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Unter dem Räubermond

Unter dem Räubermond

Titel: Unter dem Räubermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jewgeni Lukin
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die Hämmer, die Hämmer … Von Turkla nach Ar-Nau fuhr man einen halben Tag, aber jetzt muss man so einen Umweg machen … wir genauso wie die Händler …«
    »Hat sie denn jemand mit eigenen Augen gesehen?«, fragte Ar-Scharlachi wie beiläufig.
    Alle erstarrten für eine Sekunde, dann musterten sie Ar-Scharlachi eindringlich und schüttelten die Köpfe.
    »Dann gibt es diese Hämmer vielleicht gar nicht?«
    Jetzt blickten sie schon nicht mehr, sondern starrten, und Ar-Scharlachi begriff erschrocken, dass der Wein seine Zunge schon etwas gelöst hatte. Das versprach nichts Gutes, nichts Gutes …
    »Umsonst werden sie schon nicht reden …«, knurrte der hagere Oriysa ausweichend. »Aber was die Kaufleute angeht … Allein kommt man nicht gegen die an. Nur Karawane gegen Karawane …«
    »Und die Truppen aus Sibra kommen ganz ungelegen«, beklagte sich der Anführer mit dem silbernen Skorpion auf der Schulter und schielte vielsagend zu Ar-Scharlachi herüber. »Wenn es dunkel wird, werden wir alle gleichzeitig auslaufen müssen …«
    »Und schon habt ihr eine Karawane«, bemerkte Lako.
    Alle verstummten und schauten Ar-Scharlachi an. Dem war schon lange unwohl in seiner Haut. Ihm war durchaus klar, worauf die Räuber hinauswollten.
    »Also, wie ist’s?«, fragte Oriysa geradeheraus.
    »Wie was ist?«, erwiderte Ar-Scharlachi tonlos.
    »Wie ist es, führst du die Karawane?«
    Ar-Scharlachi fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Stirn, wischte Schweißtröpfchen weg. Er streckte die Hand nach dem silbernen Krug aus, doch der neben ihm sitzende Anführer goss ihm zuvorkommend ein. Nachdem er seinem Nachbarn mechanisch mit einem Kopfnicken gedankt hatte, zog Ar-Scharlachi den unteren Rand des Schleiers beiseite und begann mit starrem Blick, an dem Wein zu nippen. Die anderen betrachteten ihn respektvoll und warteten, bis er ausgetrunken hatte. Anscheinend gefielen ihnen seine Ruhe und Gründlichkeit sogar.
    Der Wein war ausgetrunken. Ar-Scharlachi stellte die Schale auf das Tischtuch, das in der Mitte des Teppichs ausgebreitet war, und ließ den Blick über die Versammelten schweifen. In den auf ihn gerichteten Augen las er solche Entschlossenheit, dass ihm das Nein in der Kehle stecken blieb.
    »Nun …«, sagte er, bemüht, Zeit zu gewinnen. »Nehmen wir an, ich bin einverstanden … Aber womöglich passt euch nicht, was ich mir ausgedacht habe? Hm? Was dann?«
    »Dann gehen wir auseinander«, sagte leise der hagere Oriysa. »Du sagst vor allen, was du dir ausgedacht hast. Dann werden wir sehen …«
    Na, dir werde ich es gleich sagen!, dachte Ar-Scharlachi, wütend geworden. Dann wirst du schon sehen …!
    »Ein Überfall auf Sibra«, sagte er langsam, und es wurde still. Jemandes offene Hand erstarrte auf halbem Wege zu dem silbernen Krug. Das verblüffte Schweigen währte an die fünf Sekunden. Schließlich kamen die Räuber in Bewegung, wechselten verständnislose Blicke …
    »Was ist das? Ein Scherz?«
    »Nein«, sagte Ar-Scharlachi so gleichgültig wie möglich. Sein Herz sprang triumphierend auf und ab. Er hatte ihnen also doch einen Schrecken eingejagt! Man musste ein Idiot sein, um so einem Vorschlag zuzustimmen …
    Oriysa räusperte sich vorsichtig. »Ja, das wird uns wohl nicht passen …«, ließ er sich vernehmen und schaute die anderen fragend an. Die anderen hüllten sich in finsteres Schweigen.
    »Die Idioten!« Lako knirschte mit den Zähnen. »Entschuldige, Scharlach, aber ich dachte nicht, dass sie solche Trottel sind …! Sie haben nichts verstanden! Nichts!«
    Mit zitternder Hand goss er Wein in zwei Schalen und verdünnte ihn mit Wasser. Vor der Fahrt sollte man sich nicht betrinken. Das Licht, das durch die drei Fenster in den Gastraum des Kaffeehauses drang, verblasste allmählich. Es wurde Abend.
    »Aber das ist doch Wahnsinn«, sagte Aliyat erschrocken.
    Lako warf ihr einen wilden Blick zu, dann fiel ihm anscheinend etwas ein, und er hüstelte verlegen. »Ehrlich gesagt … weißt du …«, wandte er sich halblaut an Ar-Scharlachi, die Stirn gerunzelt. »Als du das mit Sibra gesagt hast, dachte ich auch erst, du bist im Kopf nicht ganz richtig …«
    Ar-Scharlachi saß reglos da. Sein Gesicht war steinern, sein Blick hochmütig. Er war sehr mit sich zufrieden.
    »Und ich denke das immer noch«, setzte Aliyat leise hinzu.
    Lako funkelte sie über die Schulter hinweg an. »So begreif doch, Frau!«, rief er wütend. »Morgen läuft die ganze Flotte von Sibra aus, um Jagd auf Scharlach

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