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Unter dem Räubermond

Unter dem Räubermond

Titel: Unter dem Räubermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jewgeni Lukin
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…«
    »Schön«, entschied Ar-Scharlachi nach kurzem Überlegen. »Notfalls werden sie dastehen und so tun, als ob sich alle vor ihnen fürchten … Hauptsache, wir verbreiten Schrecken. Also dann, morgen bei Tagesanbruch fahren wir zum Schatten von Ar-Maura. Noch Fragen?«
    Die Sitzenden schielten unsicher zu dem krummrückigen Riybra hin.
    »Da wäre noch etwas …«, begann der finster, ohne den Blick zu heben. »Alle möchten das wissen, nicht nur ich … Du bist der Treiber. Ich bin sozusagen dein Gehilfe … Und sie?«
    Aliyat warf den Kopf zurück, und ihr Blick traf den von Ar-Scharlachi. Ein paar Sekunden lang schauten sie einander reglos an. Schließlich lächelte Ar-Scharlachi und betrachtete mit fröhlicher Herausforderung die angespannten Gesichter der Räuber. »Sie – das bin ich.«
    Die Antwort war verblüfftes Schweigen.
    »So versteh doch!«, versuchte Ar-Scharlachi eifrig und kläglich Aliyat zu überzeugen, als sie wieder allein in der Kajüte des Karawanenführers waren. »Wenn ich anfange, das alles ernst zu nehmen … Ja, dann verliere ich einfach den Verstand! Werde wahnsinnig und werfe mich unter ein Rad!«
    »Sieh zu, dass du nicht andere unter die Räder bringst!«, antwortete Aliyat unwirsch. »Du wirst es noch zu weit treiben mit deinen Späßen …! Wie gedenkst du zu Ar-Mauras Schatten zu fahren? Geradewegs?«
    »Warum denn nicht? Der Wind ist günstig …«
    »Und wenn du auf irgendeine Karawane stößt?«
    »Dann raube ich sie aus«, antwortete Ar-Scharlachi undeutlich, weil er gerade nach einem Schluck Wein ein Stück Apfelsine aß.
    »Eine Karawane?«, sagte sie aufgebracht, und dann wurde ihr klar, dass das wieder so ein dummer Scherz war. »Ausrauben – ausgerechnet du! Wer hat denn heute geschrien, dass er nicht auf Raub ausziehen wird? Und jetzt planst du gleich einen Überfall auf eine Oase!«
    »Mit Ar-Maura muss man abrechnen«, knurrte Ar-Scharlachi finster. »Mit Raub hat das nichts zu tun …«
    »Wirst du ihn umbringen?«, erkundigte sich Aliyat neugierig.
    Er runzelte die Stirn. »Umbringen oder nicht … Aber Proviant wird er uns liefern. Und der Wein geht auch zur Neige … Was schaust du so? Wenn ich nüchtern werde … Weißt du, was dann passiert …? Dann kannst du selbst mit deinen Räuberlein klarkommen!«
    »Was sind das schon für Räuber!«, sagte Aliyat ärgerlich. »Alles mögliche Gesindel … Dieser Riybra … Den hättest du nicht zu deinem Gehilfen machen sollen … Na schön. Ich gehe und schaue mir mit dem Proviantmeister den Zwieback an.«
    An der Tür blieb sie kurz stehen. »Wozu, frage ich mich, hast du eigentlich mich ernannt?«
    »Wie komme ich denn dazu, dich zu ernennen?«, wunderte er sich. »Nicht einmal umarmen lässt du dich, ganz zu schweigen von allem anderen …«
    Aliyat stürmte aus der Kajüte und schlug krachend die Tür zu.
    Ar-Scharlachi stand auf dem ruckelnden Deck im Schatten des riesigen schrägen Segels, betrachtete zerstreut die endlosen Sande der Tschubarra und hörte nicht ohne Schadenfreude zu, wie der besorgte krummrückige Riybra verhalten über Aliyat schimpfte, wobei er immer wieder einen Blick zum Deckhaus warf.
    »… Damals hast du sie am Steuer stehen lassen«, zischte der Meuterer mit furchtsam unstetem Blick, »und was ist herausgekommen? Um ein Haar hätte sie uns alle dem Karawanenführer ausgeliefert …! Und jetzt auch … Wie kommt sie dazu, sich hier als Treiber aufzuspielen …? Und dass die Wache geschlafen hat, das lügt sie. Der Mann hat nicht geschlafen, hat sich nur ein bisschen hingelegt …«
    Ringsum flammte weiß wie Knochen der Sand. Der siedend heiße Wind brannte auf der Stirn.
    »Wenn er sich noch einmal hinlegt, geht er zu Fuß«, erklärte Ar-Scharlachi träge.
    Riybra stockte, einen Moment lang wurde sein Blick irre, gläsern.
    »Nein, na … richtig …«, stimmte er zu. »So muss es sein … Aber wozu muss sie ihre Nase in jede Ritze stecken? Die ganze Mannschaft ist deswegen sauer auf sie … Und vor allem, nicht etwa, dass sie Aitscha oder meinetwegen Irretsch fragt – sie flüstert ja mehr mit Ard-Gew und seiner ganzen Bande … Natürlich, was die ihr alles über mich einflüstern …!«
    Ar-Scharlachi musterte den gekränkten Riybra neugierig. Na so was! Sogar hier gab es also Intrigen … Wie am Hofe von Harwa … Der krummrückige Meuterer befürchtete allen Ernstes, jemand könne ihn vor der Obrigkeit anschwärzen, und tat mit naiver, ungeschickter Direktheit etwas

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