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Unter dem Räubermond

Unter dem Räubermond

Titel: Unter dem Räubermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jewgeni Lukin
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Schiff buch stäblich durch die Flottille hindurch und verschwand, ohne seine Fahrt zu verlangsamen, in der Wüste. Verfolgen konnte man es nicht, denn nun kam eine ganze Karawane frontal auf die Kimirer zu …
    Und dieser Karawane wurde der gebührende Empfang bereitet. Als er auf die dichte weiße Flamme stieß, die von den Kampfspiegeln zurückgeworfen wurde, befahl der ehrwürdige Chaïlsa etwas verspätet die Wende und hätte dabei den Salamander beinahe auf die Seite gelegt. In derart ungünstiger Position den Kampf aufzunehmen wagte er natürlich nicht: Die Kimirer standen gegen die Sonne, und sie waren in der Überzahl. Außerdem konnte dieser Zusammenstoß wieder einmal zum Krieg führen, da beide Karawanen sich auf den Niemandssanden befanden. Kurzum, als die drei Schiffe Chaïlsas, die Ballen von Teerfeuer aus den Katapulten spuckten, irgendwie mit Muskelkraft weggekrochen waren, gewendet hatten und auf Heimatkurs gingen, war die Wüste im Rücken ihres Gegners bereits leer. Die Sandwand senkte sich. Das wahnsinnige Schiff, das die Flottille angegriffen hatte, war spurlos verschwunden.
    Ar-Scharlachi warf sich herum, als er erwachte. Er wunderte sich, als er keine Handschelle an seinem Arm fand, schlug die Augen auf und konnte nicht gleich begreifen, wo er sich befand. Der Fußboden bewegte sich nicht. Ar-Scharlachi stützte sich in dem niedrigen, unerwartet weichen Bett auf und schaute zum Fenster hin. Der Samum stand, von niemandem verfolgt, auf einer vom Mondlicht übergossenen sandigen Ebene.
    Ar-Scharlachi ließ sich wieder auf den Rücken fallen und runzelte die Stirn, versuchte sich zu erinnern. Der Kopf schmerzte – sei es vom Kater, sei es von all diesen verrückten Ereignissen. Irgendwo hier musste ein Krüglein stehen … und ein Schälchen … Als er über den Boden tastete, stieß er versehentlich gegen einen niedrigen Hocker, was hinter der Trennwand eine leichte Unruhe auslöste. Jemand rannte irgendwohin, es ertönten gedämpfte Stimmen.
    Bald wurde die Tür geöffnet, und in die Kajüte des Karawanenführers kam Aliyat mit einem brennenden Licht – einem flachen Tonlämpchen mit Docht.
    »Wo sind wir?«, fragte Ar-Scharlachi.
    »In Harwa«, antwortete sie und stellte die Lampe auf den Fuß boden. Und er hatte zum wiederholten Mal den Eindruck, Aliyat mache Späße. Dann ging ihm endlich auf, dass sie mit Harwa nicht die Hauptstadt meinte, sondern den Staat als Ganzes.
    »Und wo genau?«
    »Die Tschubarra. Ungefähr dort, wohin du Chaïlsa führen wolltest … Die Mannschaft ruht sich aus. Wachen sind aufgestellt.«
    »Haben wir viele Leute verloren?«
    »Niemanden. Zwei haben Verbrennungen, einer ist erblindet … aber vielleicht wird er wieder gesund …« Aliyat verstummte, verzog verständnislos die Brauen. »Ich verstehe nicht … Wie hast du das geschafft?«
    »Woher soll ich das wissen?« Er grinste. »Dazu müsste ich ebenso viel trinken wie damals … Dann fällt es mir vielleicht wieder ein …«
    Mit diesen Worten zog Ar-Scharlachi den Krug zu sich heran und versuchte, Wein in die Schale zu gießen. Es kamen ein paar Tropfen. Er machte »tss!«, eine Braue hochgezogen, und spielte recht lebhaft Ungläubigkeit, während er in den Hals des Kruges schaute. Also wirklich, wann hatte er alles ausgetrunken? Vor dem Schlaf, oder?
    Aliyat runzelte die Stirn. »Hör mit dem Trinken auf.«
    »Warum denn?«
    »Wir sind auf Fahrt. Wenn du trinkst, werden die anderen vollends zu saufen beginnen.«
    »Streng bist du …«, sagte Ar-Scharlachi und schaute sie mit Wohlgefallen an. »Streng und unbarmherzig … Hör mal, schau doch in das Schränkchen hinter dem Herrscher. Ich glaube, da stand noch einer … ein voller.«
    Aliyat schnaubte, erfüllte die Bitte aber trotzdem. Sie stellte einen Krug auf den Boden, und Ar-Scharlachi, der herbeisprang, schlang ihr sogleich die Arme um die Hüften. Aliyat machte sich mit einem Ruck frei.
    »Wenn du dich noch einmal an mich heranmachst, bringe ich dich um«, warnte sie ihn in vollem Ernst.
    »Na, also …«, erwiderte er gekränkt und ließ sich wieder aufs Bett sinken. »Wenn es heißt, glatt durch kimirische Karawanen zu gehen, ist man Scharlach. Aber wenn man seine eigene Geliebte flachlegen will, ist man es nicht mehr … Weglaufen werde ich euch …«
    »Trink schneller!«, unterbrach sie ihn ungeduldig.
    »Na, also …«, wiederholte Ar-Scharlachi, löste den Schleier vom Gesicht und öffnete den Krug. »Mal soll man gar nicht trinken, mal

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