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Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)

Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)

Titel: Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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Typen geschlafen haben. Ist ja auch nicht so erstrebenswert. Das Beziehungsleben ist kompliziert, und Kummer bleibt nun mal nicht aus, wenn man sich auf Liebe einlässt. Aber lohnen tut es sich trotzdem. Immer wieder.
    Was wünschen Sie sich für Ihren Sohn?
    Ich hoffe, er wird ein freundlicher Geselle, menschlich, lässig und mit gesundem Humor. Mamas Witze sollte er besser lustig finden, sonst kommt er ins Heim.

«Kinder haben heißt, gute Nerven zu benötigen. Versuchen Sie, sich psychisch zu härten. Besuchen Sie Dia-Abende! Fahren Sie in Stoßzeiten mit U- und S-Bahn! Stellen Sie sich in den Fanblock des FC Bayern und schwenken Sie die schwarzgelbe Fahne der Dortmunder Borussen!»
    AXEL HACKE
    9. Dezember
    Schwangerschaftswoche: 6. Monat: Halbzeit!!! 
    Gewicht: dreiundsiebzigkommaneunkilogramm. 
    Baby: 20 Zentimeter groß. 
     
    G estern Morgen ging ich voller Vorurteile zum ersten Mal zum Schwangerschaftsyoga. Ich habe einfach zu viele Witze darüber gehört, und ich war schon vorher sicher, dass es mir nicht gefallen würde. Davon wollte ich mich aber mit eigenen Augen überzeugen. Ich hatte mir fest vorgenommen, sofort in schweigendem Protest den Raum zu verlassen, sollte die Lehrerin tatsächlich Sachen sagen wie: «Wenn du lächelst, lächelt auch dein Muttermund.»
    Biestig betrachtete ich die anderen Teilnehmerinnen. Die meisten trugen, im Gegensatz zu mir, «Lounge-Wear». Also sehr kleidsame, weich und fließend fallende Jogi-Hosen mit passenden Tops in gedeckten Modefarben wie Cappuccino, Pflaume oder Stone Grey. Alle hatten ihre eigenen Matten mitgebracht bis auf mich natürlich und eine weitere Dame, die, ich registrierte das mit Verblüffung, ein Lammfell dabeihatte.
    Da war ich eigentlich schon bedient, weil ich mich in eine alte Sporthose gezwängt und darüber ein T-Shirt meines Mannes gezogen hatte. Statt eines golddurchwirkten Indien-Tuches breitete ich ein Handtuch über die schrabbelige Studiomatte, ein fadenscheiniger Frottélappen, den ich vor vielen Jahren mal in einem drittklassigen Hotel versehentlich entwendet hatte.
    Ich fühlte mich unbehaglich. Dieses Gefühl verstärkte sich noch, als sich die Frau mitsamt Schafspelz direkt neben mir niederließ und mir der Geruch von feuchtem Tierpelz unerbittlich in die Nase kroch. Und das, wo ich doch derzeit so empfindlich bin.
    Ich guckte verspannt. Alle anderen lächelten beseelt in den werdenden Tag hinein, sahen aus wie personifizierte Sonnenaufgänge und streichelten über ihre Bäuche.
    Überall Bäuche, so weit das Auge reichte! Bäuche in den unterschiedlichsten Formen und Ausmaßen. Und mir wurde schmerzlich bewusst, was mir vorher rein theoretisch völlig klar gewesen war: Ich bin bloß eine von vielen.
    Ein Gedanke, der mir, als passionierter Egozentrikerin, überhaupt nicht zusagt. Erst letzte Woche hatte mein Frauenarzt während des Ultraschalls meinen Sohn als «unauffällig» bezeichnet. Eine taktlose Bemerkung, die mir übel aufgestoßen war.
    Ich weiß, dass pro Minute auf der Welt 267 Kinder geboren werden. Und das sind 267 gute Gründe pro Minute, die eigene Schwangerschaft relativ lässig anzugehen, nicht stündlich Umfang und Blutdruck zu messen oder ständig «Eine kleine Nachtmusik» in Konzertlautstärke zu hören, um dem Fötus den Zugang zu klassischer Musik zu erleichtern.
    «Schwangerschaft und Geburt sind natürliche Vorgänge», so steht es vorne in meinem Mutterpass. Also nix einzigartiges Wunder und so. Alles ganz natürlich. Alles nichts Besonderes.
    Außer vielleicht bei mir.
    Auf dem Lammfell nebenan begann es intensiv zu brummen. Vor lauter Befremden hatte ich fast den Einstieg in die Yogastunde verpasst. Ich brummte schließlich mit, die Lehrerin war mir sympathisch, und ich beschloss, mich der Sache probehalber hinzugeben.
    Yoga ist wie Cluburlaub und Karneval: Entweder du machst mit, oder du kannst gleich zu Hause bleiben. Beim Karneval habe ich mit einem als Karotte verkleideten Mann in einem Kölner Hauseingang wild gefummelt. Lange her allerdings.
    Beim Robinson-Cluburlaub war ich Teil eines «Flashmobs», tanzte nachts barfuß im Sand, verschenkte mein Herz an den einzigen schwulen Trainer und machte beim Aqua-Aerobic schrullige Übungen mit der Schwimmnudel. Und nein, das ist noch nicht lange her.
    Ich habe also überwiegend gute Erfahrungen damit gemacht, mich auf seltsame Dinge einzulassen. Jetzt mal abgesehen von dem schnauzbärtigen Golf-GTI-Fahrer (ich war siebzehn und leicht zu

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