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Unter dem Räubermond

Unter dem Räubermond

Titel: Unter dem Räubermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jewgeni Lukin
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Ar-Scharlachi schüttelte den Kopf, als wundere er sich.
    »So versteh doch!«, sagte der Richter halb bittend, halb fordernd. »Ich hatte genau so eine Würgeschlinge am Halse, nur unsichtbar …! Erinnerst du dich, was ich dir über Ulqar gesagt habe? Die Götter verzeihen denen nicht, die sie aus der Zeit kennen, als sie noch Menschen waren. Und dann … Ar-Scharlachi! Habe etwa ich dir diese Schlinge um den Hals gelegt? Wer hat uns allen diese Geschichte eingebrockt? Wer ist mehr schuld: sie oder ich? Aber mit dieser Kobra hast du dich schließlich doch versöhnt! Und mir willst du nicht einmal zuhören!«
    Ar-Scharlachi schwieg. Der heiße Wind berührte das Schiff, als wolle er es fortschieben, die Wimpel knatterten. Aliyat rief mit etwas heiserer Stimme Befehle. Die Räuberkarawane war bereit, Segel zu setzen.
    »Gut«, sagte Ar-Scharlachi zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. »Ich bin bereit, dich anzuhören, Ehrwürdiger.«
    Nach Ar-Ajafas Schatten zurückzukehren erwies sich als weitaus schwieriger, als sich von ihm zu entfernen. Von Norden her wehte ein kräftiger, sandbeladener Wind, im Volksmund »Hornbrecher« genannt, den Schiffen genau entgegen, darum mussten sie lange kreuzen und immer wieder mit Muskelkraft fahren.
    »Schön! Und wenn jetzt deine Mannschaft nicht gemeutert hätte? Was dann?«, fragte Ar-Scharlachi den Richter geradezu.
    Beide saßen auf dem Teppich in der Kajüte des Karawanenführers, hatten die Schleier abgelegt und bedachten einander von Zeit zu Zeit mit finsteren, verlegenen Blicken. Der Krug war schon halb leer.
    »Weißt du, ich will nicht lügen«, gestand Ar-Maura seufzend und senkte den großen Kopf. »Auf deine Seite überzugehen hätte mir wohl doch der Mumm gefehlt. Natürlich hätte ich mich bemüht, dich freizulassen, wenn sich mir eine Gelegenheit dazu geboten hätte, aber …«
    Der Boden schwankte. Ar-Scharlachi hielt mechanisch den wackelnden Krug am Halse fest. »Wirklich seltsam«, murmelte er. »Als du mich anstatt des echten Scharlach zu Ulqar geschickt hast, war ich bereit, dich umzubringen, wenn ich nur gekonnt hätte … Aber jetzt weiß ich gar nicht, was ich mit dir machen soll. Ich verstehe alles!«, explodierte er. »Alles! Wenn nicht dein Geschenk gewesen wäre! Wie bist du überhaupt darauf gekommen, mir diesen Wein unterzuschieben?«
    Der Richter schaute ihn verständnislos an. »Wein …? Meinst du den Wein, den wir bei mir getrunken haben?«
    »Nein«, sagte Ar-Scharlachi schwer atmend, »den Wein, den du mir auf den Samum geschickt hast! Zusammen mit dem Lösegeld für die Gefangenen!«
    »Ich habe dir nichts geschickt«, sagte der Richter. Ein paar Sekunden lang blickte ihn Ar-Scharlachi wütend an. Die Verwunderung des Ehrwürdigen wirkte echt. So wirkte sie …
    »So …«, sagte er mit belegter Stimme. »Als der Überfall war, hattest du einen Gichtanfall und hast die Verhandlungen von dieser jungen Nacktfresse führen lassen, richtig?«
    »Richtig …«
    »Er hat mir in deinem Namen neun Krüge von demselben Wein übergeben, den wir beide am Vorabend getrunken hatten …« Als Ar-Scharlachi sah, dass der Richter ihn unterbrechen wollte, machte er eine abwehrende Geste und hob die Stimme: »Woher konnte er wissen, dass wir am Abend zusammen getrunken haben?«
    »Na, das war nicht schwer zu erraten«, murmelte der Richter betreten. »Bei all meinen naiven Tricks waren unsere Beziehungen für niemanden ein Geheimnis …« Er straffte sich und kniff abschätzig ein Auge zusammen, als sitze er auf dem Richterstuhl und führe ein Verhör. »Der Wein war vergiftet?«
    »Ja.«
    »Der Schakal«, warf Ar-Maura hin. »Nacktfresse bleibt Nacktfresse …«
    Ein kurzes Klopfen ertönte an der Tür, und ohne die Erlaubnis abzuwarten kam Aliyat herein. Auf der Schwelle blieb sie stehen.
    »So«, flüsterte sie böse. »Prächtig! Du hast also beschlossen, ihn freizulassen?«
    »Wieso?«, fragte Ar-Scharlachi unzufrieden.
    Schweigend deutete sie mit einer Kopfbewegung auf den Krug. Richtig. Das Gesetz der Wüste. Wenn du mit jemandem Wein getrunken hast, dann muss das dein Freund sein, und du hast kein Recht mehr, ihn anzurühren.
    »Der Ehrwürdige und ich haben ein etwas anderes Verhältnis«, erklärte Ar-Scharlachi mit schiefem Lächeln. »Bevor er mich in die Grube steckte, hat er mich auch mit Wein bewirtet.«
    »Na, wenn du beschlossen hast, ihn freizulassen!«, wiederholte sie.
    »Was dann?« Ar-Scharlachi kniff die Augen zusammen.
    »Nichts!

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