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Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)

Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)

Titel: Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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der Bühne eine Mikrowelle zerhackten, ohne sich dabei doof vorzukommen.
    Aufs Seminar «Erotic Dance», wo ich mir doof vorkam.
    Und demnächst wird meine Heldin mit mir in den Kreißsaal einziehen, um ein Kind zu gebären. Sie wird durch Krabbelgruppen krabbeln und Nasenschleim mit speziellen Nasenschleimabsaugern aus Babys Schleimnase absaugen.
    Aber der Erfolg und die bescheidenen Ausläufer des Ruhmes, die mich manchmal streifen, haben auch ihre Schattenseiten. Neulich zum Beispiel wurde ich von einer renommierten Werbeagentur angefragt, ob ich für eine Unterwäsche-Anzeigenkampagne modeln würde.
    Da war ich überrascht, gelinde gesagt. Denn ich habe ja mittlerweile ein Alter und eine Konfektionsgröße erreicht, in denen sich eine Zweitkarriere als Dessousmodel nicht aufdrängt.
    Mein Mann murmelte, es sei schon erstaunlich, was im Zeitalter digitaler Bildbearbeitung plötzlich in den Bereich des Möglichen rücke. Und mein Freund Clemens bot sich an, fix zu recherchieren, für welche Folge von «Verstehen Sie Spaß?» der Beitrag geplant sei.
    Das schmerzt.
    Die Kampagne ist mittlerweile ohne mein Mitwirken erschienen.
    Das Nützliche und für meine Bücher Verwertbare kommt ja oft unverhofft, und so sollte ich niemals ohne Zettel und Stift aus dem Haus gehen. Da ich jedoch sehr vergesslich bin, gehe ich fast immer ohne Zettel und Stift aus dem Haus.
    Ich habe mir, um mein Leben mitzuschreiben, wenn es gerade mal gut ist, extra ein in hochwertiges Leder gebundenes Notizbuch gekauft. In das Notizbuch hat es erst ein Satz geschafft, und der fällt mir gerade nicht ein.
    Aber mein Schreibtisch ist voll von zerrissenen Papiertischdecken, Servietten, Visitenkarten und für die Steuer nicht mehr zu verwertenden Bewirtungsbelegen, die über und über bekritzelt sind.
    Hier neben mir liegt ein Stück Geschenkpapier, auf das ich eine Äußerung meines Freundes Jo notiert habe – es muss zu später Stunde gewesen sein, denn meine Schrift neigt sich bedenklich betrunken nach rechts:
    «Ich habe mir mal von einer Schwäbin beim Sex Filzläuse einkassiert. Bis heute habe ich noch manchmal Albträume von Filzläusen, die mich mit hohen Fistelstimmchen auf Schwäbisch beschimpfen.»
    Auf einen Überweisungsvordruck der Stadtwerke habe ich den verzweifelten Ausruf einer Freundin geschrieben, die sich über ihren Geliebten und über die zu geringe Bedeutung, die sie in seinem Leben hat, mit dem Satz beklagte:
    «Der Scheißkerl hat ja noch nicht mal seinem Therapeuten von mir erzählt!»
    So leidet eine moderne Frau.
    Auf meinem Computer habe ich einen Ordner angelegt, der «Best of Baby» heißt. Darin befindet sich unter anderem eine Liste mit fremdartigen Begriffen, die ich in meinen nächsten Büchern unbedingt unterbringen möchte:
    Mutterkuchen
    Dottersack
    Nabelbruch
    Nachgeburt
    Kolostrum
    Milchstau
    Käseschmiere
    Kindspech
    Verhecheln
    Milchschorf
    Spritzstuhl
     
    Außerdem habe ich in diesem Ordner die folgende Mail meiner Freundin Cora abgespeichert, Mutter von drei Kindern:
     
    Liebe Ildikó!
    Heute Nacht fiel mir ein, dass Du in Deinem Buch übers Kinderkriegen und Kinderhaben auch die Wurfprämie, nämlich das Geschenk der Schwiegermutter an den Stammhalter, nicht vergessen darfst.
    Bei mir war das so, dass meine Freundinnen mir alle ihre dicken Brillantringe, im Familienbesitz seit 1832 oder so, unter die Nase hielten und mir zuraunten, ich könne mich schon freuen, als klar war, dass mein zweites Kind ein Junge würde.
    Die Brillis wurden in meinem Geiste immer größer, zumal meine Schwiegermutter nur ein einziges Kind hat. Immerhin einen Sohn. Ich bin damit aber auch die einzige Chance für sie, männliche Nachkommen zu produzieren.
    Als der große Tag da war und meine Schwiegermutter ins Krankenhaus kam, um ihren kleinen Stammhalter zu begrüßen, legte sie mir in der Tat ein Päckchen auf meine Bettdecke.
    Für einen Ring zu groß, aber lang und schmal und ich dachte: ein Collier! Nicht schlecht!
    Aber was ich dann auspackte, war ein Maniküreset von der Firma Solingen.
    Ich hatte das Gefühl, jemand überreicht mir das Operationsbesteck, mit dem man wenige Stunden vorher meinen Sohn aus meinem Bauch rausgepult hatte.
    Hab ich bis heute nicht überwunden. Ich sehe aber auch keine weiteren Verarbeitungsmechanismen außer einer Psychotherapie.
    Meinen Freundinnen habe ich es schon mehrfach erzählt. Aber da ist kein Trost zu erwarten. Die drehen betreten ihre Brillantringe von links nach rechts und

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