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Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)

Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)

Titel: Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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da hindurch. Wie geht es dir und dem kleinen Husaren? Freust du dich auf ihn? Sei umarmt von deiner C.
     
    Ich stand auf und stellte eine Kerze ins Fenster.
    Ein bewährtes Hausmittel meiner Mutter, die mir ihre romantische und tröstliche Vorstellung vermachte, dass sich sterbende Seelen auf ihrem Weg an in Zuneigung entzündeten Lichtern orientieren. Schaden kann’s ja nicht. Dann rief ich Christiane an, und wir telefonierten zwei Stunden lang.
    Sie saß im Auto, auf dem Weg zu ihrem toten Vater. Ich, ihre Reisebegleitung, lag im Bett, in Erwartung meines Sohnes.
    «Ich muss mich dringend für einen Kinderwagen entscheiden», sagte ich.
    «Ich werde einen Sarg aussuchen müssen», sagte Christiane. Wir lachten vorsichtig.
    Es ist ein Kommen und Gehen hier. Keine ganz neue Einsicht, das ist mir klar.
    Ich habe nie gehadert mit dem Tod meiner Eltern. Ich war Mitte zwanzig, als sie relativ kurz hintereinander starben. Mein Vater war 72, meine Mutter 68. Ich war traurig, aber nicht verzweifelt.
    Aber jetzt merke ich: Mit dem Kind wächst die Sehnsucht nach meinen Eltern.
    Ich wünschte, sie wären noch da.
    Ich stelle noch eine Kerze ins Fenster.
    Schaden kann’s ja nicht.

«Sie werden 39   744   Euro Kindergeld kassieren,
    bis das Kind achtzehn ist.
    Erhöhungen nicht eingerechnet.»
    BRIGITTE MOM
    Der neunte Monat!
    D as klingt für Laien – wie ich bis vor kurzem einer war – ja so, als sei im Grunde genommen alles schon vorbei und als würde es jeden Moment losgehen. Das stimmt aber leider nicht.
    Wenn du im neunten Monat schwanger bist, heißt das lediglich, dass du noch mal mindestens vier sehr beschwerliche Wochen vor dir hast. Das menschliche Säugetierweibchen ist nämlich zehn Monate lang schwanger.
    Der neunte Monat ist keine gemütliche Zeit, das muss man ganz klar so sagen. Wenn dir etwas runterfällt, überlegst du sehr genau, ob du es aufhebst oder ob es bis nach der Niederkunft liegen bleiben kann.
    Das nächtliche Umdrehen im Bett ist eine aufwendige Aktion, die gut geplant werden will und immer mit erheblicher Geräuschbelästigung für Partner und Anwohner in Form von Stöhnen und Fluchen verbunden ist. Nach dem Essen kommt es regelmäßig zu unschönen Revierkämpfen zwischen Pizza und Baby.
    Man sollte jetzt nur noch Dinge essen, die man wirklich gerne mag, denn es kommt alles zurück. Und deinen Füßen kannst du für geraume Zeit «Lebt wohl!» sagen.
    Aber das Ungemütlichste am Endspurt seid ihr, liebe Freundinnen und Freunde, die ihr keine Jeans mit Gummibund, Stützstrümpfe und Blusen tragen müsst, die aussehen, als hätte man sich mal schnell ein Spannbettlaken übergeworfen.
    Ja, auch wenn es für euch albern klingt, aber selbst wir Hochschwangeren haben uns einen letzten Rest Eitelkeit und Anspruch auf Menschenwürde bewahrt. Und nein, wir schätzen Äußerungen nicht wie «Irre, das werden bestimmt zwei!» oder «Hoppla, das kann ja wohl jeden Moment losgehen!» oder «Wahnsinn, bekommst du gleich ein ganzes Eigenheim?».
    Haltet euch doch einfach zurück mit Scherzen, die meinen Körper betreffen. Ich weiß sehr gut, dass ich schon mal flotter ausgesehen habe.
    Am Wochenende war ich bei einem sehr schicken Empfang im Hamburger Rathaus zu Ehren des ungarischen Ministerpräsidenten. Als ich an den Sicherheitskräften vorbeistampfte, kam ich mir vor wie eine Bombendrohung. Bei der Laudatio schlief ich leider ein.
    Bis vor einer Stunde war ich auf einem Fotoshooting. Mein Verlag braucht neue Bilder von mir, für das neue Buch, für den Katalog und für die Presse.
    Haut, Haare und Busen sehen super aus, da kann man nicht dran rummeckern. Der ansonsten liebenswerte Fotograf Dett Kempke gab sich allerdings keine Mühe, seine Einwände diplomatisch zu formulieren: «Das Blöde ist ja, das sich in einem Porträtfoto dein Aussehen nicht erklärt. Da müsste ich schon deinen ganzen Körper zeigen. Außerdem passt du in kein Hochformat.»
    Nach einigem Hin und Her wurde ich schließlich hinter einen Tisch gesetzt, und Dett Kempke sagte: «Nimm bitte die Hände runter, deine Finger sehen aus wie Würstchen.»
     
    Jeden Morgen schiebe ich mich durch Schnee und Eis zu meinem Büro, um an meinem Buch zu schreiben. Es ist nicht wirklich ein Büro, sondern die Wohnung meines Freundes Clemens, die er mir tagsüber zur Verfügung stellt. Ich kann mich einfach besser konzentrieren, wenn der eigene Mann, der eigene Kühlschrank und das eigene Bügelbrett nicht in unmittelbar erreichbarer Nähe

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