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Unter dem Räubermond

Unter dem Räubermond

Titel: Unter dem Räubermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jewgeni Lukin
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tun wir?«
    »Warten. Aber die Leute müssen für alle Fälle alarmiert wer den. Oriysa ist natürlich in Ordnung, aber in der Wüste, weißt du, kann alles Mögliche passieren …«
    Die Räuber kamen nicht nahe heran, sondern ließen, als wollten sie Scharlach und Lako von ihren friedlichen Absichten überzeugen, die Karawane in einigem Abstand anhalten. Keine einzige Luke wurde geöffnet. Auf den vom Mond berührten grauen Sand stiegen an Strickleitern sechs Männer herab und kamen auf den Samum und den Weißen Skorpion zu. Die Anführer. Scharlach und Lako folgten ihrem Beispiel, verließen das Deck und gingen ihnen entgegen. Dabei ließen sie sich allerdings Zeit, sodass sie schließlich näher an ihren Schiffen waren.
    »Die Wüste ist klein«, begrüßte Lako den krummrückigen Oriysa, der die Karawane zu führen schien.
    Jener antwortete nicht gleich, wartete, bis die anderen heran waren, und erst danach murmelte er seufzend: »Klein ist sie …«
    »Ich habe das Gefühl, dass wir im Kaffeehaus irgendetwas zu besprechen vergessen haben«, ermunterte ihn Lako.
    Ohne ihn zu beachten, wandte sich Oriysa an Ar-Scharlachi. Er wusste nicht, wie er beginnen sollte, schob die Hand unters Kopftuch und kratzte sich am Ohr.
    »Alles in allem, wir haben noch ein bisschen geredet, kal kuliert …«, brachte er hervor, vor Verlegenheit ein wenig kräch zend. »Sei nicht sauer auf uns … Na ja, wir haben’s nicht gleich geschnallt! Das klang bei dir ja wirklich verdammt wüst … Kurzum, führe uns gegen Sibra. Wir sind einverstanden …«

16
    Der bittere Rauch Sibras
    D er Hafen brannte. Baracken und Lagerhäuser standen in Flammen. Mit Proviant hatten sich die Räuber schon in Turkla eingedeckt, darum verbrannten sie die Vorräte ohne Bedauern. Der Richter von Sibra, der ehrwürdige Ard-Nur, beeilte sich nicht, das Lösegeld auf die Schiffe zu bringen, und man musste ihn anspornen, ganz abgesehen davon, dass die Bewohner eingeschüchtert werden mussten. Sie versuchten nicht einmal, den Brand zu löschen. Es blieb weiter nichts zu tun, als die Hütten zwischen Hafen und Stadt abzureißen, solange das Feuer nicht auf die hölzernen Viertel in Hafennähe übergegriffen hatte.
    Ar-Scharlachi stand bleich an der Reling und schaute verzweifelt auf die riesige tosende Flamme. In den an scharfem, durchsichtigem Rauch erstickenden Morgenhimmel sprühte ein dichter goldener Funkenregen. Hinter seinem Rücken spra chen die Anführer aufgeregt miteinander, doch Ar-Scharlachi hörte nicht hin. Er betrachtete das Werk seiner Hände … Nein, nicht einmal das. Das Werk seiner Zunge! Seiner betrunkenen, geschwätzigen Zunge!
    In einer Lücke zwischen zwei brüllenden Flammenbüscheln erschienen, sich gegen die Hitze abschirmend, Leute. Drei Rikschas und zwei Menschen zu Fuß – anscheinend Beamte. In den Wagen lagen runde Gegenstände ähnlich schwarzen Findlingen. Ledersäcke mit Gold. Na endlich! Das Lösegeld …
    Stolpernd und mit den Schuhen Sand aufwirbelnd rannten die Leute des Richters Ard-Nur beinahe zum Samum , und es war schwer zu sagen, was sie stärker antrieb: der Zeitverzug oder die Hitze des hinter ihnen tosenden Feuers.
    Über die Strickleiter kam ein erschrockener nacktfressiger Dickwanst an Bord, von Kopf bis Fuß mit Ruß bedeckt. Der Saum seines Kittels rauchte. Verwirrt ließ er den Blick über die bis an die Augen verhüllten Räuber schweifen, unschlüssig, an wen er sich wenden sollte.
    Die Anführer schwiegen in der Annahme, Scharlach werde die Verhandlungen führen, doch der schien den vor ihm von einem Fuß auf den anderen tretenden Dicken gar nicht wahrzunehmen. Schließlich warf Lako einen erstaunten Blick auf seinen Kompagnon und trat vor. Er schaute über Bord.
    »Das ist eine Million?«, fragte er ungläubig und zeigte auf die Ledersäcke.
    »Sechshunderttausend«, antwortete der unglückliche Beamte heiser und hustete. »Alles, was die Staatskasse hat … Den Rest versuchen wir, bei den Einwohnern zusammenzubringen, aber … Lasst uns Zeit …«
    Lako schaute fragend nach hinten. Ar-Scharlachi wahrte nach wie vor finsteres Schweigen.
    »Also«, sagte Lako entschieden. »Die Säcke an Bord, und du selbst warte. Wir müssen uns beraten …«
    Die Anführer gingen zusammen mit Ar-Scharlachi eilends in die Kajüte des Karawanenführers hinab und setzten sich im Kreis auf den Teppich.
    »Nun?«, fragte Oriysa und glotzte begierig.
    Wortlos tastete Ar-Scharlachi krampfhaft nach Krug und Schale. Ohne

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