TOMI UNGERER
6. November
Schwangerschaftswoche: 15 + 2 Tage
H eute Morgen um halb sieben wachte ich mit dem Gefühl auf, nicht allein zu sein. Eine winzige, hauchzarte Bewegung in meinem Bauch, ein Bubbelbläschen im Ozean, ein Schmetterlingsflügelschlag im Universum.
Einbildung?
Ich schlief mit einem breiten Grinsen im Gesicht wieder ein.
Vielleicht ist es Einbildung. Aber vielleicht auch nicht.
Vielleicht ist das mein Sohn!!!
Ich habe keine zwölf Stunden gebraucht, um mich mit der Tatsache, dass ich einen Jungen bekommen werde, nicht nur abzufinden, sondern darüber regelrecht erleichtert zu sein.
Auf einmal ist es so, als hätte es nicht anders sein können, als habe alles seine wunderbare Richtigkeit und als sei ein Mädchen für mich nie wirklich in Frage gekommen – schon allein, weil ich das Unternehmen «Prinzessin Lillifee» nicht unterstützen und zu der Verrosaisierung der Welt nicht unnötig beitragen möchte. Außerdem bin ich nach bald vierzig Lebensjahren mit meiner eigenen Frisur noch nicht im Reinen – undenkbar, noch für eine weitere mitverantwortlich zu sein.
Haarspangen werden in meinen ungeschickten Händen zu gefährlichen Stichwaffen, und auch mit Bürste und Föhn habe ich mir und anderen schon ernsthafte Verletzungen zugefügt.
Mein Glätteisen sorgte zunächst für einen Kurzschluss im gesamten Haus, um dann, als es sich mitten in der Nacht unvermittelt wieder anschaltete, den Kulturbeutel meines Mannes zu einem übelriechenden Klumpen zu zerschmelzen.
Dank dir, du gnädiges, wohlwollendes Schicksal!
Du schenkst mir einen Sohn!
Und ich habe ja eigentlich auch nichts gegen Männer. Ich habe ja selber einen, mit dem ich ganz gut zurechtkomme. Es ist eher so, dass ich mir Sorgen mache um Männer. Generell. Was aus denen werden soll, jetzt, wo sie immer weniger damit zu tun haben, Feuerholz zu schlagen, Mammuts zu töten und Regale an die Wand zu dübeln.
Nachdem ich nun einen Jungen in die Welt setzen werde, empfinde ich zum ersten Mal in meinem Leben so was wie Mitgefühl für das andere Geschlecht. Seit sie Frauen nicht mehr unterdrücken dürfen, wissen Männer ja kaum noch etwas mit sich anzufangen.
Männer sind entbehrlich geworden, und das scheint ihnen nicht gut zu bekommen.
Während sie sich vom Sofa aus die Emanzipation der Frauen wie eine Vorabendserie angeschaut haben, haben sie selbst es komplett versäumt, sich zeitgemäß zu entwickeln. Männer sind nicht das, was sie sein sollten. Und das macht es so schwierig für alle Beteiligten. Seit Traditionen zerbröseln und Frauen Karriere machen, gibt es immer weniger Grund für das vermeintlich starke Geschlecht, sich stark zu fühlen.
Die Herrschaft der Männer ist bedroht, das Y-Chromosom schon längst als genetische Ruine entlarvt, und – wir alle kennen das von zu Hause – nichts ist der Stimmung weniger zuträglich als ein Mann in der Krise.
Gerade habe ich leider das Buch «Heldendämmerung» von Ute Scheub gelesen. Es ist gruselig und beunruhigend, ein wuchtiges Werk, das die fortschreitende Entmachtung der Männer beschreibt und gleichzeitig vor der Gefahr warnt, die von entmachteten Männern ausgeht. «Sie wehren sich mit allen Mitteln gegen ihren Sturz – zur Not auch mit Waffengewalt und Kriegen.»
Da steht, und zahlreiche Studien und Experten scheinen das zu
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